Kreis 1

Dialog zum Thema Freiheit/ Unfreiheit

von  deflyn23

"Vielleicht bist du ja ausgeraubt worden..."
"Ja, weißt du, wenn ich vier fünfzig für einen Buckhumber bezahle, komme ich mir auch genauso vor!"
"Hm..."
"Mein ganzes Geld - alles ist immer so schnell weg! Kaum ist Monatsanfang herrscht in meinem Geldbeutel schon tiefstes Monatsende!"
"Du könntest ja mal versuchen, zu sparen..."
"Sparen? Wie denn? Wo denn? Ich weiß ja gar nicht, wo das ganze Geld immer hingeht!"
"Das sagtest du bereits..."
"Du hörst mir ja auch nie zu! Was machst du denn so? Wir haben ja nicht mehr miteinander gesprochen, seit du aus deiner alten Wohnung raus bist."
"Naja du erwischst mich gerade in einer etwas deprimierenden Situation. Tagsüber bin ich durch die schwachsinnige Arbeit hier komplett abgelenkt, aber sobald der Abend dämmert fange ich auch schon an, die Welt verändern zu wollen. Und das endet eben meistens deprimierend..."
"Also bist du für heute schon fertig mit dem Weltverbessern?"
"Verändern..."
"Ach, hab ich dir schon erzählt, dass ich heute ein total geschmackloses Auto gesehen habe? Es war lachsfarben und hatte zwei Antennen auf dem Kofferraum und riesige rote Lampen als Heckleuchten! Das sah vielleicht scheisse aus, kannst du dir sicher vorstellen..."
"Hm..."
"Bestimmt war der Fahrer ein debiler Technoproll, der mit seiner Ische auf dem Beifahrersitz zum Media Markt gefahren ist, um dort nach Autoradios zu gucken. So ey gib dir das ma, ey, krass... [lacht sich hysterisch halb tot]"
"Hm..."
"Mh... [kriegt sich wieder ein] Ach wo wir gerade beim Thema Geld waren, findest du es indiskret, wenn ich dich frage, wieviel du verdienst?"
"Nein."
"Wieviel verdienst du denn?"
"Keine Ahnung, zweihundert?!"
"Im Monat?"
"Ja..."
"Yeah Ausbeute, Baby!"
"Hm... kann man so sagen..."
"Hey du hast gar keinen Grund deprimiert zu sein. Gar keinen. Du bist doch frei!"
"Nein, bin ich nicht. Und du bist es auch nicht."
"Das wird mir jetzt entschieden zu philosophisch hier."
"Nein, wird es nicht. Unfreiheit ist doch eine vollkommen offensichtliche Wahrheit, nur scheint die niemand anerkennen zu wollen. Im Gegenteil: es werden Unwahrheiten erfunden, mit denen man besser leben kann; käme man zu dem Schluss - genügend Denkfähigkeit von der aufgeklärten Sorte vorausgesetzt - dass es moralisch sehr fragwürdig ist, wenn man mit solchen Geschichten besser lebt als mit der Wahrheit. Die man ändern könnte, wenn nur genug Leute die Augen öffnen würden. Das ist keine Philosophie, das ist stinknormaler Alltag."
"Hm..."


Anmerkung von deflyn23:

Sind solche Gespräche teil einer Freiheit? Es ist belanglos, aber autobiographisch...
Zwei Leute, ein Telefon, siebzig Kilometer Entfernung, wo sind denn unsere Gesprächsthemen hin?

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