Gegenschlag
Verstand vs. Irrsinn
Eine archivierte Kolumne von Melodia
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Flieht, ihr Narren!
Heute ist es endlich wieder vorbei. Was ein Glück. Wem ging es die letzte Woche nicht auf die Nerven, dieses ständige Gejohle und Gegröle? Die, gelinde gesagt, beschissene Musik? Diese aufgesetzte, grenzdebile Fröhlichkeit in einem Schaumbad aus Alkohol, Infantilität und Zwangsverdummung? Wovon ich rede, sollte wohl allen klar sein. Es geht um Fastnacht, Fasching oder Karneval, kurz die fünfte Jahreszeit, wie es einige unglaublich kreative Köpfe auch getauft haben.
Dabei lebe ich nicht mal in einer Hochburg dieses alljährlichen, farbenfrohen Spektakels und dennoch reichen mir die paar kostümierten Deppen schon wieder vollkommen aus, um mich verbal auszukotzen. Eine Festwoche, die eigentlich dafür gedacht war, ein letztes Mal ausgiebig und gelassen zu Essen und Trinken, bevor man die Fastenzeit bis Ostern antrat. Aber wie so viele ursprünglich religiöse Bräuche, ist auch diese sinnlos ausgeartet und nun muss man sich gegen 50jährige erwehren, die penetrant versuchen mir ein „Narro“ zu entlocken, während sie selbst kaum mehr stehen können und stinken wie eine Schnapsbrennerei nach Lagerbrand! Wo ist ein Feuerzeug, wenn man mal eins braucht?
Wenn man dann das Pech hat, doch in einen Umzug zu geraten, kommt man nicht umhin festzustellen, dass sich Kinder erwachsener benehmen als ihre plötzlich enthemmten Spießereltern und die lustigen Narren ihren Lokalpatriotismus vollends ausleben können; sei es auch nur gegen die Zunft des Nachbarstadtteils. Spätestens dann ist für mich das Fass, bzw. der Bierkrug endgültig übergelaufen. Bier, patriotische Phrasendrescherei und das alles im unschuldigen Lichte der Freiheit. Schließlich darf man an Fastnacht ja alles. Fast ein wenig wie in Las Vegas: Was dort geschieht, bleibt auch dort. Daher nicht sonderlich verwunderlich, dass vor einigen Jahren im Schwarzwald einige Frauen vergewaltigt wurden. Die Täter konnten nicht überführt werden, da sie alle in der Tracht ihres Idiotenvereins gekleidet waren. Sicher kein Einzelfall, aber das muss man wohl locker sehen, oder?
Dass in dieser grauenvollen Woche bis zu 25% mehr Alkoholunfälle gemeldet werden, als im sonstigen Jahr, scheint aber auch niemanden wirklich zu stören. Brauereien, Destillerien und somit auch Kneipen freuen sich über tolle Umsätze, egal wie viel Erbrochenes die Putzkolonnen dann wegräumen müssen oder wie viel Menschen an den Folgen sterben, sei es wie sie nur noch sehr wenig Blut in ihrem Branntweinkreislauf haben oder weil sie im Suff draußen erfrieren. Dazu kommen dann noch die ganzen Autounfälle, die nur deshalb geschehen, weil sich ein ganz schlaues Kerlchen kostümiert und am besten noch maskiert ans Steuer setzt. Ich bin geneigt zu sagen: Geschieht euch recht!
Als Warnung für nächstes Jahr: Wer mich das nächste Mal mit Konfetti, Süßigkeiten oder einem „Narri“ beschmeißt, dem werfe ich etwas zurück; eckig, meist rot und schwer! Also flieht endlich, ihr Narren!
Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
lg
Wieso denken so viele Leute bei "Feiertag" sofort "Da muss ich nicht arbeiten"? Also dies ist nicht nur bei mir nicht so, ich kenne viele Berufstätige, Dokoranden, Selbstständige und Schichtarbeiter, die an Feiertagen arbeiten. So auch heute, die Freude am Aschermittwoch ist trotzdem vorhanden!
lg