Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
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Beim DFB-Pokalfinale
von Dieter_Rotmund
14269 Zuschauer beim DFB-Pokalfinale der Frauen in Köln; Minusrekord auf den Rängen seit der Entkoppelung vom Endspiel der Männer in Berlin, wo die Damen nur so eine Art Vorprogramm waren, was kein haltbarer Zustand war. Der für Frauenfußall einerseits hohe, für ein DFB-Pokalfinale andererseits geringe Zuschauerzuspruch, was soll man davon halten?
Am Wetter kann es nicht gelegen haben. Während anderswo in der Republik Regen fiel, war in der Domstadt schönstes Biergartenwetter. Auf den Wiesen vor dem Müngersdorfer Stadion eine Art Fußballkirmes, ein Mix aus Hüpfburg und Sponsorenpavillons. Es gab Live-Musik – wie das in Köln immer so ist, natürlich von einer Karnevalsband. Auch außerhalb der sog. „5. Jahreszeit“, also zwischen Aschermittwoch und 11. November haben alle Spaßveranstaltungen in Köln eine Faschingsattitüde.
DFB-Pokalfinale in Köln, so richtig in den Köpfen angekommen ist das noch nicht. Vielleicht weil man das männliche „Ber-lin, Ber-lin, wir fahren nach Ber-lin!“ nicht übernehmen kann, besteht „Köln“ doch nun mal nicht aus zwei kurzen Silben. Hier ist die Kreativität derer gefragt, der Fans, deren Selbstinszenierungen schon lange euphemistisch „Choreographien“ genannt werden, als hätte Pina Bausch zu ihren Lebzeiten dort schon Hand angelegt. Nun sind jedoch die Kulissen beim Frauenfußball glücklicherweise nicht von Hooligans und Ultras dominiert. Die völlig unaggressive und harmonische Stimmung führt dazu, dass viele Mütter und Väter ihre Kinder dort mitbringen mögen und das auch tun, von was sie selbst bei Viertliga-Begegnungen bei den Fußball-Männern lieber Abstand nehmen.
Die Müngersdorfer Fußballarena, die im Moment, so lange das RWE-Geld fließt, „Rhein-Energie-Stadion“ heißt, liegt nicht in Innenstadt. Sie befindet sich angenehmer weise außerhalb des Kölner Gebiets, das visuell von gelebter Obdachlosigkeit, öffentlichen Alkoholismus und Drogenmissbrauch geprägt ist. Das Stadion liegt etwas im Grünen, zwischen Sportuni und dem bekannten Leichtathletik- und Rugbyverein ASV Köln. Da fährt der Fußballfreund gerne hin.
In der Domstadt selbst wurde nun verhalten für das Pokalfinale geworben. Bei allen gegenteiligen Bekenntnissen der Funktionäre bleibt der Frauenfußball weiterhin irgendwie immer noch das Stiefkind des Deutschen Fußballbundes (DFB). Es, das Stiefkind, wirkt wie eine junge Autistin, bei der die Eltern nicht wissen, ob es eine lebenslanger Pflegefall oder ein umjubelter Savant daraus wird. Dabei ist ein öffentliches Interesse am Frauenfußball durchaus vorhanden. In Köln waren zahlreiche sog. „Medienvertreter“, sprich Journalisten, akkreditiert und diese erschienen auch zahlreich zu den beiden Pressekonferenzen und berichteten gerne. Indes, es fehlt ein wenig Lesers Stimme. Lesers Stimme, die Berichterstattung über den Frauenfußball einfordert. Es gibt Sportredaktionen, in denen angerufen wird, weil ein Kreisligaspiel (der Männer) ignoriert wurde. Leser, die mailen, weil sie mehr Berichterstattung über den Frauenfußball wollen, sind hingegen Mangelware. Zu schüchtern? Tatsache ist, dass Leserfeedback in ordentlich arbeitenden Redaktionen durchaus ernst genommen wird. Es gilt die Faustregel, dass hinter jedem Anruf zehn weitere Anrufer mit der gleichen Intention stehen, die sich aber dann doch nicht getraut haben.
In der Frauenfußball-Bundesliga schwanken die Zuschauerzahlen immer noch stark, über 14.000 Zuschauer sind jedoch keinesfalls Alltag. Entsprechend nervös begannen beide Mannschaften, da blieben Fehlpässe nicht aus. Die Damen ziehen auch her selten aus 30 Meter Entfernung mit Wumms ab, so dass der Ball auf der Torlinie noch genug Karacho hat. Es gibt nun mal einen physischen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Deswegen ist z.B. Frauen-Volleyball nicht unattraktiver als Männer-Volleyball. Nur beim Fußball werden immer noch die Vergleiche gezogen.
In Köln jedenfalls war ein spannendes Spiel zu sehen, bei dem die Mannschaft des VfL Wolfsburg zwischenzeitlich mit 3:0 Toren führte, deren Gegnerinnen aus Potsdam aber nach zwei Anschlusstreffern den Ausgleich und damit eine Verlängerung auf dem Fuß hatten. Ein emotionales Spiel, nach Aussage von VfL-Trainer Ralf Kellermann so emotional, dass „es irgendwann keinen Sinn mehr machte, taktische Anweisungen hineinzurufen“. Die Fußballerinnen spielten hüben wie drüben mit Herzblut. Da wurde dann sogar eine Torhüterin nervös, weil ihr der Schuh aufging und sie mit dem Ball in der Hand über die Strafraumlinie lief. Schiedsrichterin Katrin Rafalski agierte durchweg souverän und ahndete das Vergehen, Potsdam konnte jedoch keine torgefährliche Situation daraus machen. Am Ende war der Jubel bei den Wolfsburgerinnen groß, die nicht – wie hier und da berichtet – ihren Vorsprung bis zum Abpfiff einfach nur „retteten“, sondern selbst noch einige Trefferchancen hatten.
Die Wolfsburgerinnen stehen übrigens auch im Champions League Finale - das Spiel gegen Olympique Lyonnais wird heute (Donnerstag) ab 20:15 Uhr auf europsort live übertragen.
Auffällig ist, dass von Starallüren bei den Spielerinnen nichts zu spüren war. Vielleicht ist es das, was den Unterschied macht, das geringe Zuschauerinteresse erzeugt? Mehr Zickenkrieg? Vielleicht sollten sich die FFCs der Republik ein paar Diven züchten, die schnöselig und überheblich tun, auf Pressekonferenzen lustlos herumfläzen, dann selbstgefällig floskelhaft daherreden und jede Antwort mit „Ja, aber...“ beginnen? Bei den Männern klappt's ja...
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
Deine Religionsvergleich passt allerdings dann 100%ig, wenn ich mir dieses zeremonienhafte, extrem durchritualisierte Getanze ansehe, dieses Niederschreien, wenn man nicht auf Linie ist...
Die Katharsis kommt allerdings aus der griechische Tragödie, ist also per se eher areligiös, oder?
Und sag' jetzt bitte nicht, Natur sei per se göttlich!
Apropos Anschauung: Am Sonntag werde ich das Spitzenspiel um den Aufstieg in die 1. BL der Frauen sehen, vor Ort.