KLICKS UND CLIQUEN
Synthesen + Analysen in der Matrix
Eine Kolumne von Bergmann
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Politisch Lied
511. Kolumne
Walther von der Vogelweide, Erster Reichston (um 1200)
Ich saz ûf eime steine,
und dahte bein mit beine,
dar ûf satzt ich den ellenbogen;
ich hete in mîne hant gesmogen
daz kinne und ein mîn wange.
dô dâhte ich mir vil ange,
wie man zer welte solte leben;
deheinen rât kond ich gegeben,
wie man driu dinc erwurbe,
der keines niht verdurbe.
diu zwei sind êre und varnde guot,
daz dicke ein ander schaden tuot;
das dritte ist gotes hulde,
der zweier übergulde.
die wolte ich gerne in einen schrîn.
jâ leider, desn mac niht sîn,
daz guot und weltlich êre
und gotes hulde mêre
zesamene in ein herze komen.
stîg unde wege sint in benomen:
untriuwe ist in der sâze,
gewalt vert ûf der strâze:
fride unde reht sint sêre wunt.
diu driu enhabent geleites niht, diu zwei enwerden ê gesunt.
Ich saß auf einem Felsen
und überkreuzte beide Beine,
drauf setzte ich den Ellenbogen
und hatte in die Hand gestützt
die Wange und mein Kinn.
Da überlegte ich genau,
wie man das Leben meistern sollte.
Ich konnte keinen Ratschlag finden,
wie man drei Dinge so erwürbe,
dass sie nicht verloren gingen.
Zwei davon sind Ehre, großer Reichtum,
was oft einander schadet;
das dritte ist die Liebe Gottes,
die übertrifft die beiden anderen.
Die hätt’ ich gern in einem Schrein,
doch ist es leider unerreichbar,
Reichtum, Ehre in der Welt
und dazu die Gnade Gottes
in einem Herzen zu vereinen.
Dem sind Weg und Steg genommen:
Untreue liegt im Hinterhalt,
Gewalt herrscht auf der Straße,
und Recht und Frieden sind verwundet.
Wenn diese beiden nicht gesunden,
haben die drei Schätze keinen Schutz.
[Übersetzung: U.B.]