Was ist schon Zeit in diesen Momenten, wo man nachdenkt und sich in ihnen ergibt? Wo man hoffnungslosen Schimmern nachzueilen versucht um vielleicht doch noch klare Existenz zu erlangen in einem System aus Monotonie und Selbsthass? Was ist dies, nur einmal zu begreifen die Situation in der man sich befindet, wenn man doch nur ein Gehirn zum Nachdenken hat und doch nicht die Intelligenz, um es auch nur annähernd begreifen zu können? So viele Fragen die sich durch die nimmer endenden Gehirnwindungen schlängelten, die sonst voller Ideen mit ihren hellen Geistesblitzen waren. Doch herrschte nur Dunkel dort, so wie um ihn herum nur Dunkel herrschte. War es Zufall, war es gewollt, war es ein Traum... nein, es war Realität. Eine Realität die ihn gezwungenermaßen an ihre schmerzende Wahrheit kettete, die ihm mit vollen Zügen den schlechten Atem der Niederlage ins Gesicht blies. Er war verloren, für diesen Moment, für jeden Augenblick, für immer... Er kann sich nicht erinnern an die Dinge die geschahen, nur das eine war ihm bewusst und auf ewig mit züngelnden Flammen eingebrannt, es war zu spät. Zu spät für jeden Gedanken an Flucht, zu spät für Reue an ungetane Dinge, zu spät für Absolution, es herrschte nur Dunkelheit und dieses Gefühl das sich durch Fleisch und Knochen wie eine Made fraß. Stille, nur seinen eigenen Atemzügen konnte er noch lauschen, in dieser ungewohnten Umgebung, die so voller Dunkelheit war das sein Körper ihn nötigte in stetiger Müdigkeit zu versinken. Hunger grub sich tiefer in seinen Magen, wie ein Dolch der hungrig nach seinem Blute dürstete, nur der Durst ward gestillt in den süßen Tropfen die in der Dunkelheit seine Lippen netzten... Und immer wieder fragte er sich wie er hierher gekommen war, wo er war und doch verstummten die Fragen wie seine Stimme in der tiefen Dunkelheit... Er versuchte seine Beine zu bewegen, doch sie schienen seinem Gehirne nicht Folge leisten zu wollen, es schien als sei er vom Becken an gelähmt. Seine Hände waren fest an seinen Körper gepresst, jeder Versuch sie zu bewegen war hoffnungslos zum Scheitern verurteilt. Angst machte sich breit in seinen Gedanken, die nun viel schneller durch die Gehirnwindungen rauschten als es ihm innerlich behagte, denn Panik war ein unangenehmes Gefühl. Er hatte eigentlich noch nie Angst im Dunkeln gehabt, aber jetzt schien ihn alles aufzufressen was er einmal für diese Form des Zustandes empfunden hatte. Die Zeit schien ihn festzuhalten in ihrem Netz aus Hoffnung und Verzweiflung, sein Herz begann zu rasen, sein Blut schoss schneller durch die Adern, sein Hals pochte unter der starken Blutzufuhr. Nur leise hörte er es unter sich plätschern, Tropfen die zum Boden fielen und dort in einen See zu fallen schienen. Denn ein Echo von Wasser drang an seine Ohren und er wurde gewahr das sein Standpunkt nicht am Boden, sondern irgendwo höher angesiedelt sein musste. Ein leichter Hoffnungsschimmer entflammte in seinen Gedanken, irgendwo musste er diesen Ort doch verlassen können. Er wand seinen Körper mit aller Kraft und versuchte seine Gliedmaßen zu bewegen, doch keine Bewegung schien ihn aus dem Netz der Zeit zu befreien. Doch er schien sich zu bewegen, wie auf einer Hängematte schwang sein Leib hin und her und dann hörte er sie... Ein Geräusch das sich wie die Angst in seine Seele brannte, ein Geräusch das ihn fast um den Verstand brachte... Seine Hirnwindungen begannen zu pulsieren. Langsam öffneten sich seine verklebten Augen.Sie waren nicht offen, wie er eigentlich dachte. Im schummrigen roten Licht konnte er die gellenden Alarmsirenen hören... er wurde wach... sein Gehirn begann zu begreifen. Und je mehr er verstand desto panischer wurde er, denn dies hier war das Labor. Das Labor für Experimente an seltenen Lebensformen, an Getier das sich sonst nur im Dunkel der Welt verborgen hielt. Injektionen, Sezieren, untersuchen, verbrennen... das alles unter den Augen der großen Gesellschaft, die gerne verschwieg was in ihren Mauern geschah. Seine Sinne spürten die Gefahr, sein Blick schweifte durch die schummrige Halle und sein Atem stockte als er sich in einem riesigen Netz gefangen sah. Er versuchte den Kopf zu bewegen und er erblickte seine Kollegen, die ebenfalls in Blutdurchweichten Netzen um ihn herum hingen. Ihre Köpfe schienen zertrümmert zu sein und aus ihnen tropfte die Flüssigkeit zu Boden, die noch vor kurzem so süß seine Kehle hinab gelaufen war. Jetzt erst nahm er den Gestank von unten wahr, dort erstreckte sich ein See aus dem Blut, das in Strömen von oben hinabgelaufen sein musste als das „Unbegreifliche“ die Köpfe wie Nüsse knackte und das Innere genüsslich ausgeschlürft haben musste... Er schaute an sich herab und verstand nun warum er so oft geschlafen hatte und warum er kein Gefühl mehr in seinen Gliedmaßen mehr hatte. Seine Arme waren eingesponnen in das Netz und abgedrückt, so das kein Blut mehr durch sie fließen konnte, an einigen Stellen begannen sie schon langsam zu verfaulen. Seine Beine in denen er keine Gefühle mehr hatte waren nicht mehr vorhanden, aus den Stümpfen tropfte das Blut zu Boden... der starke Blutverlust hatte ihn ins Delirium geschickt, er wünschte sich das er schon beim ersten Angriff gestorben wäre. Langsam öffnete sich in der Ferne eine Tür, ein riesiger Schatten trat in den Raum, ein Summen ging von ihm aus, es kam ihm bekannt vor. Ein Licht ging an im Kontrollraum, dort sah er sie stehen, jene die sonst immer seine Arbeit begutachtete. Die Frau trat an das Mikrophon und man hörte sie in den knisternden Lautsprechern: „Sie wissen gar nicht, was sie der Wissenschaft für einen Dienst geleistet haben Doktor, mit ihrer Entdeckung können wir endlich unsere Pläne in die Tat umsetzen. Stellen sie sich vor, die ganze Welt in unserer Hand, jeder folgt Willenlos jedem Befehl. Wir haben endlich eine Möglichkeit gefunden das Gehirn der Menschen unter Kontrolle zu bekommen, das war schon immer das Ziel unserer Untersuchungen! Bitte nehmen sie es uns nicht übel, das wir ihre Entdeckung leider vernichten müssen, da sie uns gewissermaßen ein wenig über den Kopf gewachsen ist. Wir haben bereits eine Möglichkeit gefunden sie auch in winzigem Maße zu züchten. Sie hätten unseren „Kleinen“ nicht so oft füttern sollen...“ Sie lachte, es war ein grausiges Lachen. Es erinnerte ihn an die Zeiten als er noch Student war und versuchte den Professoren von seinen Ideen und Vorstellungen erzählen. Sie hatten ihn damals auch alle nur ausgelacht. Jetzt hatte er es endlich geschafft, aber lange könnte er diesen Sieg wohl nicht mehr auskosten in seiner Lage. Er wusste das er nie für seine wissenschaftlichen Forschungen geehrt werden würde, denn er hatte ein Monster auf diese Welt losgelassen, ein Monster das fähig war sich die Welt zu unterjochen, auf Gedeih und Verderb. Und er wusste das diese Welt in ihren letzten Atemzügen lag, friedlich schlafend und unschuldig wie ein Kind das noch nie Schmerz oder Leid gespürt hatte... Ihr Lachen verstummte bittersüß... „Doktor, sie sind wirklich ein Genie. Zu schade das sie diesen Triumph nicht mehr miterleben können...“ Sie machte eine kurze Pause, es erschien ihm als wolle sie die explosive Stimmung auf ein Höchstmaß treiben. Auf ein Höchstmaß das ein schwaches Herz kaum ertragen könnte. Es pochte wild in seiner Brust, das Blut schlängelte sich in Sturzbächen durch den mitgenommenen Leib und tropfte selig sanft weiter in den See unter ihm hinein...“Was haben sie verdammt noch mal vor? Kommen sie lieber her und helfen sie mir. Ich lebe noch und ich habe vor auch noch viele weitere Jahre zu leben!!!“ Seine Stimme schien geradezu durch die Hallen zu donnern... Sie lächelte höhnisch und erneut hörte man ihre Stimme erschallen: „Doktor, ich glaube sie haben immer noch nicht begriffen worum es hier geht, oder? Sie haben eine geniale Entedeckung gemacht, eine Entdeckung die in diesem Ausmaße allerdings eher tödlich als nützlich ist! Sehen sie sich doch um, schauen sie in die Gesichter der Menschen die um sie waren, ihre Mitarbeiter. Sie sind alle tot! Ihre Augen sprechen von Angst, von Panik, in den letzten Minuten ihres Lebens haben sie sie verwünscht Doktor! Sie haben all ihre Gedanken und ihre Wut auf sie konzentriert, denn sie haben sie in diese Lage hineinmanövriert. Sie haben das Experiment ausarten lassen zu einer Manie aus Eifer und Selbstbeweihräucherung, sie haben „ES“ zu dem gemacht was es ist. Sie konnten einfach nicht aufhören, obwohl ihnen von oben bereits mehrfach befohlen wurde das Experiment zu beenden, da wir eine Möglichkeit gefunden hatten es in kleinerem Maße zu züchten. Ihr Stolz, ihr Eifer und ihre Ignoranz haben es doch erst zu dieser Situation gebracht. Nun können wir das Experiment auf ihrer Seite nicht mehr verantworten, wir müssen die Kreatur vernichten! Aber bevor wir dies tun, müssen leider auch alle Mitwisser beseitigt werden, alle die an den Experimenten teilgenommen haben. Doktor, es ist wirklich schade ausgerechnet ein Talent wie sie zu verlieren, aber wie sagt man so schön: Jeder Mensch ist ersetzbar!?“ Sie lachte und damit verstummte die Stimme im Lautsprecher krachend. Sie stand immer noch da und schien auf irgendetwas zu warten... Seine Konzentration war die ganzen Zeit so auf den Kontrollraum gerichtet das er völlig den Schatten vergaß der sich in sachtem Schleichtempo auf ihn zu bewegte. Es wand sich die Wand hinauf und erst als es das Netz betrat und es unter dem Doktor zu schwingen begann, bemerkte er die Anwesenheit seiner Kreatur. Es war ein misslungenes Experiment, ein Wurm der sich von den Gedanken und Gefühlen anderer Lebewesen ernährte. Ein Prachtexemplar, aber auch sehr groß und nicht zu bändigen, deshalb konnte es sich auch aus dem Raum befreien in dem es gepflegt wurde. Seine Netze waren fester als jedes gewundene Seil, seine Zähne spitz und der Kiefer kraftvoll wie von keinem anderen Wesen dieser Welt. Das Ritual seiner Ernährung war kurz aber sehr schmerzvoll für das Opfer, der Wurm zerbiss mit seinen spitzen Zähnen den Kopf und saugte jede Information aus dem Gehirn wie ein Vampir das Blut aus den Adern. Der Doktor blickte seine „Schöpfung“ an, sein Körper zitterte wie eine Motte in ihren letzten Zuckungen. Der Wurm biss sehr schnell zu, vielleicht weil er den Doktor kannte, vielleicht aber auch um sich von seinem winselnden Anblick zu befreien. Die Schreie des Doktors gellten bestialisch durch das Labor... Stille... Sie lächelte zufrieden und ging zufrieden zur Tür. Sie betätigte einen Schalter und augenblicklich erloschen die Lichter im Kontrollraum. Es war wieder tiefste Dunkelheit und es schien, als wäre nie etwas geschehen... Die Tür schloss sich polternd und dann hörte man ihre Stöckelschuhe, die auf dem Marmorboden der unendlichen Gänge des Labors langsam in der Ferne verhallten. Zurück blieb nur das Untier, welches satt und stillschweigend den vereinzelten Tropfen lauschte, die von weit oben in die riesige Blutlache am Boden fielen...
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