KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Samstag, 10. Juli 2021, 21:15
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Cancel Culture und andere Moralismen

777. Kolumne

Cancel Culture. Ich kannte das Wort bisher nicht. Ich hoffe, es ist nur eine (wenn auch fürchterliche) Modeerscheinung und vergeht wieder. Ich nenne den ganzen Zirkus: Moralismus. Rausschmiss-Moralismus, inversive Diskriminierung, auch Meinungsunterdrückung, manchmal, zum Glück, nur Lächerlichkeit.
Die Bildung eines Wortes wie das „N-Wort“ gehört zu den gefährlichen Lächerlichkeiten, weil es Angst offenbart. Ich bin mit dem Wort Neger aufgewachsen, als es noch eine neutrale Bedeutung hatte in meinem sozialen Umfeld. Das ist heute anders. Die neue Tabuisierung hilft aber nicht, sie behindert, vertuscht, verlagert, verundeutlicht, groteskisiert.
Der Glaube an die Macht der Sprache ist überzogen. Andererseits ist es so, dass über die Form Machtkämpfe ausgetragen werden. Die neue Wirklichkeit soll ein neues Machtverhältnis sein. Es gibt daran durchaus Wahres. Nur wird mir da zuviel manipuliert, übertrieben und verschlimmbessert.
Woke - erstaunlich, wie viele neue Namen der Moralismus hat, und wie sehr er auf diese Weise gerechtfertigt wird.
Insgesamt zeigt sich wohl eine ausfransende Individualismus-Manie mit dem jeweiligen Streben nach Mehrheit und Macht.
Es gibt eine Unzahl von Kampfvokabeln. Neidebatte ist so eine. Chancengleichheit ist da immer noch angesagter, sozusagen woke im besten Sinne. Meines Erachtens ist die Veränderung über die Sprache ein Umweg, wenn sie zum Moralismus verkommt und somit belehrt und am Ende sogar diskriminiert. Manches in diesem Zusammenhang erinnert an religiöse Erweckungsbewegungen.
Nichts hat sich dauerhaft verbessert seit der Aufklärung im 17. Jahrhundert. Auch Zustände wie im späten Mittelalter gibt es heute: Irrglauben, Verschwörungstheorien, wahnwitzige Spekulationen, ...

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag

finnegans.cake (39)
(13.08.21)
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Terminator (41)
(13.08.21)
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 Dieter_Rotmund (15.08.21)
Gerne gelesen. Es fehlt aber etwas das lebendige Beispiel aus dem/deinen echten Leben.

 Bergmann meinte dazu am 15.08.21:
finn:
Lebenslüge ist mir zu hoch gegriffen.
Rassismus steckte, was Neger betrifft, im Kopf, nicht im Wort. Sprachlich änderte sich das erst in den 60er Jahren.
Ein Begriff wie "das N-Wort" ist sprachunfähiger Ausdruck penetranten Moralismus.

Term:
"durchfeminisierte westliche Kultur" - das halte ich für Polemik. Die Welt ist immer noch, da wo es wichtig ist, von Männern geprägt und gesteuert.
Wachsende Wertschätzung des 'Femininen' ist Lebens- und Kulturgewinn.

Dieter:
In meinem echten Leben erlebte ich bisher kein nennenswertes Beispiel. Ich müsste es erfinden.
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