KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Freitag, 22. Juni 2007, 09:05
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ZWISCHEN ZWANG UND ZWISCHENFALL

Des Verwicklungsromans vierter Teil

Ilse Kilic Fritz Widhalm
mit 6 WortBildKompositionen von Günther Kaip

Wien (edition ch) 2005


238) dieses kapitel will der naz dafür nützen, einen text von ulrich bergmann wiederzugeben. ulrich bergmann ist autor, mitherausgeber der literaturzeitschrift dichtungsring, mittelschullehrer und freund. genau genommen brieffreund, sagt der naz, der ulrich bergmann erst einmal leibhaftig getroffen hat, und zwar auf der alle zwei jahre stattfindenden mainzer minipressenmesse, auf der die jana und der naz die überaus empfehlenswerten literarischen erscheinungen ihres kleinverlages, das fröhliche wohnzimmer, feilbieten. ulrich bergmann war besucher dieser messe und gab sich dem naz und der jana mit den worten ulrich bergmann zu erkennen. fritz widhalm, sagte der naz. ilse kilic, sagte die jana. jana brenessel, sagte die ilse. naz, sagte das pseudonym fritz widhalm und alle fünf waren höchst erfreut. auch ein anderer brieffreund gab sich auf dieser messe zu erkennen. hallo, günter schroth. hallo, sagten die jana, der naz, die ilse und der fritz wiederum höchst erfreut. günter schroth ist mitglied der gruppe six and more, betreiber des archegon labels und komponist der barcode music. ich, sagt der naz, will hier an dieser stelle alle beide schön herzlich von mir und der jana, der ilse und dem fritz grüßen lassen.
aber nun:
huch:
betrachtungen eines ewigen lesers zur autobiografischen ro-
man-lawine von ilse kilic und fritz widhalm

auf einen dritten teil des „verwicklungsromans“ wird zum schluss der zwei vorliegenden teile des systematischen romanfragments dieses ufer ist rascher als ein fluss! und neue nachrichten vom gemeinsamen herd ironisch


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angespielt. ich vermute, ilse kilic und fritz widhalm werden den längsten (pikaresken) entwicklungsroman derliteratur-geschichte schreiben.
mir fällt immerhin eine (beabsichtigte oder natürliche)zah-lenmystik auf: der erste teil hat 77 kapitel und verweist in dieser schnapszähligkeit auf eine gewisse apokalyptische vollkommenheit hin. insgesamt zähle ich (ohne das null-kapitel im ersten teil) 138 kapitel: geteilt durch 2 macht 69, diese zahl ist die neomythische zahl der fortpflanzung (die brezel als damit korrespondierende schlussvignette ist das symbol der bürgerlichen ehe) - und insofern wird tatsächlich die verifizierung des unendlichkeitsprinzips oder, genauer gesagt, des fortzeugungsprinzips angekündigt - das stellt, literaturgeschichtlich gesehen, diesen roman, der zwei eltern hat, in eine reihe mit sternes „tristram shandy“; james joyce’ „ulysses“ und arno schmidts „zettels traum“: sterne erfand eine art ‚uneigentlichen’ oder unepischen) erzählens aus der ironischen distanz; joyce die multiperspektivität und die selbsterzählungskraft des sprach(spiel)materials, die fokussierung auf eine kleine erzählzeit als kosmischen oder atomaren erzählkern; arno schmidt versuchte die möglichst große vernetzung des erzähl-universums (mit ethyms) zu erreichen, er strebte nach unendlicher vieldeutigkeit und, analog dazu, nach einem ins maßlose gesteigerten medium für die leserinterpretation als selbsterzählung oder nacherzählung aller möglichen universalen geschichten, widhalm und kilic führen das prinzip des unendlichen vor-erzählens auf der basis einer mixtur eben genannter erzählprinzipien ein, um das erzählen, das sich im theoretischen zu verlieren droht, zu retten: und zwar als autorenpaar mit einer dem leser zunächst unsichtbaren dialogischen erzählhaltung oder erzählerzeu-

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gungshaltung: das produkt ist die synthese der romaneltern. erzählte kinder werden mit der zeit ins spiel des multiperspektivischen erzählgewebes gebracht. wenn die kinder alt genug erzählt sind, könnten sie ihre geschichte selbst weitererzählen, vielleicht als -fiktionale autoren, sodass ein roman im roman entsteht - usw.

die textur zeichnet sich im übrigen durch lesesteuernde mittel aus: z. h. quellen und deren verdeutlichung in anderen schriftzeichen; vor allem fußnoten, ein spiel mit der methode wissenschaftlicher darstellung - und damit auch selbstironisierung der erzähler und des erzählten. die vielen bezüge zu typica des entwicklungsromans und ihren herausragendsten werken herauszuarbeiten, bleibt generationen von exegeten der nazjanischen polylogie vorbehalten, die sich zunehmend einer literarischen lawine gegenübergestellt sehen, welche biblische ausmaße übersteigen wird. ein begriff für das permanente staunen angesichts dieser, na ja, ersehnten sisyphos-arbeit hat sich schon jetzt gebildet: es ist der huch-effekt.
soviel zur form des ewigen fragments.

sprudel oder nicht sprudel, sagt das pseudonym fritz widhalm. pervers, sagt die ilse. ich liebe diesen text, sagt die jana. das ist doch ganz normal, sagt der naz.
huch*, sagen alle vier höchst erfreut.

*huch. das buch. ritter verlag, klagenfurt/wien 1998. dieses buch ist einen versuch wert, sagt der naz.


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