KLICKS UND CLIQUEN
Synthesen + Analysen in der Matrix
Eine Kolumne von Bergmann
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Prinzip Skeptizismus
863. Kolumne
Ich liebe mein Leben und mich selbst, auch das Zusammenleben und Zusammensein mit Menschen, trotz und wegen mancher Schwierigkeiten.
Auf Grund meiner lebenslangen Erfahrungen glaube ich nicht, dass alle Menschen gut sind und vernünftig handeln. Leider kann auch die demokratische Gesellschaftsordnung Fehler und Unvernunft nicht genügend kompensieren, sondern allenfalls nur mindern.
Liebe und Zusammenleben gründen auf gegenseitigem Vertrauen und gelingen oft, aber es versagt auch, sowohl im privaten Bereich als auch gesamtgesellschaftlich, weil ein vollkommen vertrauensvolles und vernünftiges Sein nicht ununterbrochen hält. Ererbte Veranlagungen und Triebe, die soziale Herkunft, Bildung, Armut, gesellschaftlicher Kontext, Lasten der Vergangenheit – das alles müsste vernunftgemäß und verantwortungsvoll zusammenspielen, um ohne Krieg, Armut, Raubbau an den Bodenschätzen und Zerstörung der natürlichen Umwelt leben zu können. Aber davon sind wir leider so weit entfernt wie vor Jahrhunderten. Ein neues Zeitalter der Aufklärung wäre notwendig, auch eine Zusammenarbeit aller Länder, Staaten, Machtblöcke zum Nutzen der Menschheit. Das alles sehe ich nicht kommen.
Solange der Kapitalismus so ungebändigt herrscht wie derzeit, sehe ich auch keine Hoffnung für das Entstehen einer Wohlfahrt für alle. Solange der Nationalismus, Diktaturen und andere Formen eines staatlichen Egoismus existieren, kann auch keine supranationale volonté général existieren.
Ich erkenne keine Kraft, keine Bewegung, die zum Fortschritt der Vernunft führt. Auch die (westliche) Demokratie ist den Anforderungen der Vernunft nicht gewachsen, wahrscheinlich auch keine ‚Diktatur der Vernunft‘.
Kant und Hegel, der Dialektische Materialismus von Marx und Engels, das Prinzip Hoffnung (Ernst Bloch), das Prinzip Verantwortung (Hans Jonas), die Gedanken Michel Foucaults oder Richard Rortys und vieler anderer, sie formulieren immer wieder neu die erforderliche Vernunft. Aber eher entfernen wir uns von der Vernunft und zerstören unsere Lebensgrundlagen. Die Religionen bieten Trost, fordern das Gute und verheißen den Himmel bei Wohlverhalten. Aber auch sie ändern die Welt nicht. Jedenfalls nicht in der für ein vernünftiges Leben und Zusammenleben erforderlichen Weise.