wenn dich dieser Brief erreicht, werde ich dem Wahnsinn ein Stück weiter anheimgefallen sein. Das mag nichts neues für Dich sein, die Manifestation ist jedoch nun auch bald für andere sichtbar.
Die letzten Wochen waren hart, die Worte haben sich in meinen Fingern festgesetzt, entzündlich, verflammt, tief.
Ich streiche Salbe aus frischem Froschleich darauf und telefoniere täglich mit meinem Arzt wegen einer Amputation. Noch versucht er mich zu behandeln - bald wird er - wie auch du vor Beginn deiner Reise - begreifen, dass ich unheilbar bin.
In allem was ich tue.
In meiner Liebe zu den Worten, meiner Verbundenheit zu Dir, meiner Sehnsucht, meinem Hass.
Es ist ermüdend mit zwei Fingern zu schreiben, es eignet sich nicht für Märchen, Träume, nicht einmal für einen wissenschaftlichen oder kulturästhetischen Aufsatz - oder Erguß, wie du es sicherlich nennen würdest.
Für dich sicherlich eine Erleichterung, nur ein Brief, kein Roman, der sich in allen Einzelheiten um jede Kleinigkeit rankt und Dich mit meinen Gedanken in Berührung bringt.
Ich schreibe Dir nun nichts von dem Schmerz, selbst er ist eindimensional geworden, da ich ihn nicht ausdrücken kann. Ich lerne Orangen schälen mit einer Hand, ich vertage das Augenauskratzen auf später und meine Karriere als massenmordene Puppenmutter habe ich auch für eine Zeit zum Staubsauger in den Schrank gestellt.
Es ist ein stillere Leben, ein amputiertes.
Selbst der Wahnsinn schmeckt nicht mehr wie früher, kein frisches Gras an Cranberrysosse, kein Abgrund mit Flügeln aus Papageienfedern. Ich begrabe selbst die Mottenleichen, die um mich herumfallen nicht mehr in kleinen blauen Holzsärgen, ich verschenke keine Puppenaugen mehr.
Ich bin stillständig geworden. Nur meine Gedanken verankern sich weiter und weiter, von den Worten in die Knochen.
Es wird Zeit dass Du heimkehrst, bunte Bilder auf meine Haut sprichst, mir von deinen Frauen erzählst...
Ich werde dir nicht antworten können, weil meine Hände keine Zeichen mehr übrig haben.
Ich verstumme.
Vielleicht fühlst Du Dich dann erhört.
Zum Küssen brauche ich keine Hände, zum Lesen brauchst Du keine Handzeichen...
ich verbleibe in der Nähe
Deine Schweigende
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Kommentare zu diesem Text
Data-LAB (37)
(20.04.08)
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