Auf der Flucht
Märchen zum Thema Kritik/ Kritiker
von Lala
Auf der Flucht
Es war einmal ein Troll namens Gnorp. Er lebte im Reiche des Lords Elf Gin. Lord Elf Gin war ein bescheidener Fürst, der über die Lybits herrschte und gern Süßes aß. Was Gin nicht ausstehen konnte, waren Trolle wie Gnorp. Trolle waren schmutzig, sie stanken und kannten keinen Kamm und obendrein schissen sie überall hin und vornehmlich vor Lord Gins bescheidene Hütte. Ein Trollschiss stank sogar schlimmer noch als das Kraut, das Gin gern schmökte und so wurde es ihm eine Herzensangelegenheit, sein Reich von allen Trollen zu befreien. Angst, Angst hatte Lord Elf Gin nur davor, dass ihm der Himmel über den Kopf fiel oder ein Lybit sich an einem Troll verging.
Da Gins Reich sich über viele grüne Auen erstreckte, konnte er natürlich nicht immer und überall zur gleichen Zeit sein. Aber Gin war nicht auf den Kopf gefallen, obwohl er etwas unbeholfen wirkte in seinem weiten Mantel und seinem viel zu großen Hut. Es passierte nicht selten, dass Gin so in Gedanken war und darüber nachdachte, wie er die kleinen, schwarzen, lederhäutigen, großnasigen und nicht selten auch großmäuligen Trolle noch besser fangen, einsperren oder für immer von der Oberfläche verbannen könnte, denn in ihren Höhlen, tief unter der Erde, konnten sie – wenn es nach ihm ginge und das ging es ja nun mal - treiben was sie wollen, dass er derart versunken häufiger vergaß, sich auf den Weg zu konzentrieren und in einen Trollfladen latschte. Das nervte Gin.
Aber meistens kamen ihm dann die besten Ideen, wie er die kleinen, kecken Kerle zur Strecke bringen könnte, verzog sich umgehend in sein Kämmerlein, bastelte aus Modminkraut, Cookiecrackern, Hackbackern und Propellern skelettartige Ipse zusammen, denen er, dank des Musenkusses, den alle Lybits vom großen Keks bekommen haben, Leben einhauchte. Bald darauf ließ er die Ipse ausschwärmen, um die krausen Knilche zu killen wo immer sie seien und so ein krauser Knilch war auch Gnorp.
Gnorp watschelte auf seinen Füßen mehr, als dass er rannte. Er verfluchte seinen unförmigen Leib und den dicken Schwanz, der ihm zwar Stabilität verschaffte, aber beim Sprint durchs Unterholz, so wie gerade jetzt, eher ausbremste. Dicht hinter Gnorp schwirrten zwei Ipse, die immer wieder Knuddelpampe nach ihm ausspuckten. Diese Pampe brannte fürchterlich auf Trollhaut und falls ein Troll sie verschluckte, blähte sich sein Magen auf und er platzte wie ein Luftballon. Gnorp hatte das einmal mit ansehen müssen.
Auf dem Marktplatz von Metrik, der Hauptstadt Lybiens, dem Reich der Lybits, war es gewesen, dass er, gut versteckt unter der großen Plumper-Tarnkappe seines Vaters Bulbus, mit ansehen musste, wie ein gefangener Troll unter großem Hallo und Gelächter am Pranger mit Pampe gemästet wurde. Bald blähte der Troll sich auf, seine Augen quollen hervor und dabei quäkte der kleine Kerl ganz elendig, bis er endlich geplatzt war und als stinkende grüne Brühe über alle hernieder ging.
Ein dicklichter Lybit, dessen Gesicht übersät von feinsten Tröpfchen des grünen Trollbluts war, quietschte vor Vergnügen auf und rief immer zu, dass endlich der fieseste aller fiesen Trolle in tausend Teile sei. Mikez ist tot, Mikez ist tot, lachte und tanzte der Knabe auf den stinkenden Resten des Trolls.
Gnorp heulte nicht und sein Vater bemerkte trocken: So, jetzt stinken wir alle wie Trolle. Er hatte seinen Sohn zur öffentlichen Hinrichtung mitgenommen, da der schon früh erkennen sollte, was einem Troll in der Oberwelt so drohte, wenn man sich von Elf Gin oder seinen Häschern erwischen ließ. Wenn du in die Oberstadt gehst, vergiss nie deine Tarnkappe, damit du wie ein Lybit aussiehst, flüsterte Gnorps Vater ihm zu, entfernte sich, weiterer Kommentare enthaltend, langsam vom Spektakel und ging mit ihm zurück zur Trollhöhle.
Ach, hätte Gnorp die Klappe zur Höhle doch jetzt nur schon erreicht und wieso hatte er auch seine Tarnkappe vergessen, dann hätte er jetzt nicht diese Ipse an den Hacken. Einmal hatten sie ihn schon am Hintern getroffen und es juckte und brannte in der Kimme wie die Feuerwehr. Auf einmal stieß einer der Ipse ganz nahe bei ihm hinab ins Gehölz, sein Propeller mähte die Zweige weg und er war schon dicht an Gnorps Gesicht, zielte und wollte ihn gerade anspucken, da setzte Gnorp zum Sprung an und die Pampe des Ips verfehlte das Ziel. Gnorp machte zwei, drei Schritte in der Luft und rollte sich dann wie zu einem Ball zusammen.
Wenn der kleine Gnom es richtig berechnet hatte, dann würde er mit voller Wucht die kreisrunde Eingangsklappe der Trollhöhle im Boden treffen und hoffentlich drehte sie sich noch, wenn die Ipse ihm folgen wollten. Mit Schmackes schlug er durch die Klappe, dass selbige im Affenzahn sich um ihre eigene Achse drehte und beide Ipse, die in den Schacht hinterher stoßen wollten, wie Streichhölzchen geschreddert wurden.
Der Aufschlag in der Höhle war hart und Gnorp torkelte seit-, vor- und rückwärts und seine Pupillen kullerten in seinen Augen wie Sprungbälle herum. Ein älterer Troll, der auf dem Weg nach oben war, kam vorbei, runzelte die Stirn, murmelte: Na, da haben wir aber noch mal Schwein gehabt, kleiner Mann und schlug Gnorp einmal kurz und heftig auf den Rücken. Das half erstaunlich gut und Gnorp hatte wieder alles unter Kontrolle.
„Danke. Wohin des Wegs?“, fragte Gnorp den Alten, als sei nix passiert..
„Vor die Tore von Metrik, will ich“, grummelte der Alte, und begann den Schacht hochzuklettern.
„Warum gerade dahin?“, insistierte der junge Troll, neugierig geworden.
„Da soll ein seltsames Wesen seine Zelte aufgeschlagen haben. Hier unten wird man aber nicht schlau aus den Gerüchten, darum will ich selbst sehen, was an der Sache dran ist“, antwortete der Troll, ohne sich umzudrehen. Gnorp schaute ihm hinterher und rief dann noch spontan: „Und wie heißt Deine Tarnkappe? Ich meine, nur für den Fall, dass wir uns oben begegnen?“
Der Alte stoppte seinen Aufstieg, blickte sich um und erwiderte:
„Ich habe mich für Metapher entschieden.“
Irgendwas war im Busch. Auch Gnorp hatte bei seinem Streifzug, der eben fast in die Hose gegangen wäre, davon gehört. Er war durch die Dörfer um Metrik geschlichen und hatte die dort wohnenden Lybits heimlich belauscht. Er hatte im Gebüsch gehockt und Trollspaß daran, wie Frau Pitti und Frau Platschi sich unterhielten. Für Gnorps Ohren hörte es sich so an, dass die beiden Damen sich gegenseitig ihre leicht unterschiedlich gewürzten oder versalzenen Formfleischverse aus der Lybit- Reimdich-Scriptura zum Kosten gaben und sich gegenseitig versicherten, wie delikat es doch die jeweils Andere zubereitet habe.
Ja, sie überschlugen sich in gegenseitigen Höflichkeitsfloskeln. Gnorp konnte das nicht mehr aushalten und war kurz davor, aus dem Gebüsch zu springen und Fratzen und Grimassen zu schneiden und den beiden Pappnassen, wie er sie nannte, einen ordentlichen Haufen vor die Füße zu setzen, weil es nun mal in der Natur eines Trolls lag, fies und böse zu sein. Aber glücklicherweise überlegte er es sich noch einmal, denn von Ferne hörte er hohen Hörnerklang, das Dröhnen von Bombasticos nebst Trommelschlag und Hufgetrappel.
„Seht nur, es ist der Vizelord Kalterersee mit seinem Knappen Kruzifix.“ Gnorp hörte an der Stimmlage, dass die Damen tief bewegt waren und sich nur noch, obwohl der edle Zug noch ein ganzes Stück entfernt war, zu tuscheln getrauten. Die Beiden waren ganz verzückt vom Vizelord. Der könne jede haben, meinten sie, wirklich jede.
Der Bombast-Sound der begleitenden Musikanten schmerzte Gnorp sehr in seinen Ohren und so war er froh, als der Trupp herangekommen war und Kalterersee dem Spiel seines Begleitorchesters endlich Einhalt gebot. „Aye, ihr fröhlichen Damen von Lybien“, begrüßte der Vizelord mit volltönender, sonorer Stimme die Damen. „Nie werde ich Verse finden, die eure Schönheit spiegeln könnten, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Ich darf mich damit trösten, euch so gesehen zu haben, wie der große Keks Euch geschaffen hat. Aber sagt, welche Spezereien haltet Ihr in euren Händen?“
Kalterersee beugte sich über sein Pferd und die Damen kamen ganz aufgeregt zu ihm hin und ließen ihn von ihrem Schmalz in Versen kosten. Gnorp achtete genau auf die Mimik des Herren, als der aß, aber der verzog selbige nicht, sondern ließ es sich nicht nur schmecken, sondern sogar nachreichen und dann lobte er die Damen in höchsten Tönen. Jetzt, dachte Gnorp, jetzt muss ich aber heraus aus meinem Versteck und dieses Schmierentheater mit einem ordentlichen Furz beenden – und mich dann sofort durch die Mitte verpissen.
Doch wieder machte der edle Herr ihm einen Strich durch seinen Plan, denn nun musste Gnorp neue Töne hören, die der Schwerenöter geschickt mit seinem Süßholz verraspelte. Dort fehle vielleicht doch eine Nuance von jenem und da sei ein Prischen zuviel von diesem. Die Damen störte es aber nicht, dass er auf einmal so kritisch geworden war; eifrig schrieben sie mit und konnten anscheinend ihr Glück kaum fassen. Das war sehr seltsam, befand Gnorp und kratzte sich am Kopf.
Die Haare eines Trolls sind wie die Borsten einer Stahlbürste und riechen gar nicht gut. Als Gnorp sich nun dergestalt kratzte, erregte der aufkeimende Gestank die Aufmerksamkeit des Knappen Kruzifix. Wortlos stieß er seinen Herrn an und zeigte in Gnorps Richtung. Gnorp hörte augenblicklich auf und schluckte. Ohne einen Überraschungsmoment würde es gefährlich werden.
„Meine Schönen, unsere grünen Auen werden mal wieder heimgesucht von bösartigen Kreaturen. Ihr habt nicht zufällig einen Troll hier in der Nähe gesehen?“ Alle Freundlichkeit war aus Kalterersee gewichen und seine Stimme war schneidend. Pitti und Platschi ahnten, dass der barsche Ton nicht ihnen, sondern einem Fiesling in der Nähe galt. Sie schüttelten beide ängstlich aber verneinend den Kopf. Ihnen wäre gar nichts aufgefallen. Euch würde auch nichts auffallen, wenn ich direkt vor euch stehen würde, ihr ollen Zippen, höhnte Gnorp gedanklich und merkte aber sofort auf, als Kalterersee hinzufügte: „Vor Metrik liegen große Haufen und etwas lauert, wie es scheint, im Vorwortwald. Manche wollen einen Waldschrat gesehen haben, andere wieder einen Löwen. Wir wissen es noch nicht. Haltet bitte Eure Augen offen, denn ein Troll könnte direkt hinter Euch sein!“
Das letzte Wort vom Vize war Kruzifix’ Stichwort. Er sprang aus dem Sattel, hechtete in das Gebüsch, wo er Gnorp vermutete, aber die ob der Dramatik hysterisierten Damen kamen ihm in die Quere und er verfehlte sein Ziel und flog unsanft auf die Schnauze. Gnorp hatte genug gesehen und gehört und gab Fersengeld und hinter ihm ließ Kalterersee die Ipse los.
Es war einmal ein Troll namens Gnorp. Er lebte im Reiche des Lords Elf Gin. Lord Elf Gin war ein bescheidener Fürst, der über die Lybits herrschte und gern Süßes aß. Was Gin nicht ausstehen konnte, waren Trolle wie Gnorp. Trolle waren schmutzig, sie stanken und kannten keinen Kamm und obendrein schissen sie überall hin und vornehmlich vor Lord Gins bescheidene Hütte. Ein Trollschiss stank sogar schlimmer noch als das Kraut, das Gin gern schmökte und so wurde es ihm eine Herzensangelegenheit, sein Reich von allen Trollen zu befreien. Angst, Angst hatte Lord Elf Gin nur davor, dass ihm der Himmel über den Kopf fiel oder ein Lybit sich an einem Troll verging.
Da Gins Reich sich über viele grüne Auen erstreckte, konnte er natürlich nicht immer und überall zur gleichen Zeit sein. Aber Gin war nicht auf den Kopf gefallen, obwohl er etwas unbeholfen wirkte in seinem weiten Mantel und seinem viel zu großen Hut. Es passierte nicht selten, dass Gin so in Gedanken war und darüber nachdachte, wie er die kleinen, schwarzen, lederhäutigen, großnasigen und nicht selten auch großmäuligen Trolle noch besser fangen, einsperren oder für immer von der Oberfläche verbannen könnte, denn in ihren Höhlen, tief unter der Erde, konnten sie – wenn es nach ihm ginge und das ging es ja nun mal - treiben was sie wollen, dass er derart versunken häufiger vergaß, sich auf den Weg zu konzentrieren und in einen Trollfladen latschte. Das nervte Gin.
Aber meistens kamen ihm dann die besten Ideen, wie er die kleinen, kecken Kerle zur Strecke bringen könnte, verzog sich umgehend in sein Kämmerlein, bastelte aus Modminkraut, Cookiecrackern, Hackbackern und Propellern skelettartige Ipse zusammen, denen er, dank des Musenkusses, den alle Lybits vom großen Keks bekommen haben, Leben einhauchte. Bald darauf ließ er die Ipse ausschwärmen, um die krausen Knilche zu killen wo immer sie seien und so ein krauser Knilch war auch Gnorp.
Gnorp watschelte auf seinen Füßen mehr, als dass er rannte. Er verfluchte seinen unförmigen Leib und den dicken Schwanz, der ihm zwar Stabilität verschaffte, aber beim Sprint durchs Unterholz, so wie gerade jetzt, eher ausbremste. Dicht hinter Gnorp schwirrten zwei Ipse, die immer wieder Knuddelpampe nach ihm ausspuckten. Diese Pampe brannte fürchterlich auf Trollhaut und falls ein Troll sie verschluckte, blähte sich sein Magen auf und er platzte wie ein Luftballon. Gnorp hatte das einmal mit ansehen müssen.
Auf dem Marktplatz von Metrik, der Hauptstadt Lybiens, dem Reich der Lybits, war es gewesen, dass er, gut versteckt unter der großen Plumper-Tarnkappe seines Vaters Bulbus, mit ansehen musste, wie ein gefangener Troll unter großem Hallo und Gelächter am Pranger mit Pampe gemästet wurde. Bald blähte der Troll sich auf, seine Augen quollen hervor und dabei quäkte der kleine Kerl ganz elendig, bis er endlich geplatzt war und als stinkende grüne Brühe über alle hernieder ging.
Ein dicklichter Lybit, dessen Gesicht übersät von feinsten Tröpfchen des grünen Trollbluts war, quietschte vor Vergnügen auf und rief immer zu, dass endlich der fieseste aller fiesen Trolle in tausend Teile sei. Mikez ist tot, Mikez ist tot, lachte und tanzte der Knabe auf den stinkenden Resten des Trolls.
Gnorp heulte nicht und sein Vater bemerkte trocken: So, jetzt stinken wir alle wie Trolle. Er hatte seinen Sohn zur öffentlichen Hinrichtung mitgenommen, da der schon früh erkennen sollte, was einem Troll in der Oberwelt so drohte, wenn man sich von Elf Gin oder seinen Häschern erwischen ließ. Wenn du in die Oberstadt gehst, vergiss nie deine Tarnkappe, damit du wie ein Lybit aussiehst, flüsterte Gnorps Vater ihm zu, entfernte sich, weiterer Kommentare enthaltend, langsam vom Spektakel und ging mit ihm zurück zur Trollhöhle.
Ach, hätte Gnorp die Klappe zur Höhle doch jetzt nur schon erreicht und wieso hatte er auch seine Tarnkappe vergessen, dann hätte er jetzt nicht diese Ipse an den Hacken. Einmal hatten sie ihn schon am Hintern getroffen und es juckte und brannte in der Kimme wie die Feuerwehr. Auf einmal stieß einer der Ipse ganz nahe bei ihm hinab ins Gehölz, sein Propeller mähte die Zweige weg und er war schon dicht an Gnorps Gesicht, zielte und wollte ihn gerade anspucken, da setzte Gnorp zum Sprung an und die Pampe des Ips verfehlte das Ziel. Gnorp machte zwei, drei Schritte in der Luft und rollte sich dann wie zu einem Ball zusammen.
Wenn der kleine Gnom es richtig berechnet hatte, dann würde er mit voller Wucht die kreisrunde Eingangsklappe der Trollhöhle im Boden treffen und hoffentlich drehte sie sich noch, wenn die Ipse ihm folgen wollten. Mit Schmackes schlug er durch die Klappe, dass selbige im Affenzahn sich um ihre eigene Achse drehte und beide Ipse, die in den Schacht hinterher stoßen wollten, wie Streichhölzchen geschreddert wurden.
Der Aufschlag in der Höhle war hart und Gnorp torkelte seit-, vor- und rückwärts und seine Pupillen kullerten in seinen Augen wie Sprungbälle herum. Ein älterer Troll, der auf dem Weg nach oben war, kam vorbei, runzelte die Stirn, murmelte: Na, da haben wir aber noch mal Schwein gehabt, kleiner Mann und schlug Gnorp einmal kurz und heftig auf den Rücken. Das half erstaunlich gut und Gnorp hatte wieder alles unter Kontrolle.
„Danke. Wohin des Wegs?“, fragte Gnorp den Alten, als sei nix passiert..
„Vor die Tore von Metrik, will ich“, grummelte der Alte, und begann den Schacht hochzuklettern.
„Warum gerade dahin?“, insistierte der junge Troll, neugierig geworden.
„Da soll ein seltsames Wesen seine Zelte aufgeschlagen haben. Hier unten wird man aber nicht schlau aus den Gerüchten, darum will ich selbst sehen, was an der Sache dran ist“, antwortete der Troll, ohne sich umzudrehen. Gnorp schaute ihm hinterher und rief dann noch spontan: „Und wie heißt Deine Tarnkappe? Ich meine, nur für den Fall, dass wir uns oben begegnen?“
Der Alte stoppte seinen Aufstieg, blickte sich um und erwiderte:
„Ich habe mich für Metapher entschieden.“
Irgendwas war im Busch. Auch Gnorp hatte bei seinem Streifzug, der eben fast in die Hose gegangen wäre, davon gehört. Er war durch die Dörfer um Metrik geschlichen und hatte die dort wohnenden Lybits heimlich belauscht. Er hatte im Gebüsch gehockt und Trollspaß daran, wie Frau Pitti und Frau Platschi sich unterhielten. Für Gnorps Ohren hörte es sich so an, dass die beiden Damen sich gegenseitig ihre leicht unterschiedlich gewürzten oder versalzenen Formfleischverse aus der Lybit- Reimdich-Scriptura zum Kosten gaben und sich gegenseitig versicherten, wie delikat es doch die jeweils Andere zubereitet habe.
Ja, sie überschlugen sich in gegenseitigen Höflichkeitsfloskeln. Gnorp konnte das nicht mehr aushalten und war kurz davor, aus dem Gebüsch zu springen und Fratzen und Grimassen zu schneiden und den beiden Pappnassen, wie er sie nannte, einen ordentlichen Haufen vor die Füße zu setzen, weil es nun mal in der Natur eines Trolls lag, fies und böse zu sein. Aber glücklicherweise überlegte er es sich noch einmal, denn von Ferne hörte er hohen Hörnerklang, das Dröhnen von Bombasticos nebst Trommelschlag und Hufgetrappel.
„Seht nur, es ist der Vizelord Kalterersee mit seinem Knappen Kruzifix.“ Gnorp hörte an der Stimmlage, dass die Damen tief bewegt waren und sich nur noch, obwohl der edle Zug noch ein ganzes Stück entfernt war, zu tuscheln getrauten. Die Beiden waren ganz verzückt vom Vizelord. Der könne jede haben, meinten sie, wirklich jede.
Der Bombast-Sound der begleitenden Musikanten schmerzte Gnorp sehr in seinen Ohren und so war er froh, als der Trupp herangekommen war und Kalterersee dem Spiel seines Begleitorchesters endlich Einhalt gebot. „Aye, ihr fröhlichen Damen von Lybien“, begrüßte der Vizelord mit volltönender, sonorer Stimme die Damen. „Nie werde ich Verse finden, die eure Schönheit spiegeln könnten, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Ich darf mich damit trösten, euch so gesehen zu haben, wie der große Keks Euch geschaffen hat. Aber sagt, welche Spezereien haltet Ihr in euren Händen?“
Kalterersee beugte sich über sein Pferd und die Damen kamen ganz aufgeregt zu ihm hin und ließen ihn von ihrem Schmalz in Versen kosten. Gnorp achtete genau auf die Mimik des Herren, als der aß, aber der verzog selbige nicht, sondern ließ es sich nicht nur schmecken, sondern sogar nachreichen und dann lobte er die Damen in höchsten Tönen. Jetzt, dachte Gnorp, jetzt muss ich aber heraus aus meinem Versteck und dieses Schmierentheater mit einem ordentlichen Furz beenden – und mich dann sofort durch die Mitte verpissen.
Doch wieder machte der edle Herr ihm einen Strich durch seinen Plan, denn nun musste Gnorp neue Töne hören, die der Schwerenöter geschickt mit seinem Süßholz verraspelte. Dort fehle vielleicht doch eine Nuance von jenem und da sei ein Prischen zuviel von diesem. Die Damen störte es aber nicht, dass er auf einmal so kritisch geworden war; eifrig schrieben sie mit und konnten anscheinend ihr Glück kaum fassen. Das war sehr seltsam, befand Gnorp und kratzte sich am Kopf.
Die Haare eines Trolls sind wie die Borsten einer Stahlbürste und riechen gar nicht gut. Als Gnorp sich nun dergestalt kratzte, erregte der aufkeimende Gestank die Aufmerksamkeit des Knappen Kruzifix. Wortlos stieß er seinen Herrn an und zeigte in Gnorps Richtung. Gnorp hörte augenblicklich auf und schluckte. Ohne einen Überraschungsmoment würde es gefährlich werden.
„Meine Schönen, unsere grünen Auen werden mal wieder heimgesucht von bösartigen Kreaturen. Ihr habt nicht zufällig einen Troll hier in der Nähe gesehen?“ Alle Freundlichkeit war aus Kalterersee gewichen und seine Stimme war schneidend. Pitti und Platschi ahnten, dass der barsche Ton nicht ihnen, sondern einem Fiesling in der Nähe galt. Sie schüttelten beide ängstlich aber verneinend den Kopf. Ihnen wäre gar nichts aufgefallen. Euch würde auch nichts auffallen, wenn ich direkt vor euch stehen würde, ihr ollen Zippen, höhnte Gnorp gedanklich und merkte aber sofort auf, als Kalterersee hinzufügte: „Vor Metrik liegen große Haufen und etwas lauert, wie es scheint, im Vorwortwald. Manche wollen einen Waldschrat gesehen haben, andere wieder einen Löwen. Wir wissen es noch nicht. Haltet bitte Eure Augen offen, denn ein Troll könnte direkt hinter Euch sein!“
Das letzte Wort vom Vize war Kruzifix’ Stichwort. Er sprang aus dem Sattel, hechtete in das Gebüsch, wo er Gnorp vermutete, aber die ob der Dramatik hysterisierten Damen kamen ihm in die Quere und er verfehlte sein Ziel und flog unsanft auf die Schnauze. Gnorp hatte genug gesehen und gehört und gab Fersengeld und hinter ihm ließ Kalterersee die Ipse los.