Dienstags bei Inge

Ansichten übers Leben und Sterben und den Rest dazwischen


Eine archivierte Kolumne von  IngeWrobel

Montag, 01. Juni 2009, 19:14
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keinThema für Männer

Gibt es in Deutschland eine „Weiblichkeitssteuer“? Nein, selbstverständlich nicht. Die finanziell schlechtere Steuerklasse für arbeitende verheiratete Frauen haben wir ja nur, damit unsere Ehegatten alle Steuervorteile, Freibeträge u.ä. ausschöpfen können. Das dient dem Wohle der gesamten Familie und zahlt sich für diese dann bei der Jahresabrechnung mit dem Finanzamt förderlich aus. Der Lohnsteuerjahresausgleich gleicht gewissermaßen aus, dass die Männer bei uns immer noch die Mehrverdiener sind – selbst bei den selben Arbeitsbedingungen. Man kann das als soziale Ungerechtigkeit sehen. Aber welche Frau geht schon für Gleichstellung auf die Barrikaden, wenn man ihr die Tatsache, dass sie in der Regel irgendwannmal in ihrem Leben wegen Mutterschaft aus dem Berufsverkehr gezogen wird, als Knüppel zwischen die Beine wirft?
Einen weiteren Nachteil haben die Frauen durch ihren Busen. Hähhh? Der offensichtliche Nachteil: sie brauchen ein Kleidungsstück mehr, als Männer. Ich klammere jetzt mal die weiblichen Wesen, die sich lebenslang weigern, BHs zu tragen, ebenso aus, wie männliche Transen und BH-Fetischisten. Die normale deutsche Frau trägt und braucht in ihrem Leben viele BHs……. und die kosten Geld. Sollte Frau durch einen besonders großen Busen von Mutter Natur bestraft worden sein, kommt sie mit den einfacheren Büstenhalter-Modellen der Kaufhäuser nicht aus. Sie muss in Miederwarengeschäften oder bei Spezial-Versandhäusern kaufen, die sich die besonders großen Größen entsprechend großartig bezahlen lassen. So kommt für Frauen mit „viel Holz vor der Hüttn“ zur Last des Tragens (denn diese schweren Brüste drängen ständig, den Gesetzen der Schwerkraft folgend, zur Erdmitte) noch die Last der erhöhten Kosten für die Halter.
Männer, die als Knaben neben dem Lokomotivführer auch den Berufswunsch „Büstenhalter“ nannten, werden auch später dieses Problem nicht anerkennen oder ernstnehmen wollen. Deswegen heißt es ja heute auch im Titel „kein Thema für Männer“.
Eine Frau, die sich ernsthaft des Problems annahm, ist Beckie Williams. Diese couragierte Britin erreichte tatsächlich in einem Streit mit dem englischen Bekleidungsriesen Marks & Spencer, dass eine Extra-Gebühr von umgerechnet 2,26 Euro auf die BHs mit Körbchengröße F oder größer wieder zurückgerufen wurde. Williams zog gegen die Diskriminierung mit ihrer Kampagne „Busts for Justice“ in den Krieg – und gewann. (siehe http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,626296,00.html)
Erfreulich ist, dass dieses heikle Thema ohne Anzüglichkeiten und sprachliche Ausrutscher über die britische Bühne ging. Das Wort „Tit-Tax“ für die „Busen-Steuer“ klingt nur in deutschen Ohren leicht vulgär.
In Großbritannien beschäftigte die Initiative der 26jährigen Beckie Williams eine Woche lang die Gemüter – bis Marks & Spencer endlich aufgab, und werbewirksam die Rücknahme der Sondergebühr verkündete.
Ich ziehe meinen Hut vor Beckie Williams. Und die Tatsache, dass sie von Beruf Literaturwissenschaftlerin ist, macht sie mir nicht unsympathisch – ganz im Gegenteil.

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag

wortverdreher (36)
(02.06.09)
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 Mutter (02.06.09)
Yup, schließe mich an - besonders bei Schuhen und Anzügen merke ich das besonders ... :/
wupperzeit (58)
(02.06.09)
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