Ich bin ein Stück Butter.

Bericht zum Thema Alltag

von  pArAdoX

Ich rauche. Nehme einen Schluck. Schau dich an, schau dir ins Gesicht. Oh Gott, du bist so verdammt schön. Ich muss abaschen. Ein Herr mit Schirm und grüner Jacke läuft an uns vorbei. Er sieht grimmig aus, wer weiß, was der heute schon hinter sich hat. Wer weiß das schon. Ich schaue ihm hinterher, er humpelt leicht. Vielleicht ist er ausgerutscht, es regnet heute ja so stark. Ich ziehe an meiner Zigarette und nehme noch einen Schluck Kaffee. Was hast du gesagt?
Ich bin anders - irgendwie?
Nunja, du auch, denke, aber sage ich nicht. Der Kaffe ist viel zu heiß, man sollte das verbieten,
die Leute verbrennen sich reihenweise die Zungen. Das kann nicht wahr sein. Ich asche ab. Fahre mit meinen Augen über dein  Gesicht. So schön bist du, mein Schatz. Könnte anfangen zu weinen. Kennen Sie das? Wenn man anfängt zu weinen, weil etwas so schön aussieht? Bei Sonnenunter- oder aufgängen zum Beispiel. Das muss ich oft weinen, da fühle ich mich so.. nunja,so wie jetzt gerade. Obwohl du noch schöner bist. Ich drücke meine Zigarette aus und stehe auf. Brauche einen neuen Kaffee. Kann meinen Blick kaum von dir abwenden und laufe gegen eine Frau, entschuldige mich und gehe weiter zur Theke. Das war eine sympatische Frau - zumindest sah sie so aus. Nettes Gesicht, nettes Lächeln. Sie sah aus, als würde es ihr gut gehen. Ich hoffe es; es sollte allen Menschen gut gehen. Warum eigentlich mir nur nicht? Und ihr nicht? Ich verstehe das nicht. Ich sehe im Blickwinkel, wie du mich beobachtest. Es tut gut, das zu spüren. Das ist immer so, als würdest du alles an mir lieben. Die Art, wie ich gehe, wie ich mit Leuten spreche und wie andere beobachte. Mein Geruch, meine Stimme, mein Atem. Einfach alles. Schwarzer Kaffe. Eines der besten Dinge, die es gibt und das beste Getränk, was ich kenne. Ich nehme einen Schluck und zünde mir eine neue Zigarette an. Das tut gut. Kaffe und Zigaretten. Du fragst mich, warum ich plötzlich so bin, wie ich bin und ich weiß keine Antwort. Kann dich nur anstarren und würde gerne sagen, wie sehr ich dich liebe. Aber das geht jetzt nicht. Ich asche ab. Ich solle doch endlich etwas sagen, flehst du mich an. Ich trinke einen Schluck. Merke, wie mir Tränen in die Augen steigen, doch ich weiß nicht, warum. Es ist nichts, doch das kann ich dir nicht entgegegnen, dann klatscht du mir eine. Ich drücke die Zigarette aus.


Ich zerlaufe, Schatz. Ich bin ein
Stück Butter.
Es ist zu heiß, einfach zu heiß hier
drin. Hol' mich raus, mach, dass es
kalt wird. Bitte. Will wieder in einen
festen Zustand, Schatz. Ich bin ein
Stück Butter."

Du schaust mich erstarrt an und brichst nach sekundenstille in Gelächter aus. Ich kann nicht lachen. Ich stecke mir eine neue Zigarette an und trinke meinen Kaffe aus. Da ist ja wieder der Mann mit Schirm. Jetzt humpelt er nicht mehr.


Anmerkung von pArAdoX:

entstanden: Mai 2006

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Kommentare zu diesem Text

Maharet (25)
(14.07.06)
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 pArAdoX meinte dazu am 17.07.06:
ui, vielen, vielen dank, maharet...
nebelraser (18)
(17.07.06)
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 Dieter_Rotmund (20.12.19)
Mir persönlich gefällt der Stil nicht, ist aber konsequent umgesetzt. Im Mittelteil etwas verplappert, dort würde ich straffen.

P.S.: Wieso der Zeilenumbruch nach "verbieten"?

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 21.01.22 um 16:42:
Hallo?
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