Westhafen

Erzählung

von  Mutter

Gerade als ich das Gespräch beende, kommt Molly aus ihrem Zimmer. Ist fertig mit dem Hardware-Befingern. Sie trägt eng anliegende, blaue Sweatpants, die ihre langen Beine hervorheben, und ein graues Tanktop, das ein kleines bisschen flachen Bauch aufblitzen lässt. Sie steht am Fenster, geht mit mir in groben Zügen durch, wie sie sich den Job morgen vorstellt. Könnte sie sich sparen – sie nennt keine Orte, keine Namen. Tut, als sei das hier ein Team. Ich bin bloß der Wasserträger.
Nicke brav, brumme ab und zu etwas, das wie Zustimmung klingen könnte. Genieße den Ausblick. Sehe mir an, wie sie sich bewegt, unbewusst das Kreuz durchdrückt, als will sie mir ihre Titten anbieten. Betrachte ihre langen Beine, die in dem engen Stoff länger aussehen als sie dürften.
Denke darüber nach, wie sie sich wohl anfühlt. Ich mag es, mit sportlichen Frauen ins Bett zu gehen. Stehe auf Körperspannung - ihre und meine.

Nachdem sie sich verabschiedet hat, bemerke ich, wie unbequem ich da auf dem Sofa sitze. Ich rutsche hin und her, versuche, meinen Ständer in eine bequemere Position zu bringen. Zehn Minuten einer Quiz-Show entheben mich meiner körperlichen Not, verdrängen jeden Gedanken an die kleine Schnitte aus Belfast. Schlechtes Fernsehen ist so wirksam wie eine kalte Dusche.
Die nächsten paar Stunden schaue ich im Fernsehen irgendwelchen Quatsch und trinke zwei Flaschen Mineralwasser.
Erst dann wird mir mein Fehler bewusst: Das Bad ist en suite. Ihr Zimmer, ihr Bad.
Unruhig gehe ich auf und ab, versuche, meine volle Blase zu ignorieren. Die Nacht zu überstehen kann ich vergessen.
An ihre Tür zu klopfen kommt auf keinen Fall in Frage.
Ich könnte draußen auf dem Gang nach einer Toilette suchen gehen. Meinen Schützling alleine lassen.
Was für ein beschissener Passmann geht aufs Klo, statt auf Posten zu bleiben? Ich habe keine echte Alternative - kann nicht mal in eine Vase pissen, aus Angst, sie macht die Tür auf.
Ich halte noch fünf Minuten aus, dann gehe ich auf den Gang. Orientiere mich kurz, laufe zwanzig, dreißig Meter, um eine Ecke, finde das Männerklo.
Wenig später bin ich zurück in der Suite – ihre Tür ist noch zu. Ich lande zurück auf der Couch, widme mich erneut meinem ätzend langweiliges Fernsehprogramm.
Nach einer weiteren Stunde haue ich mich hin, zusammen gekrümmt auf dem zu kleinen Sofa. Hatte Collie nicht angedeutet, sie könne Sex wollen? Könnte ich in einem ordentlichen Bett schlafen. Ein akzeptabler Preis, Ärger hin oder her.
Sieht nicht aus als hätte sie Bedarf.

Ein paar Stunden später kommt sie ins Zimmer, ätzend gut aufgelegt. Zieht die hellen Vorhänge auf und gibt mir noch mal Gelegenheit, ihren Hintern in den Pants zu bewundern. Gott-sei-Dank bin ich zu groggy für eine Morgenlatte, und ich kann mich ohne Umschweife aus der Überdecke quälen.
‚Siehst du morgens immer derart Scheiße aus, oder bloß heute?’, meint sie mit einem Augenzwinkern, bevor sie in ihrem Zimmer verschwindet. Die sarkastische Bemerkung verkneife ich mir – fühle mich ihr so früh noch nicht gewachsen. Noch weniger gewachsen.
Ich warte, bis sie uns das Frühstück bringen, und schlüpfe dann ohne zu fragen durch ihr Zimmer ins Bad. Wenn sie denkt, ich würde ihre Erlaubnis brauchen, hat sie sich geschnitten.
Ich mache mich frisch. Wenn der Job noch länger dauert muss ich mir frische Klamotten besorgen. Mein Stöhnen wird vom kalten Wasser in meinen Händen geschluckt.

‚Isst du nichts?’
Ich schüttele den Kopf, leere meine Kaffeetasse in einem heißen Schluck und schnappe mir einen Apfel aus der Obstschale.
‚Geht’s los?’, will ich im Gegenzug wissen. Sie nickt.
Sie verschwindet im Zimmer, um wenig später in Baggy Pants und Kapuzenshirt aufzutauchen, den Metallkoffer in der Hand. Ich bin von ihrer Schnelligkeit gebührend beeindruckt. Make-Up fällt offensichtlich aus, wenn Leute umgebracht werden sollen.
Sie nickt mir zu, und ich bringe uns nach draußen. Den Flur entlang, zum Aufzug. Unauffällig mustere ich jeden, der uns begegnet. Den Bellboy mit seinem kleinen Karren, die Maid in ihrem adretten schwarzen Kleid und das ältere Ehepaar, das wortlos mit uns den Aufzug ins Foyer nimmt. Wenn uns jemand an den Karren fahren will, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt. Mich macht nervös, dass die Sache mit dem Hausboot noch ungeklärt ist. Wer oder was hat den Bewohner verschwinden lassen? 
Das Ehepaar steigt aus, er mit einem stummen Nicken Richtung Molly. Weiß, was sich gehört. Sie bemerkt mein Grinsen und verzieht das Gesicht. Die Türen schließen sich und kurz darauf sind wir in der Tiefgarage.
Wenn es mein Job wäre, zwei Iren auseinander zu nehmen, würde ich uns hier den Arsch aufreißen. Keine Sau da, ein paar Kameras: Es dauert bestimmt ewig, bis Hilfe eintrifft.
Entsprechend nervös sehe ich mich auf dem Weg zum Wagen dauernd um. Molly scheint entspannt, kratzt sie alles nicht.
Ich fühle mich wie ein VIP-Bodyguard, der auf den Stalker wartet - das Starlet denkt bereits über ihren Auftritt nach.
Sie verstaut den Koffer hinten drin. Ob sie den restlichen Kram komplett am Körper trägt? Magazine, Munition, Handfeuerwaffen – alles unter den losen Klamotten versteckt? Ich wäre beeindruckt.
Zum x-ten Mal auf einem Job denke ich darüber nach, warum ich diese Scheiße immer unbewaffnet mache.
Ich war nie gut im Schießen. Keine völlige Niete, aber nicht der Typ Scharfschütze. Und ein Quäntchen Stolz ist ebenfalls dabei. Habe so ein Ding nie gebraucht. In den schlimmsten Fällen bringt wer anders eine Wumme mit, die man sich schnappen kann.
Als sie einsteigt, werfe ich ihr einen Seitenblick zu. Versuche zu erahnen, wo ihre Hardware steckt. Für den Fall dass ich da ran muss. Hinten im Hosenbund, nehme ich an.
Wir gleiten vorsichtig durch das Parkhaus. Noch ist es nicht vorbei, noch sind wir nicht aus der Zone.
Erst als die Nase vom Seat hinter der Auffahrt nach unten kommt, wir aus der geschwungenen Ausfahrt rollen, entspanne ich meine Schultern.
Massig Gelegenheiten für Miss Undercover witzige Bemerkungen zu machen, aber sie hält die Klappe. Eventuell ist sie nicht so entspannt, wie es aussieht.
‚Wohin?’
‚Wedding. Nähe Westhafen.’
Ich nicke und fädele uns nach links ein, Richtung Norden.


Anmerkung von Mutter:

*edit: Habe jetzt mal die pre-Ständer-Stelle am Anfang etwas ausführlicher gestaltet.

**edit: Anna-Stellen ausgebügelt. :)
Danke.

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Kommentare zu diesem Text

Kitten (36)
(14.04.09)
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 Mutter meinte dazu am 14.04.09:
Der Corker lebt von Adrenalin, blauen Flecken und weicher Haut - wer braucht da schon Frühstück? :D

Danke schön ...
Leyla (29)
(18.04.09)
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Kitten (36) antwortete darauf am 18.04.09:
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 Mutter schrieb daraufhin am 18.04.09:
Okay, okay ... ich habe an der Stelle am Anfang mal ein Leerzeichen gesetzt. Da kommt also noch was rein. Dauert aber - wißt, ambulant und Spinale und so ...

Das 'r' geht klar - aber bei dem fehlenden Verb weiß ich nicht. Habe jetzt ein paarmal drüber gegrübelt, das umgestellt. Ich glaub,' ich lasse das erstmal so ...
Und dann einfach noch was anderes da eingefügt ... :D
Iss wie beim Aufräumen - da will man eigentlich was wegschmeißen und findet nur lauter nützliche Dinge, die man wieder reinschleppt.

Also, irgendwie ...
So'n bisschen.

Nein?

:D
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