Antwort auf deine Non-Reaktion (2005)

Text

von  Anifarap

18.Mai

14:25 Uhr

Lieber Earen.

Mein Tod war ein Spion in deinem Leben.

Habe ich dir erzählt? Mein Körper, er verlangt nach Gott. Er ist so gottbegierig. Er liebt. Das Leben, nach dem er sich sehnt.

Das ist mein Körper und seine Sucht: Das Gespür im Spüren.

Mein Herz -haha- ja, das, was du doch irgendwie versuchen wolltest, kosten wolltest, was dir viertelweise angetraut wurde, begehrt nur einen, einen König. Meinen Hunnenkönig.

Es gehört ihm. Er ist ein Teil von mir, und ich, ich bin ein Teil von ihm.

Habe ich dir erzählt? Die Tage vergehen trottelig. Sie kleben an deiner Herzprotese wie zerflossene
Marshmallows, und du kannst nichts mehr dagegen tun. Meine Seele, tja, das kranke Ding, sehnte sich doch noch stark -bis gestern- nach deinem Lieboffenbaren, um dich dann erheben zu können vom Heiligen zum Halbgott. Deine Stille hat dich verraten. Sie war dein Spion in meinem Sterben, das dich auserkoren hatte zur meiner Genesung.

Aber meine Seele, dieses alte Waschtuch aus meinen jungen Tagen, durchwirkt von Löchern, nutzlosen Schwärmereien, mit grausamen Metzeln und Kriegen, dieses hurige, dieses innig geliebte, unvollkommene Kind unter meinem Blut, heilt sich. Sie wäscht sich rein durch die Existenz eines würdigeren Wertlosen denn dich.

Nein. Du wirst nicht ausgestossen, nur auf einen anderen Sendeplatz versetzt. Einen, der dir gerecht wird.
Du hast mir schon gegeben, was du nicht wußtest. Warst Muse in meiner Leere. Du warst Überlebensmedizin. Zehrbrot und Wasser.

Aus der Ferne hast du mich gehalten. Mit Momenten, Kleinheiten, glücklich gemacht. Das ist wahr. Ja.

In einer anderen Welt, in einem anderen Leben werden wir uns zur künstlerischen Symphonie vermählen.
Aber jetzt zieh ich mein Sterben zurück, denn ich habe Leben gefunden. Leben, mehr noch. Ohne Worte.
Wortlos.

Du werd' glücklich. Oder was auch immer du dir vorstellen kannst. Voller Demut bin ich gegen dich. In
Dankbarkeit begegne ich dir. Damals. Und heute?

Habe ich dir erzählt?

Wir haben unseren Zug verpasst. Bin auf einen anderen aufgesprungen, aber wir sind noch immer auf einer Fähre. Ja, unsere Welt ist eine Fähre. Meine Wahl war nicht falsch. Sie ist Gewissheit. Seit Februar. Seit du mir, deiner Freundlichkeit gerecht werdend, ein lächelndes Geschoß in meinen Schädel jagtest. So schicktest du meinen Spion zur Göttlichkeit persönlich. Und selbst dafür muss ich mich in Dankbarkeit verdingen. Verzweifelt.

Okay, lass uns die Gefühlsduselei begraben und Freundschaft als Datei erstellen lassen.

Komm, Musiker, komm. Lass uns preisen, was uns alle in Freundschaft verbindet: Musik. Lass uns dinieren. Hole deine Freundin, ich hole meinen Geliebten. Das wird das beste Diner, von dem ich gehört habe.

Habe ich dir erzählt?

Davon, dass ich dir dein Herz genäht habe, als du gestorben bist? Nein, ich komme nicht zu dir. Nicht in dem Leben, denn du machst mich nicht glücklich. Du dientest zum Überleben...doch er, oh er ist Leben im Jetzt.
Rausch, purer Rausch. Droge. Liebe. Paradies. Abgrund. Alles. Alles ist er gerade für mich. Auch meine Angst in mir ist er.

Weißt du, ich bin froh, dass du froh bist, meinetwegen. Habe ich dir erzählt, dass ich mich wieder hole?

Spätestens jetzt beende ich dich in Liebe und beginne dich in Freundschaft.

Herzlichst,

Parafina


Anmerkung von Anifarap:

Dies ist ein Text des mehrteiligen Textes Briefe im Mai
Veröffentlicht am 24.03.2006, 1 mal überarbeitet (letzte Änderung am 26.03.2006).

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