Menno, was für 'ne Scheiße

Text zum Thema Gefühle

von  Sylvia

Wir waren Freunde. Richtige Freunde, die einander beistanden, sich kritisierten und ergänzten. Wie oft haben wir gesungen, geheult und gelacht. Weißt du noch, wie wir unsere erste Zigarette im Wald qualmten? Du sagtest, ich müsse den Rauch einatmen, dabei wäre ich fast erstickt. Oder wie ich dich vor der arroganten Ilona verteidigte? Du warst so irre verliebt. Was für einen Spaß wir empfanden beim Kanufahren und Kentern. Meine nassen Klamotten zogst du mir aus, um mich zu wärmen. Du beschütztest mich, wenn mein Vater betrunken ausrastete. Immer konnte ich zu dir kommen. Immer. Hätten wir keinen Sex gehabt, wären wir noch befreundet. Warum konnten wir das nicht bewahren? Mir fehlt mein Freund, doch nun zwingst du mich, dies zu tun. Ich hasse dich. Andauernd vernichtete ich dich, bevor ich dich rettete. Ich verfluche dich und verdamme mich. Wären wir Freunde geblieben, hätte ich dich weder zerknüllt und weggeschmissen, noch aus der Mülltonne oder den Büschen im Park wieder aufgelesen. Nie schaffte ich es, mich davon zu trennen. Von dir ja, aber nicht von deinem Bild, merk dir das gefälligst. Bei unserem letzten Telefonat sagte ich, „verpiss dich aus meinem Leben.“ In kleine Fetzen schnitt ich dich und warf sie ins Klo. Die Spülung war kaputt, also fischte ich jedes einzelne Teil wieder raus.
Drei Jahre ist das her. Nun zwingst du mich, die Tüte mit dem zerstückelten Foto zu suchen, um die Nanoteilchen zusammenzukleben. Du feiger Hund. Soll ich etwa dankbar sein, dass deine Mutter mir von deinem Selbstmord erzählte? Nein, nicht mit mir. Siehst du? Dein Bild ist wieder heil. Jetzt fahre ich zu deinem Grab, damit du zusiehst, wie ich dich zerreiße und nichts mehr aufsammle. Menno, was für 'ne Scheiße.
*

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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (10.05.10)
Starker Text, aber spätestens am Grab sollte man alles verzeihen, oder etwa nicht? LG

 Sylvia meinte dazu am 11.05.10:
Huhu Armin,

das Verzeihen, war vorher schon, es bleibt eine wütende Trauer..und der schale Nachgeschmack, dass es anders gewesen wäre, wenn die Freundschaft noch intensiv bestanden hätte.

danke dir
lieben Gruß
Sylvia
chichi† (80)
(10.05.10)
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 Sylvia antwortete darauf am 11.05.10:
hUHU Gerda,

danke für deinen Kom, Lyr und ich liegen nah beieinander....oftmals zumindest

lieben Gruß
Sylvia
Lena (58)
(10.05.10)
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 Sylvia schrieb daraufhin am 11.05.10:
Versagt zu haben und die leise Hoffnung, wenn die liebende Freundschaft erhalten worden wäre, wäre der Selbstmord nicht geschehen.

danke dir und drücke dich
Sylvia
MenschMann (55)
(11.05.10)
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 Sylvia äußerte darauf am 11.05.10:
Hallo MenschMann,

genau, verpaßte Chancen und Trauer darüber, das die Liebe sehr groß ist und war und doch nicht für eine Beziehung gereicht hat. Selbstvorwürfe, Schock und Liebe...eine eigenartige Mischung. Sex kann eine grundstarke Freundschaft zerstören...muss nicht, aber kann. Und das Bild bestätigt die tiefe Zuneigung, die immer bestand. Auch nach dem Tod.

Danke dir
lieben Gruß
Sylvia
rosablume (63) ergänzte dazu am 19.05.10:
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 Sylvia meinte dazu am 21.05.10:
Danke dir Marion, für das Nachempfinden.
ein schönes Pfingstfest wünsche ich
lieben Gruß
Sylvia
steyk (57)
(11.05.10)
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 Sylvia meinte dazu am 11.05.10:
Stefan, du hast Recht....das Bild wird niemals wieder zerrissen...es bleibt als Zeichen freundschaftlicher Liebe und als Symbol des "was wäre, wenn" Gedankens.

Danke dir und
lieben Gruß
Sylvia

 Dieter_Rotmund (15.06.18)
Fängt stark an, aber dann wird es sehr vage. Hat Dich da der Mut verlassen, halbwegs konkret zu bleiben? (Bitte nicht die Authentizitätskeule schwingen, das ist zu deprimierend)
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