Mein Abschiedsgruß

Betrachtung

von  Beislschmidt

Danke für die Blumen und Kränze.
Auch der Pastor hat sich redlich bemüht
Ein paar mehr Leute hätten es schon sein können. Egal, ich grüße euch ein letztes mal von der anderen Seite und ich kann euch sagen, es war so wie ich es mir vorgestellt habe. 


Also kein Petrus an der Pforte, kein Styx mit Fährmann, es war einfach nur watteweiches Licht und schemenhafte Gestalten, die vor mir hergingen. Einige grüßten, als würden sie mich kennen aber berühren konnte ich sie nicht. 


Und dann sah ich dieses Loch, diese Öffnung, die alles aufnahm und wie ein Magnet anzog. Je näher ich/wir an diese Öffnung kamen, desto dichter wurden wir gedrängt, so dicht, dass ich kaum noch unterscheiden konnte - war mein Nachbar schon Ich?


Ich sah jetzt vor mir eine Spindel und wir, also ich und die neben mir, wurden erfasst, gepresst und gleichförmig gedreht, bis wir alle zu einem amorphen Strang wurden, der sich unaufhaltsam auf eine dünne Lochscheibe zubewegte. Seltsamerweise tat es nicht weh, als wir, wie eine Menschenwurst, durch die Lochscheibe gedrückt wurden, nicht ohne vorher mit einem rotierenden Cutter in Stücke zerlegt wurden. Anschließend öffnete sich eine helle Haut, wie ein Kondom und wir saßen warm eingepackt in dieser wurstähnlichen Hülle, die mit einem Metallzwickel abgeklemmt wurde. 


Ich weiß jetzt nicht wie es weitergeht, deshalb schicke ich allerletzte Grüße ins Forum aber wir hängen jetzt wie gewürzte Monaden an der Stange und ein Geruch wie aus einer Räucherkammer weht uns entgegen. Ciao.


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Kommentare zu diesem Text


 Wastl (11.12.25, 02:39)
Irgendwie kafkaesk - faszinierender Einfall

Bei einer Theaterimpro kam mir mal die Idee, jemanden zu spielen, der mehr Durchblick als die anderen hatte. Ich sagte in dieser Rolle in etwa: Ich weiß ganz genau, dass ihr uns beobachtet (damit meinte ich Außerirdische), und umso mehr amüsiert es mich, dass ebenfalls auch ihr von jemanden beobachtet werdet, der ebenso wiederum von einem anderen beobachtet wird. (Oder so ähnlich)

Schön gestaltet, Deine Betrachtung bzw. 'Erfahrung'.

Liebe Grüße

Wastl

Kommentar geändert am 11.12.2025 um 02:40 Uhr

 Beislschmidt meinte dazu am 11.12.25 um 10:51:
Manchmal hat man so kafkaeke Einfälle. Dann sollte man sich schnell hinsetzen und schreiben, sonst isses weg.
Buchempfehlung - die Monadenlehre von Leibnitz.

Beislgrüße

 AchterZwerg (11.12.25, 07:30)
Auf's Schönste bewahrheitet sich hier:
"Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei!"

 Beislschmidt antwortete darauf am 11.12.25 um 10:54:
Ich habe darauf hingearbeitet, dass so etwas ähnliches kommt, Heidrun. Meine Version war - "es ist wurscht, was aus uns wird". 

Beislgrüße
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