Ich persönlich, kann sagen, dass ich rosafarbene Glitzerpflaster nicht leiden kann.

Text zum Thema Allzu Menschliches

von  SunnySchwanbeck

Früher waren die Schultern meines Vaters der höchste Punkt auf der Welt. Ich konnte von da oben die ganze Welt sehen, die ich mit meinen kleinen, klebrigen, Kinderhänden verändern wollte. Ich mochte es nicht, wenn mein Kleidchen schmutzig war, oder meine Haare strubbelig. Ich wollte immer süß und niedlich aussehen, denn dann streichen dir die Verwandten über den Kopf und seufzen, das war mein Beitrag zur allgemeinen Belustigung. Ich brachte Menschen zum Seufzen und Lachen. Damals, als ich noch klein war und mich ganz groß fand, weil ich mit den Puppen meiner älteren Schwestern spielen durfte.

Manchmal fahr ich so umher, setze mich auf Dächer fremder Häuser, um dem Himmel etwas näher und meinen Problemen etwas ferner zu sein. Meine Hände greifen schon viel zu lang ins Nichts, als dass ich sie gen Horizont strecken würde, ich setze mich auf sie, lasse die schwarzen Fingernägel verschwinden und puste mir die strähnigen Haare aus dem Gesicht. Meine Hose ist schmutzig und nass vom Regen, die Menschen, die unter dem Baumeln meiner Füße umherwuseln suchen Schutz in Autos oder Häusern, suchen Hände zum Festhalten und Gesichter zum Anlächeln.
Früher konnten wir es alle nicht erwarten, groß zu werden, erwachsen zu sein und all das zu tun, was wir als Kinder nicht durften.
Doch das alles verliert seinen Reiz, und du merkst, dass du gar nicht groß sein wolltest, sondern einfach anders. Du wolltest nicht mehr das kleine Mädchen mit den Locken sein, sondern die Frontfrau einer Rockband mit Iro. Du wolltest auch nicht mehr Prinzessin werden, oder Popstar, sondern Journalistin. Um der ganzen kleinen Welt, die sich immer noch wünscht, etwas zu sein, was sie nicht ist, zu zeigen, wie kaputt alles ist und, dass auch rosa-glitzer Pflaster die Welt nicht retten werden, auch keine Superheldenmütter. Sondern Kinder, die sich irgendwann wünschen, ihren Kindern nicht erklären zu müssen, was die globale Erderwärmung ist.

Irgendwann merkt man einfach, dass die Schultern des Vaters nicht nur dich sondern die Schulden und Lasten der Welt tragen, und dass du fallen kannst, und niemand da ist, der dir aufhilft, weil sie alle selbst am Boden liegen.


Anmerkung von SunnySchwanbeck:

kolumne.

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Kommentare zu diesem Text

LaubLocke (22)
(28.09.11)
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 NenntMichIsmael (01.10.11)
du hast eine so unglaublich vollkommene ausdrucksweise.

 SunnySchwanbeck meinte dazu am 02.10.11:
geküsst.
Helene-Lutz-Barabas (57)
(05.12.11)
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