keinEinhorn
keinEskapismus, keinRosa, keineLiebe.
Die Kolumne des Teams " keinEinhorn"
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Juni im Dezember
von Judas
Bald ist irgendwie schon wieder Weihnachten, die mit Abstand peinlichste WM aller Zeiten (korrigiert mich, wenn ich falsch liege, aber ich glaube, ich liege nicht falsch) läuft, im Iran gibt es eine Revolution (zu Recht) und in Qatar ziehen die deutschen Fußballer sich nicht mal eine bunte Armbinde an, weil man da eine gelbe Karte kriegen kann. Ich find das immer so suspekt sympathisch, wenn Länder wie Qatar daher geschlurft kommen und rumjammern, man möge doch so höflich sein und eben die Sitten, Kultur und Traditionen des Landes, in dem man zu Gast ist, respektieren, während die gleichen Turbanlecker darauf pochen, ihre Traditionen, Sitten und Kultur doch bitte in dem Land, in dem sie zu Gast sind, ausführen zu dürfen, das wird ja wohl noch erlaubt sein, man darf ja wohl noch und so weiter...
… um dann eben als radikaler Menschen im Juni, dem Pridemonth, in einem Schwulen- und Lesbenclub in Oslo Menschen zu erschießen, einfach nur weil sie schwul und lesbisch sind.
Versteht mich nicht falsch, ich halte es wie Volker Pispers und sage „ein Arschloch ist ein Arschloch, egal welcher Herkunft, Religion oder Hautfarbe“ und das denke ich wirklich.
Aber wo mir halt die Galle hoch kommt, das ist, wenn ich irgendwelche Bertis und Uschis höre, die der Meinung sind, sowas wie ein Pridemonth wäre doch Schwachsinn, genauso wie Regenbogenfarbe bekennen und so weiter und es gäbe ja auch keinen Straightmonth, die armen Heterosexuellen würdigt ja niemand und man habe ja nichts gegen Schwule, aber muss das denn im Fernsehen und brauchen die den Paraden und der arme Regenbogen, das war doch mal so ein unschuldiges Symbol und. so. weiter.
Nein, es ist eben nicht gut, es ist eben dann nicht genug, wenn in toleranten und offenen Ländern wie Norwegen Menschen in ihrem eigenen save space ermordet werden, einfach nur wegen ihrer sexuellen Ausrichtung. Es ist eben nicht gut, dass Menschen, einfach nur weil sie Frauen sind, umgebracht werden, weil sie sich weigern, ein Stück Stoff zu tragen. Es ist eben nicht gut, zu behaupten, das gehe einen nichts an, das ist ja so weit weg von zu Hause, wir haben ja unsere eigenen Probleme und so weiter (ach? Haben wir? Lieber heftiger CDU-Wähler, ist es nicht geil, wie revolutionär du dich endlich fühlen kannst, krasser Freiheitskämpfer beim Autofahren, beim Schnitzelessen, mein Fußballschauen, sogar wenn du die Weihnachtsbeleuchtung anschaltest, endlich etwas Revolution in der Einöde deines Lebens).
Aber eben das stimmt ja nicht, es passiert vor unserer Haustür und es bedarf unserer Aufmerksamkeit. Eine Freundin von mir war nur 50 Meter weit weg von dem Club, in dem sie die Nacht zu vor noch tanzen war, in ihrem Hotel, nur 50 Meter, wäre sie an dem Abend ebenfalls im Club gewesen, wäre sie auch erschossen worden.
Oder, ein Kollege von mir letztens über einen Schiffsmitarbeiter:
„Der A. Ist doch schwul, oder?“
„Ich glaube schon, wieso?“
„Ja kann der bei dir mitfahren?“
„Sicher, aber warum?“
„Ich mag das nicht.“
„Was?“
„Na das.“
„Was – Schwule?“
„Ja. Ich mag das einfach nicht.“
Digger, hast du Angst, A. würde dich angraben? Glaub mal, mit deinem Gesicht hast du da nichts zu befürchten.
Nein, scheiße, der Hass ist doch immer noch da. Die Vorurteile und das dumme Gemache. Ich krieg's Kotzen wenn ich Leute höre, die zur Schwulenehe sagen: „Und was kommt als nächstes, kann ich dann meinen Hund heiraten?“ Hat dir jemand ins Gehirn gekackt, Menschen mit Hunden zu vergleichen, Sodomie mit gleichem Recht für Ehe, für alle? Oder ist das wegen des guten alten „Kindermachens“? Darf man nur in einer Ehe sein, wenn man was zeugen will, jeder der nur so rumfickt, sollte auch nicht heiraten?
Aber, bei allem Gefluche, lasst uns diese Kolumne doch friedlich und besinnlich beenden. Es ist ja bald Weihnachten. Und daher hier das äußerst schöne Weihnachtsvideo der Norwegischen Post vom letzten Jahr:
In diesem Sinne wünsche ich allen einen schönen Juni im Dezember.