Film & Fußball

Eine cineastische Mannschafts-Kolumne


Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"

Mittwoch, 31. August 2022, 10:54
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Es ist wieder Filmfestivalzeit! Und immer noch Open Air Kino!

von  Dieter_Rotmund


Die Filmfestivalzeit hat wieder begonnen und Open-Air-Vorstellungen gibt es noch bis Mitte September! Das ist klasse, wer nicht ein einziges Mal eine der vielen Open Air Kino-Vorstellungen mit Bier, Bionade oder Bratwurst, oft gibt es auch Liegestühle (nicht zum Essen!),  besucht hat, also der ist "grad' selba schuld", wie man hierzulande sagt. "Man kann die Leute nicht zu ihren Glück zwingen", das sage ich dann.
Aber das Filmfestival ist gut besucht, abends sind die Vorstellungen ausverkauft. Ich sah:

El inconveniente (Spanien 2020), übersetzt heißt das "Die Unannehmlichkeit", deutscher Verleihtitel ist jedoch "Vier Wände für Zwei". Man hätte den Film also auch "Luft ist zum Atmen da" nennen können. Nun, ja, dafür können die spanischen Filmemacher nichts.
Von diesem Film wusste ich zuvor nur, dass er mit beim Durchsehen des Programmhefts des Festivals nicht unangenehm aufgefallen war: Keine Hunde, keine vorlauten Kinder, keine Weltverbesserungsdoku. Kurzes Fazit vorab: Trotz einiger überflüssiger Rührseligkeiten ein insgesamt gelungener Film, gerne gesehen. Mal was anderes. Eine der beiden Hauptfiguren arbeitet bei einer Lebensversicherung. Leider erfährt man nicht, was die andere Hauptfigur, nun in Rente, beruflich gemacht hat. Der Film definiert sie über ihre gescheiterte Ehe - das ist ein wenig arg unmordern und überhaupt unzureichend, finde ich.
Direkt danach und nur mit kurzer Pause in Beckenrandsheriff (D 2021). Marcus H. Rosenmüller (nicht zu verwechseln mit dem Duisburger Marcus O. Rosenmüller) bespaßt uns schon seit einiger Zeit mit diesen sog. "modernen bayerischen Heimatfilmen", wie ein anonymer Wikipedia-Autor diese beschreibt. Nun, Beckenrandsheriff ist ein weiterer in dieser Reihe. Der Humor ist mitunter arg hemdsärmelig, um nicht zu sagen: primitiv. Einige der Darsteller reißen es mit ihrer Darstellung jedoch wieder heraus und entschädigen dadurch für so manche blöde Ulkerei. Da möchte ich vor allem Johanna Wokalek als Wasserball-Trainerin, Thomas Mraz als Pfarrer und Gisela Schneeberger als Bürgermeisterin nennen. Der Film hat auch seine guten Momente zwischen den eher einfach gestrickten Witzeleien. Kann man sich ansehen, muss man aber nicht. 
Sayonara Loreley ist eigentlich eine Liebeserklärung an Rüdesheim am Rhein. Der Film spielt fast ausschließlich in dem Touristenstädtchen am schönen Mittelrhein und ist nicht nur Kulisse, sondern irgendwie auch Stichwortgeber für einige Handlungsreize des Films. So wird der Eindruck erweckt, das ohne ausländische Fachkräfte in Hotelerie und Gastronomie dort der Betrieb überhaupt nicht funktionieren würde, weil eben diese Gruppe "den Laden auf Laufen hält", wie man so sagt. Der Rheinfähren-Chef (Armin Rohde) ist irgendwie der einzige Bio-Deutsche, der dort was arbeitet. Aber eigentlich geht es darum, dass Marie sich im Schnelldurchgang von ihrer Mutter emanzipieren muss, den ihr Koffer ist in Tokio und die Bank hat die EC-karte eingezogen. 
Blutholz (offensichlich eine Anspielung auf "Blutdiamaten"). Nun ja, ein durchschnittlicher ZDF-Krimi, in dem sich Joachim Krol als abgehalfteter Aushilfs-Ermittler redlich müht und Rumänien vielschichtig dargestellt wird. Als Land der Korruption, der schönen Landschaft, des selbstgebrannten Schnapses und einer Vergangenheit (Sozialismus), die die Menschen (noch) nicht loszulassen scheint. Der deutsche Konzern vor Ort ist böse und keiner wirklich von guter Gesinnung. Für meinem Geschmack laufen auch etwas zu viele Öffi-Rechti-Krimis auf diesem Festival!
Zwischendurch habe ich mir ein Kaffee geholt und die Leute angeguckt, die aufs Festival kommen. Es ist Sommer. Es ist Filmfestivalzeit.

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Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag


 Pearl (05.09.22, 18:42)
Ich lese grad einen Spiegel Artikel zum Skandal um Ulrich Seidls "Sparta", da möchte ich mich übergeben... am liebsten vor die Füße dieses auf den meisten großen Festivals gefeierten Regisseurs. Das Thema und die Frage - was darf Kunst?, fände ich für eine weitere Kolumne gut. Aus Protest werde ich keinen Film dieses Regisseurs mehr ansehen.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 06.09.22 um 15:29:
Ganz so einfach ist die Sache nicht. Ich möchte zu bedenken geben, dass der Spiegel oft und gerne zum linken Boulevardjournalismus neigt.
Zu etwas anderen, wenn auch nicht völlig verschiedenen, Recherche-Ergebnissen kommt heute die FAZ, zum gleichen Thema.

 Pearl antwortete darauf am 07.09.22 um 17:37:
Den FAZ Artikel will ich noch lesen. Jedenfalls gibt die Sache zum Denken auf. Die Unversehrtheit einer Seele eines Kindes (oder eines anderen Menschen) sollte uns mehr wert sein als Kunst. Wie ich las, legte er in Filmen die Ausbeutung von Menschen ärmerer Gebiete bloß. Doch mit solchen Methoden (wenn sich die Anschuldigungen als wahr erweisen), ist dies pure Ausbeutung.

Antwort geändert am 07.09.2022 um 17:48 Uhr

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 07.09.22 um 18:07:
Ich jedenfalls möchte mich zu keiner Vorverurteilung aufgrund eines Spiegel-Artikels hinreissen lassen. Erst wenn ich den Film gesehen haben sollte, habe ich eine Meinung dazu.

 Pearl äußerte darauf am 07.09.22 um 18:41:
Nun ja, indem man einen Film schaut, sieht man nicht dessen Produktionsbedingungen. Doch diese werden jetzt glücklicherweise geprüft.

 Dieter_Rotmund ergänzte dazu am 08.09.22 um 08:38:
Man sieht auch nicht die Bedingungen, unter denen ein Buch entstand, wenn man es liest. 
Aber das Sehen des umstrittenen Objekts ist schon essentiell, Spiegel-Artikel können diese Lücke sicherlich nicht füllen.
Bin auf die Ergebnisse der Überprüfungen gespannt.
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