Schweizer Käseallerlei
Nicht immer ganz ernstgemeinte Blicke über die Grenze
Eine archivierte Kolumne von Maya_Gähler
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Feuchter Käse diese Feuchtgebiete?
Um meine heutige Kolumne noch ein wenig zu untermauern, zuerst einen Text, den ich am 07.03.08 als P18 Text hier auf kV einstellte. Es stellte sich aber heraus, dass ich ihn gar nicht als P18 einstellen hätte müssen, ich war nur mal wieder zu vorsichtig:
Rasierzwang
Als ich gestern mal wieder nicht einschlafen konnte, betätigte ich mich noch ein wenig sportlich und liess meinen linken Daumen sich austoben.
Meine Aufmerksamkeit wurde erregt, als ich auf einem Kanal landete, auf welchen der Kerner sich gerade mit einer wirklich hübschen Dame unterhielt. Im ersten Moment dachte ich, dass sie eine Persönlichkeit aus einem Königshaus sein muss. Doch ich wurde schnell aufgeklärt, es handelte sich um Sylvi van der Vaart (schreibt man das so?). Es wurden Sequenzen gezeigt von ihrer Hochzeit. Bei dem ganzen Brimborium konnte man wirklich denken, es sei eine Königskinderhochzeit.
Was mich dann aber noch viel mehr interessierte, war das Interview mit Charlotte Roche, die ihr erstes Buch vorstellte. Sie erzählte erst von ihrer Zeit bei VIVA2, dort wären lauter Geistesgestörte eingestellt worden. Aber es wäre eine tolle Zeit gewesen, man hätte sozusagen Narrenfreiheit gehabt.
Dann kam endlich das Buch an die Reihe.
Wow. Das muss ich haben. Im Prinzip will sie damit Kindheitstraumata verarbeiten. Sie leidet noch heute unter der Scheidung ihrer Eltern.
Sie erklärte, dass es sogar Analbleaching gäbe. Man muss sich nur mal das Wort auf der Zunge zergehen lassen… also… nicht wörtlich nehmen… nur das Wort an sich… ANALBLEACHING.
Statt sich die Zähne weissen zu lassen, kann man nun auch die Rosettenhaut aufhellen lassen, von diesem unästhetischen braun in ein hübsch anzusehendes rosa. Sie hatte auch eine Erklärung parat:
Das käme von dem Rasierzwang, dem wir alle unterliegen würden.
Es gäbe Frauen, die trauen sich noch nicht mal mehr, sich ihrem Mann nackt zu zeigen, wenn sie einen Tag ihre Beine nicht rasiert hätten. Ganz zu schweigen von den Frauen, die ihre Intimbehaarung in der Pofalte auch rasieren. Drum gäbe es auch immer mehr Männer, welche gar nicht wüssten, dass bei Frauen dort auch Haare wachsen. Es läge auch an der Pornoindustrie, die den Menschen ein falsches Bild von Frauen vermitteln würen. Mittlerweilen gäbe es auch immer mehr Anfragen bei Schönheitschirugen wegen Schamlippenkürzungen. Die inneren Schamlippen würden dann so angepasst werden, dass sie von den Äusseren schön eingebettet seien.
Ganz klar wäre da auch jeder Einzelne schuld. Man zeige sich viel zu selten nackt innerhalb der Familie und so würden die junge Leute nicht sehen, dass dies beispielsweise bei älteren Frauen normal sei, dass die inneren Schamlippen länger sein.
Um noch einmal auf die Pornoindustrie zurück zu kommen. Es wäre ja verständlich, dass sie solche perfekten Wesen zeigen, denn es wäre doch wirklich seltsam, wenn so ein behaartes Ding auf ein wuscheliges Etwas treffen würde.
Man lernt doch wirklich nie aus.
©g.b.=Maya_Gähler
2008-03
Nun, über meinen Daumen usw. wurde in den Kommentaren viel geschrieben. Doch der soll hier ja gar nicht das Thema sein. Sondern das Buch von Charlotte Roche. Ich musste es einfach haben. Ich kaufte es, las es… nicht in einem Rutsch, denn mir wurde doch ab und zu ein wenig übel beim Lesen. Aber ich habe es nicht bereut, es gekauft zu haben. Leider geht die eigentliche Geschichte ein wenig unter. Auch hier in meiner Kolumne werde ich nicht näher auf diese Tragikkomödie eingehen, aber vielleicht in einer anderen.
Es wird viel über Hygiene und Sexualtiät geschrieben. Nicht reißerisch, sondern ehrlich, aus der Sicht der jungen Helen. Inwiefern die Autorin Charlotte darin authentisch ist, kann man sich nur spekulativ erdenken. Eine Rebellin, ohne Wertung gemeint, ist sie auf alle Fälle.
Ob sie nun finden, das Buch sei Käse oder ob sie finden, es sei Genuss, das überlasse ich ganz ihnen. Was ich allerdings dazu sagen möchte, lesenswert ist es allemal. Auch wenn ich vergeblich auf die Stelle mit dem Analbleaching wartete.
In diesem Sinne wünsche ich ihnen eine Woche ohne Rasier- oder sonstigen Zwang.
Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
(21.04.08)
"Charlotte Roche "Feuchtgebiete". Etwas zwiespältig.
Auf der einen Seite gut und nachvollziehbar, das Dogma übertriebener Hygiene bzw. Entfremdung vom eigenen Körper zu thematisieren. Auf der anderen Seite eine dermaßene Fixiertheit auf den eigen Körper, seine Ausscheidungen, Verletzungen, Verkrustungen, dass es mir zu extrem ist - die Welt, nur aus dem eigenen Körper bestehend.
Leicht und locker zu lesen, manche kleinen Beobachtungen lassen mich aufhorchen (z.B. der Anästhesist, der auch bei einer Vorbesprechung mit der Patientin schon automatisch am Kopfende sitzt...)"
Das alles ist interessant - und doch ist das Buch (abgesehen von dem sehr gelungenen Titel) ziemlichlich bescheuert. Ich halte es NICHT für zeitgeistkritisch, sondern umgekehrt: Zeitgeist wird eher affirmiert:
Die Körperorientierung ist überzogen, Säfte hin, Sekrete her. Das bisschen Aufklärung will und braucht keiner derart intensiv. Auf der Strecke bleibt die Erkundung der wesentlichen Kräfte des Lebens.