falke

Text

von  Zeder

ich bin falke, ich wandere. nahe dem ufer des elbabschnittes wachsen ein paar halme nichts in den himmel hinauf, ich habe sie dabei beobachtet, wie sie übers jahr hinweg eine mir unbekannte kraft aufbringen, die sie in die welt treibt und wie sie dann mit kälte langsam grau werden und schließlich ist die welt schwarz/weiß. die sonne ist ein auge, das mich anstarrt. ich mag die farbe des himmels wenn die sonne untergeht auch in der stadt, weil alles golden wird. das kuscheltier neben mir ist wie ich: über zwanzig jahre alt, platt und verfilzt, die augen gegen die wand gerichtet. in der weißen farbe der wand kann man leicht geister sehen, wenn es dunkel wird und wenn ich die augen schließe, dann fliege ich mit meinem märchen durch den blaugelben himmel, dessen nuancen sich nicht vermischen. ich wechsle dazwischen die farbe. herr zürn, der professor, hat mir immer vom jagen erzählt. für mich war jagen immer das, was ich in meinen träumen sah, ich sah nie wälder als kind. der professor hat hinten im wagen seine waffen liegen und fährt mit freunden in den wald, um tiere zu schießen, und er sagt sich, er tut das für ein gleichgewicht. im winter ist das wasser ganz starr vor entsetzen. mit sicherheit fällt gerade irgendwo schnee auf dunkles wasser, fällt und unten treiben fische lautlos im dumpfen licht. und wie das treiben der flocken aussehen muss, wenn ein windstoß über das dünne eis des winters fegt -
wär ich doch eine brennnessel, die brennen könnte. ich würde mich in einem blumenstrauß verstecken -
hier summen die laute des hafens auch nachts.
all die bücher, die ich las, erschweren meine wände. sie fangen staub, sie werfen schatten auf das weiß. wenn ich so liege und sie anstarre, dann höre ich leise gespräche zwischen ihnen über mich, mit mir über sie, mit mir über die gedanken, die mir kamen, als ich sie las. wenn ich an die andere wand blicke, dann sehe ich bilder, die ich malte, die mir doch nichts gaben, als einen kurzen augenblick der erfüllung. ich könnte sie alle verbrennen, es würde nichts ändern, es würde nichts ändern, wenn ich in einem leeren zimmer läge, nur das ich dann bemerken würde, dass ich lieber im wald läge und dem wind zu sähe, wie er flocken über fische treibt. aber: der mond scheint auch durch fensterscheiben hell und bäume reden wie bücher über dinge die waren. und ich sehe jetzt was ist. ich sitze am fenster und treibe durch nächtliche himmel, ich treibe in den morgen hinein durch den staub der städte, ich zwänge mich durch wolken und die berge sehen aus wie täler sehen aus wie meer sehen aus wie häuser gehen aus bei nacht.

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Kommentare zu diesem Text

neinneigung (33)
(31.01.10)
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MannImMond (23)
(03.02.10)
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thammü (22)
(03.02.10)
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scurra (27)
(04.02.10)
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 Zeder meinte dazu am 05.02.10:
dann sind wir zwei brennnesselherzen -

grüße aus der stillen kälte! ich warte hier gerade.
Vincént (19)
(02.07.10)
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