Der Autor ist in eine Literatursendung gegangen, um der staunend interessierten Welt von seiner Autorschaft zu berichten, er ist seit neuestem viel gelesen, um nicht zu sagen berühmt, weil es ihm gelang das zu schreiben, was alle anderen nur im Geheimen dachten. So steht es auf seinen Büchern. „Ich kann Ihnen beschreiben, was Kunst ist“, sagt der Autor zur Eröffnung ohne einen Hauch von Ironie und dann preist er die Vorzüge seines literarischen Schaffens. Er hat nämlich einen klaren Stil, einen Hang zum Mysteriösen und seine zahlreichen Erfahrungen in der Welt haben ihm den Stoff für seine Geschichten gegeben. Er spricht gerne in geflügelten Worten oder gelehrt klingenden Neologismen und wenn er über etwas nachdenkt, legt er den Zeigefinger sinnend an den Mundwinkel. Er präsentiert sich, gut gekleidet, seriös, schnell wird klar: der Autor ist nicht nur Autor, er ist auch Intellektueller und verzichtet nur aus Bescheidenheit auf den Zusatz „Elite“. Er ist stolz auf das, was er geschafft hat.
Die Menschen, die ihn mögen können ihn nun im Fernsehen betrachten. Und wirklich, er sieht genauso aus, wie auf dem Rücken seiner Bücher. „Gerne wäre ich so wie er“, wird mancher denken, wenn er ihn dort auf dem Sessel thronen sieht, wie er voller Stolz und doch bereits mit einer gewissen Routine, sein farbenfrohes Buchcover in die Kamera hält. „Ein literarischer Meilenstein“, sagt der Moderator anerkennend, der es bereits gelesen hat und noch immer begeistert ist. Dann wird das Gespräch wieder allgemeiner. Man lauscht, wie der Autor anhebt zu sprechen, man begreift, dass er nun für alle Autoren spricht, denn er hat sich selbst dazu ausgewählt und ist ja gewissermaßen Experte in solchen Dingen. Gerne verwendet er dabei große Phrasen wie „die gesamte deutschsprachige Literatur“, oder „die Gegenwartsliteratur“, oder „der postmoderne Roman“ und dann erzählt er von sich und seinen Freunden, allesamt Kapazitäten und er zählt die Namen auf, in der Reihenfolge der Bestsellerliste.
Der Moderator aber hat etwas vorbereitet und er blendet Bilder ein, verschmitzte Lächeln eines kleinen Jungen, der noch nicht berühmt und dabei schüchtern ist. „So haben Sie früher ausgesehen.“ Der Autor lächelt eine Weile, wie auf dem Foto, dann hört er auf zu lächeln, weil er sich selbst im Jungen nicht erkennen kann, er ist über sich hinaus gewachsen und zupft sich entschlossen die weinrote Krawatte zurecht. Für einen kurzen Moment ist es still. Dann: aktuelle Fotos, Ehrungen und Buchvorstellungen, Release-Partys, auf denen auch die regionale Prominenz nicht gefehlt hat. Fast freundschaftlich klopft der Moderator dem Autor auf die Schulter. Dann: Fotos mit Politikern und dies fraktionsübergreifend, alle sonnen sich in seinem Lächeln, „ich bin nicht politisch“, sagt der Autor und dann wechselt er das Thema. „Die Kunst in Deutschland müsse mehr gefördert werden“, sagt er am Ende, dafür werde er sich stark machen. Ansonsten werde er sich erst einmal ein Haus kaufen, sagt er dem ehrlich interessierten Moderator, dann an der Fortsetzung seines großen Erfolges schreiben. Es gebe da bereits Verhandlungen über eine Verfilmung, sagt er, aber er dürfe noch nichts verraten.