KLICKS UND CLIQUEN
Synthesen + Analysen in der Matrix
Eine Kolumne von Bergmann
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Illuminierte Schwarzweißmalerei. Dan Brown, Illuminati
279. Kolumne
ILLUMINATI von Dan Brown – als Buch oder Film – ist deutlich schwächer als SAKRILEG, alles in allem erlebt der Leser und Zuschauer anregende Informationen zur Papstwahl, er sieht schöne Bilder von Sehenswürdigkeiten in Rom, meistens Kirchen, darunter die Santa Maria della Vittoria mit Berninis Verzückung der Heiligen Therese - allerdings viel flacher interpretiert als Leonardo da Vincis ultima cena in SAKRILEG. Statt Theologie bringt dieser Roman amtskirchliche Feinheiten und viel Skurriles. Schade, dass die Bildwelt Michelangelos in der Sixtinischen Kapelle (etwa sein Selbstporträt: die eigene Haut, die schlaff im Bild des Weltgerichts hängt) nicht so recht aufgegriffen wird im Zusammenhang mit dem Konklave der Papstwahl - hier spielt Armin Müller-Stahl wieder sehr überzeugend einen führenden Kardinal, während dem Camerlengo die nötige intellektuelle Schärfe fehlt, um wirklich ein gefährlicher Antagonist zu sein.
Die Abänderung der Romanhandlung in einigen Punkten tut dem Film gut. Schön der Himmel, in dem die antimaterielle „bomba“ explodiert; man meint da die Verzückung der Heiligen Therese von Bernini zu sehen, aber auch die Hölle, die eigentlich wie eine Verlängerung der kirchlichen Amtsgewalt im Himmel liegt, etwa wenn man im Pantheon nach oben schaut; aber man kann auch die Herrlichkeit des Himmels in einer barocken Kirchenkuppel erkennen, wie sie ein Tiepolo gemalt hat... wir sehen die Miniaturexplosion des Urknalls wie die Umkehrung der Schöpfung.
Der Film ist ein schöner Reiseführer durch Rom, der sich einiger dramaturgischer Techniken der James-Bond-Filme bedient, vor allem in der Spannungserzeugung durch Zeitnot. Auch technische Gags erinnern an 007, so der Hubschrauberflug am Filmende oder die Schlussszene im Buch, wo der Symbologe Langdon und seine Kriminal-Assistentin Vittoria (!), Physikerin, den Weg zurück ins Paradies einer geretteten Welt finden, in der ihre Zuneigung sich entfalten kann wie in einer berninischen Explosion idealistischer Antimaterie...
Nach allen schönen Kritikansätzen siegt am Ende das Gute - der richtige Mann der Kirche wird zum neuen Papst gewählt.
Der Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft wird dabei ziemlich flach gehalten. Da wäre viel mehr möglich - aber das soll und darf nicht sein, denn Browns Stationenmelodramen wollen nur leichte Unterhaltung bieten. Es blieb bei einem 'Problemdropping' der Art: Aber gut, dass wir mal darüber gesprochen haben. Wenigstens die Motive, die Herkunft und die Geschichte der wesentlichen Personen hätten dargelegt werden sollen – sie blieben leer wie die Actionisten der James-Bond-Filme. Eine Schwarzweißmalerei in bunten Farblichtspielen.
Am schönsten sind vielleicht die Ambigramme von Erde, Luft, Feuer und Wasser, die sich im diamantenen Ambigramm alle in dreieinigen Zeilen vereinigen.
Ulrich Bergmann, 7.11.2011
Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
ich habe Deine 279. Kolumne gerne gelesen, weil ich am Thema "Film" fast immer interessiert bin. Nur schade, dass Du Dir gerade so Multiplex-Spackenkino-Massenware vorgenommen hast. "...Browns Stationenmelodramen wollen nur leichte Unterhaltung bieten". Richtig erkannt, dieser Film bietet keinen Tiefgang und keine Doppelbödigkeit. Da warst Du bei Auswahl des Filmes schlecht beraten und hast mit der Kolumne noch das Beste daraus gemacht.