Pfadfinder

Roman zum Thema Ausbrechen

von  Mutter

Bragos machte ihr kurze Zeit später eine erfreuliche Mitteilung: Ihr Vater hatte endlich einen Führer für sie gefunden und ihn für den späten Nachmittag zu sich bestellt.
Savena und ihre Eltern empfingen ihn wie eine Art Familienrat, der über sein Schicksal entscheiden sollte.
Eigentlich war es ihr Schicksal, was hier entschieden wurde, dachte Savena bitter.
Bragos führte einen Mann in das Zimmer, der enganliegende Kleidung aus einem Material trug, das Savena nicht kannte. Geschmeidiger als Wolle oder Leinen, aber längst nicht so weich wie Seide, schien der Stoff ungewöhnlich für einen Mann wie ihn. Er überragte ihren Vater fast um einen Kopf, und sein kurzes braunes Haar war nicht sehr vorteilhaft geschnitten. Fast so, als habe er es selbst getan.
Savena hatte erwartet, wettergegerbte Haut und andere Spuren eines Lebens im Freien in seinen Zügen zu finden, aber er besaß ein helles, offenes Gesicht, und sah überraschend jung aus. Ein bisschen erinnerte er sie an Arram.
Er begrüßte die Familie mit einer leichten Verbeugung und stellte sich als Turan vor. Savena fragte sich, wo er Erin gelernt hatte, denn er sprach mit einem ungewöhnlichen Akzent.
‚Willkommen in meinem Haus, Turan. Man hat mir versichert, dass Ihr ein guter Führer wäret, der den Weg über die Pässe in die Ostlande kennt. Ist dem so?‘ fragte ihr Vater.
Der junge Mann neigte leicht den Kopf bei dem Lob über ihn, und schien von dem möglichen Zweifel an seinen Fähigkeiten, den ihr Vater ausgedrückt hatte, völlig unbeeindruckt. ‚Ich habe die Reise in die Dynastie schon mehrere Male gemacht, und halte mich für einen guten Waldläufer.‘
Auch ohne die Benutzung des Wortes „Dynastie“ wäre klar gewesen, dass der Mann aus den Ostlanden stammte, aber sein Gebrauch hatte daran keinen Zweifel gelassen.
‚Erinikia, Land der Götter‘, tadelte ihr Vater.
Wieder neigte Turan nur kurz sein Haupt, und Savena bekam den Verdacht, dass die Geste tatsächlich nicht Demut und Übereinstimmung, sondern vielmehr höfliche Missbilligung ausdrückte.
‚Wie kommt es, dass man Euch ausgerechnet jetzt gefunden hat?‘ fragte sie, ihr Misstrauen nicht versteckend.
‚Ich mache meine Reise häufig spät im Jahr, da ich einer der wenigen Führer bin, die so kurz vor dem Winter noch über die Pässe finden. Je dringlicher die Reise, desto höher die Entlohnung des Führers.‘
Turan ignorierte, dass er mit seiner Bemerkung einiges Missfallen erweckt hatte, und fuhr fort: ‚Ich habe bereits eine Gruppe von fünf Personen. Falls Ihr Euch entschließen solltet, Euch uns anzuschließen, solltet Ihr das bald tun. Wir brechen übermorgen in aller Frühe auf, und können keinen Tag länger warten.‘
‚Welche Gefahren bedeutet der Weg für meine Tochter?‘ fragte ihr Vater und Turan sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
‚Erwartet Ihr von mir, über Möglichkeiten wie Schneestürme, Berglöwen und nasse Felsen zu reden?‘
Ihr Vater wollte zornig etwas erwidern, als Savena ihm zuvorkam. ‚Schon gut. Ich werde da sein. Wir sehen uns in zwei Tagen.‘
Wieder antwortete er nur mit einer leichten Neigung des Kopfes, und kurz darauf führte Bragos ihn wieder hinaus.
‚Ich denke, er meint es, wie er sagt, und er ist viel zu unhöflich und unbequem, um ein falsches Spiel zu treiben. Er scheint nicht gerade versessen darauf, mich mitzunehmen.‘
‚Gerade das finde ich merkwürdig‘, warf ihre Mutter ein. ‚Es bedeutet eine schöne Summe Geld für ihn, und wenn er sich nur ein bisschen in der Stadt umgehört hat, hat er von dem Kontrakt gehört. Vielleicht will er uns in Sicherheit wiegen.‘
‚Was, du meinst, er weiß von dem Kontrakt, hat aber nichts mit der Gilde zu tun?‘
Ihre Mutter schüttelte den Kopf. ‚Ich glaube nicht, dass er gedungen ist. Außerdem ist er dir empfohlen worden‘, sagte sie zu Savenas Vater gewandt. ‚Das sollte etwas bedeuten.‘
‚Also gut. Dann gehe ich mit ihm. Ich werde verrückt, wenn ich noch länger hier warte, und mit jedem Tag schwinden meine Chancen, Avuto lebend zu verlassen.‘
Sie spürte, dass beiden Eltern immer noch unwohl war bei dem Gedanken, aber sie mussten sich wohl fügen.

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Kommentare zu diesem Text

Elvarryn (36)
(15.05.09)
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 Mutter meinte dazu am 15.05.09:
Nicht wirklich - nach so vielen Jahren gibt es keinen First Draft mehr. Ich hab' immer hier und da was gehobelt ...

 Mutter antwortete darauf am 15.05.09:
So, das Zweite Gesicht iss raus ... :D

Danke.
Elvarryn (36) schrieb daraufhin am 15.05.09:
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 Mutter äußerte darauf am 15.05.09:
Klingt wie: 'Ach Scheiße, dann iss jetzt eh zu spät ... '

:D
Elvarryn (36) ergänzte dazu am 15.05.09:
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 Dieter_Rotmund (15.05.09)
Es gibt hier ein Perspektivenproblem: Einerseits will der Text auktorial sein, andererseits schwenkt er immer wieder in die Persepktive von Savena ab, was dem Text m.E. nicht guttut. Polyphonie ist so einfach nicht!

Was ist den "nen first Draft"???
Elvarryn (36) meinte dazu am 15.05.09:
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Kitten (36)
(20.05.09)
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 Mutter meinte dazu am 20.05.09:
Was meinste denn genau?
Wenn Du die verpasst hast - ich vielleicht auch? :D
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