Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
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Jungfrauenfußball
von Dieter_Rotmund
Am vergangenen Wochenende wurde eine neue Fußball-Bundesliga „aus der Taufe gehoben“, wie man es bezeichnen kann, wenn der Sinn des Schreibers nach dämlich-christlicher Attitüde ist. Neu ist die Bundesliga der fußballspielenden B-Juniorinnen. Diese sind in zweifacher Hinsicht bestraft, um es vorab leicht plakativ zu formulieren: Erstens geht es um Frauenfußball, besser gesagt um Fußball, den junge Frauen betreiben, zweitens geht es um Junioren und zwar um weibliche Junioren, wobei das Geschlecht bei dem Thema, auf das ich hinauswill, kaum noch eine Rolle spielt. Die B-Juniorinnen sind deshalb doppelt bestraft, weil es der Frauenfußball an sich schon schwer hat mit der öffentlichen Wahrnehmung – jaja, trotz der viel besungenen Fußball-WM im eigenen Lande – und die Junioren sowieso, die, traditionell muss man fast sagen, kaum beachtet werden. Selbst die A-Juniorenteams der bekannten Fußballclubs, die Millionen von Euro in den Spielbetrieb ihrer sogenannten ersten Mannschaften stecken, die fast immer mit dem Vereinsnamen, manchmal sogar nur mit dem Namen der Stadt, in der sie beheimatet sind (da echauffierte ich mich bereits in einer früheren Kolumne darüber), gleichgesetzt werden, also selbst die Juniorenteams dieser Vereine werden bestenfalls am Rande wahrgenommen. Die Trainer dieser Junioren-Teams verstehen sich oft nicht als Leiter einer unabhängig-eigenständigen Mannschaft, sondern als Zulieferer leistungsfähiger Kicker an die erste Mannschaft. Das ist menschlich verständlich, krebsen viele Vereine doch entweder sportlich oder finanziell so am Abgrund (menschlich manchmal auch), dass aus den Vorständen nur noch Schulterschluss- und Gürtelengerschnallen-Rhetorik kommt. Da hätte man es als Juniorentrainer natürlich schwer, eine eigenständige Mannschaft mit eigenen Zielen zu präsentieren. Die Vorstände nehmen übrigens trotzdem nur selten sogenannte „Eigengewächse“ in ihre ersten Mannschaften auf, sondern kaufen lieber für viel Geld Kicker aus der Fremde, die den Verein kaum kennen und manchmal nach einem halben Jahr schon wieder weg sind.
Ob es auch bei den B-Juniorinnen und deren Bundesliga zu dieser Entwicklung kommen wird (A-Juniorinnen-Fußball wird kaum gespielt, das nur als Zusatzinformation) steht noch in den Sternen. Profi-Fußballerinnen gibt es in Deutschland nicht viele und nur in der 1. Bundesliga. Dazu eine kleine Anekdote: Kürzlich fand die erste Runde des DFB-Pokals der Frauen statt, dieser Wettbewerb ist analog zum DFB-Pokal der Männer aufgebaut, Finale ist allerdings in Frankfurt. Ich wollte vorab über ein Spiel berichten, bei dem eine Mannschaft aus der 2. Bundesliga der Frauen und eine Mannschaft aus meiner Region (4. Liga von oben) gegeneinander spielen. Ich kontaktierte also die Pressestelle des Bundesligavereins (der eine Herren-Mannschaft in einer oberen Fußball-Liga haben), per unpersonalisierter Email. Ein Name oder eine Telefonnummer des Pressesprechers war auf deren Internetseite nicht vorhanden. In dieser Email stellte ich mich bzw. mein Anliegen kurz vor, schilderte alle Daten (Pokal, Datum, Mannschaften etc.) und bat um einen kompetenten Ansprechpartner für ein Statement und vielleicht ein Pressefoto, mit denen ich dann meinen Artikel aufhübschen würde. Die Antwort kam recht schnell und der Pressesprecher antwortete mir, ich müsse mich irren, die Mannschaft spiele am soundsovielten gegen eine andere Mannschaft. Da wurde mir klar: Ich hatte in meiner Mail zwar alles detailliert geschildert, aber mir erlaubt nicht zu erwähnen, dass es sich um Frauenfußball handelt. Er redete von der Herrenmannschaft und konnte oder wollte die Daten nicht korrekt zuordnen. Nun gut, ich rief dann an (Namen und Telefonnummer des Pressesprechers hatte ich ja jetzt) und wollte dem Herrn Pressesprecher die Chance zu geben, sein Missverständnis auszubügeln. Ich sagte zuerst, dass ich von der Richtigkeit meiner Daten überzeugt sei, aber der Groschen wollte und wollte bei ihm nicht fallen, schlussendlich musste ich, ein hunderte von Kilometern entfernt arbeitender 08/15-Sportjournalist ihn darüber aufkären, dass die (hochklassige!) Frauenmannschaft seines Vereins, für deren Öffentlichkeitsarbeit er 100%ig zuständig war, am DFB-Pokal teilnahm. Das war ihm übrigens überhaupt nicht peinlich. Immerhin versprach er, sich um ein Pressefoto und einen kompetenten Ansprechpartner zu bemühen. Das tat er dann auch und schickte mir am nächsten Tag Name und Telefonnummer des Trainers (der sehr nett und kooperativ war) , aber Pressefoto von dieser Bundesliga-Mannschaft seines Vereins gab es keines (sic!). Ich darf darauf hinweisen, dass die Pressesprecher der Vereine bis runter in die vierte Liga (der Männer) festangestellte Vollzeitarbeiter sind und keine Ehrenamtlichen, die diese Aufgabe neben ihrem „normalen“ Beruf ausüben.
Ich will allerdings fair sein, ich kenne auch eine Pressesprecherin eines Vereins, die ausschließlich für den Frauen- und Mädchenfußball dieses Clubs zuständig und eine kompetente Ansprechpartnerin und fleissige Schreiberin sehr brauchbarer Pressemitteilungen ist. Es geht also doch, man muss es nur wollen.
Ansonsten trifft man jedoch in den Pressestellen dieser unserer tollen Fußballclubs auf eine Ignoranz und ein Nichtwissen darüber, was die Frauenmannschaften gerade treiben, die darauf schließen lassen, dass Herren- und Frauenfußball, abseits der Budgetunterschiede, in diesen Vereinen keineswegs gleichgestellt sind.
Nun, um auf die neue B-Juniorinnen-Bundesliga zurückzukommen, die Verantwortlichen haben diese Liga nicht geschaffen, um mehr Öffentlichkeit zu bekommen. Das mag ein gern mitgenommener Nebeneffekt sein, sofern er hier und da eintritt (ich jedenfalls habe über das Thema schon mehrfach geschrieben). Mutmaßliches Hauptanliegen ist es, den Mannschaften die Möglichkeit zu geben, auf hohem Niveau gegen andere Teams, die sich auf Augenhöhe befinden, zu spielen. Daneben „kommen sie rum“, lernen andere Vereine und deren Bedingungen kennen und treten mit Tugenden wie Sportsgeist, Mannschaftsdenken, Eigeninitiative u.ä. in Kontakt, währenddessen ihre gleichaltrigen Freundinnen ihr Facebookkonto pflegen und das erste Handtäschchen shoppen. Schlecht kann ich das nicht finden, deshalb wünsche ich der Deutschen B-Juniorinnen-Bundesliga alles Gute, der Start am letzten Wochenende war schonmal nicht allzu schlecht: Neben Kantersiegen gab es auch knappe Entscheidungen, auf jeden Fall fielen viele Tore und die Zuschauer haben sich weder geprügelt noch mit gefährlichen Feuerwerkskörpern um sich geschmissen. Was will man mehr.
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
Ich habe mir, nachdem ich deine Kolumne gelesen habe, mal spaßhalber die aktuelle Ausgabe des Clubmagazins meines Lieblingsvereins geholt.
Die 92 Seiten teilen sich darin wie folgt auf:
Werbung: 31 Seiten
Profi-Mannschaft Herren: 20 Seiten
Internes, Redaktionelles: 12 Seiten
Gegner der Profi-Mannschaft Herren: 10 Seiten
Fans: 10 Seiten
Jugendmannschaften (männlich) (U21,U19, U17) : 4 Seiten
Statistiken, Spielpläne, etc.: 4 Seiten
Profi-Mannschaft Damen: 1 Seite
Bei den Damen wird die U 17 nur erwähnt, weil 3 Spielerinnen den Sprung in die Profimannschaft geschafft haben. Ansonsten ist von Damen-Jugendmannschaften nichts zu lesen.
Damit bleibt festzuhalten, dass auch im internen Ansehen der Proficlubs selbst der Damenfußball nur ein Schattendasein führt.
Ich würde mich allerdings köstlich amüsieren, wenn die Damen vor den Herren (wieder) den Sprung in die 1. Bundesliga schaffen würden.
Eine bundesweite Liga für B-Juniorinnen hat es in der Tat schwer. Sie wird kaum beachtet und ist wahrscheinlich in finanzieller Hinsicht ein dickes Minusgeschäft, so dass eigentlich viel Enthusiasmus vonnöten ist, an dem es oft in männlich dominierten Vereinen fehlt.
Vor Ort fand gerade auch ein DFB-Pokalspiel der erwachsenen Frauen statt, dass der örtliche Viertligist gegen den Bundesliga-Aufsteiger aus Gütersloh erwartungsgemäß klar verlor. Das ausgegeben Ziel, nicht zweistellig zu verlieren, wurde jedoch erreicht, so dass der Trainer laut Artikel im Lokalblättchen mit dem 0:8 zufrieden war. Die Möglichkeit, das Spiel gewinnen zu können, wie es bei den Herren etwa dem Viertligisten Berliner AK gegen den etablierten Bundesligisten aus Hoffenheim gelungen ist, wurde überhaupt nicht in Betracht gezogen, was zeigt, dass die Leitsungsdichte im Frauenfußball wesentlich geringer ist als bei den männlichen Kollegen.
So ist es ein wünschenswerter, jedoch schwieriger Spagat, den Frauenfußball auf Vereinsebene weiter zu verbessern.
Anders gesagt/gefragt: Hätte die 1. Herren-Fußballmannschaft der TSG 1899 Hoffenheim auch gegen einen Kreisligisten verloren?
Übrigens hat der Text Absätze, wenn's anders aussieht, liegt es am Browser, außerdem kann und will ich nur Absätze machen, wo auch Gelegenheit ist und nicht einfach nur um der Absätze willen. Ein Text, der den Anspruch hat, flüssig und wie aus einem Guss zu sein, hat per se natürlich wenig(er) Absätze.
Blachkheart Clubzeitungsanalyse ist erhellend. Was wir aber nicht wissen, ist: Würden die Frauenfußballer von Blachkhearts Lieblingsclub denn auch mehr Seiten füllen, wenn ihnen mehr Seiten zugestanden werden? Ich war auch mal Vereinszeitungredakteur und kann aus dieser Erfahrung heraus sagen, dass man nur mit dem arbeiten kann, was man bekommt (alles selbst schreiben geht definitiv nicht!) und wenn z.B. (fiktiv) die Damen und Herren aus der Wanderabteilung mehr und besser schreiben als die Jungs aus der 1. Kegel-Bundesliga, dann bekommen erstgenannte natürlich mehr Raum in der Vereinszeitung!
Und wies der Teufel will, ist ein 3-seitiges Interview mit einem Ehepaar drin, das sich ehrenamtlich in der Betreuung der von mir genannten U 17-Frauenmannschaft engagiert.
Für mich sieht das so aus, als könnten sowohl Frauen als auch Jugend mehr Seiten füllen, wenn sie auch etwas anzubieten hätten.
Womit wir bei dem wären, was du auch sagtest. Anscheinend ist dem nicht so, also gibt es auch weniger Seiten.
Aber ich fand es interessant, das Clubmagazin mal mit anderen Augen durchzublättern. Hätte ich ohne deine Kolumne wohl nicht gemacht.
vielen Dank für Deine Liste, ich habe gerade eben alles (hoffe ich doch nun inständig!) korrigiert...
Mein diesdonnerstäglicher Kolumnentext ist eine Paradebeispiel dafür, dass man die Fehler im eigenen Text nicht sieht und überliest, weil man ja im Kopf die "richtige" Version hat und nicht jungfräulich herangehen kann. Vielleicht sollte ich mir für künftige Kolumnentexte einen kompetenten Gegenleser suchen.
Bei Nummer 20 bin ich mir auch nicht ganz sicher, ich lasse es mal so stehen für's Erste. Zu Nr. 19, dem Schlusssätzchen: Ich will mich nicht auf irgendeine diffuse künstlerische Freiheit berufen, aber ich habe mit voller Absicht auf das Fragezeichen verzichtet, um auszudrücken: Das steht gar nicht zur Frage, weder tatsächlich noch rhetorisch, sondern ist (fast) Fakt, etwa im Sinne von: Mehr kann man nicht verlangen, das ist gut so.
Wenn Du oder irgendwer Frauenfußball unterstützen möchte, so ist das ganz einfach: Hingehen. Zum nächsten Spiel ist es sicher nicht weit, meistens sind die Spiele an einem, ich zitiere aus Wupperzeits heutigen Kolumne, "öden Sonntag".