Schweizer Käseallerlei

Nicht immer ganz ernstgemeinte Blicke über die Grenze


Eine archivierte Kolumne von  Maya_Gähler

Montag, 17. November 2008, 08:33
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So ein Käse mit dem Fuß

Mitte letzter Woche hatte ich wohl so viele Dinge im Kopf, dass ich mich selbst kaum noch wahrnahm. Dies änderte sich schlagartig, als ich in einen Stuhl in meiner Küche donnerte. Dieser erlaubte sich auch noch keinen Millimeter zu weichen. Gut daran könnte der Schrank schuld sein, der dem Stuhl ein Wegrutschen verweigerte. Also musste wohl oder übel mein Zeh daran glauben. Zuerst sah ich Sternchen, dann rot und später blau. Als ich wieder einigermaßen bei Sinnen war, sah ich mir die Bescherung an, dachte noch so beiläufig, ist denn schon Weihnachten (ok ok ein dummer Gag).

Nachdem ich mich ein wenig hingelegt und mit dem Cool-Pack gekuschelt hatte, kam ich doch zu der Einsicht, das Ganze mal einem Arzt zu zeigen. Ich war mir total sicher, der arme kleine Zeh ist gebrochen. Aber die Ärzte wollen ja schließlich auch beweisen, dass sie was können. So rief ich bei meiner Hausärztin an. Es war mittlerweile ja schon gegen 17 Uhr und allzu lange würde sie sicher nicht mehr da sein. Die freundliche Arzthelferin bedauerte mich zwar, konnte mir aber leider nicht helfen. Kein Termin frei. Nichts zu machen. Wartezimmer überfüllt. So fragte ich nach dem nächsten Tag, ich würde die Schmerzen schon irgendwie aushalten über Nacht. Da bekam ich zur Antwort, dass doch donnerstags die Praxis geschlossen sei. Wie konnte ich so etwas nur vergessen.
Aber am Freitag wäre ein Termin frei, mitten im Nachmittag. Ich sagte ganz scheu, dass ich freitags arbeiten würde. Außerdem an genau diesem Freitag stände noch eine Fahrt nach Stuttgart-Herrenberg zu einer Weiterbildung an. Wenn ihnen dies wichtiger ist, als zum Arzt zu gehen, dann müssen sie dies halt tun, meinte die nicht mehr ganz so freundliche klingende Stimme. Tröstete mich aber sofort damit, dass ja am Samstagmorgen die Praxis geöffnet sei. Kleinlaut sagte ich, dass ich dann immer noch an der Weiterbildung sei.
Ich habe mich dann sehr schnell verabschiedet, weil ich befürchtete, dass ich dann doch etwas zu hören bekäme, was mir weniger gefallen würde. Ließ sie aber wissen, dass ich wohl zum Notfalldienst im Krankenhaus gehen würde, falls die Schmerzen schlimmer würden. Ich hörte nicht mehr, wie die Antwort lautete, weil ich den Hörer vorher auflegte.

Ich mobilisierte meine Kräfte, humpelte drei Etagen die Treppe runter, Lift gibt es bei uns ja nicht. Setzte mich ins Auto und fuhr ins Spital. Dort schickte man mich erst einmal zwei Treppen rauf zum Empfang, um meine Personalien anzugeben etc. Die Bewegung tat mir ja recht gut, weniger aber meinem Zeh. Dann wackelte ich die zwei Treppen wieder runter, gab meine Papiere ab und wartete.
Absetzen konnte ich mich nicht, da kein Stuhl mehr frei war. Alle sahen mich mit leidvollen Mienen an und ich tröstete mich damit, dass ich mir sagte, die hätten sicher alle etwas viel Schlimmeres als ich.

Eine Stunde später war ich einem Kreislaufkollaps und einem Stuhl recht nahe. Wieder eine halbe Stunde später durfte ich ins Behandlungszimmer. Der Zeh wurde hin und her und her und hin gebogen. Die Sterne und Farben, die ich sah waren wunderschön. Ich wurde zum Röntgen geschickt. Dort ging alles sehr fix und ich freute mich über soviel Effizienz. Mit den Bildern ging’s wieder zur Notfallstation. Wieso wunderte es mich nicht, dass dort kein Stuhl frei war?

Nach einer weiteren Stunde wurde ich nach Hause geschickt, natürlich nicht, ohne dass ich noch im Behandlungszimmer war. Kein Gips, keine Schiene, kein Tape, alles nicht nötig. Gut, freut mich, in diesem Fall ist nichts gebrochen?! Doch ihr Gelenk ist angebrochen, aber das muss von alleine heilen. Fein... ich wusste doch von Anfang an, dass es mir nichts bringt zum Arzt zu gehen.
Auf die Rechnung bin ich sehr gespannt.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine Woche, in der Sie sich Ihrer selbst immer gewahr sind. Damit sie vor unliebsamen Zusammentreffen mit Stühlen sicher sind.

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag

wupperzeit (58)
(17.11.08)
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