Wissen wir was Poesie ist?

Gedanke

von  Georg Maria Wilke

Betrachtungen zur „Modernen Lyrik“.
Gibt es eine „poetische Wissenschaft? – Ich glaube es gibt keine –
Gott sein Dank, würde ich sagen, denn dann müssten wir uns mit den einmal entdeckten Gesetzmäßigkeiten, den einmal entdeckten Erkenntnissen begnügen. Aber auch das stimmt nicht so richtig.
T.S. Eliot versuchte zum 2000ten Geburtstag von Vergil, das Klassische zu definieren, den Klassiker an und für sich, den bleibenden, im Gegensatz zum modernen Klassiker, der in der Zukunft vergehen wird. Folglich ist die Poesie eine vergehende, eine sterbende Art in der Kunst, für nur sehr kurze Zeit ein lebendiger Begleiter in der Erscheinung der Sprache.
Viele der Lyriker, der Schriftsteller, haben jeder auf ihre Weise versucht, die Lyrik, die Poesie zu beschreiben, wie z.B. Majakowskij
in „Wie macht man Verse“ oder H. M. Enzensberger in „Museum der modernen Poesie“.
Die meisten von uns Schreibenden, wahrscheinlich der größte Anteil,
bewegt sich nicht in dieser „Liga“, sind in der Öffentlichkeit nicht zu finden, sind unbekannt. Was soll´ s? Aber etwas verbindet uns trotzdem, nämlich das Bedürfnis zu schreiben, seine Eindrücke, seine Motivationen, seine Bilder und Gefühle, seine Gedanken in Worte zu setzen. Ja, und es gibt auch noch den Leser, den Empfänger oder den Mitgestalter, der mehr oder weniger mit dem Geschriebenem etwas anfangen kann oder nicht. Er ist Teil dieses „Kunstprozesses“, er ist Teil des Gedichtes – mehr oder weniger – integriert in den Schaffensprozess. Und stünde ich in der Wüste, kein Zuhörer, kein Leser, würde ich dann aufhören zu dichten, zu schreiben? –Nein! –
denn es ist ein Teil von mir, dieses Schreiben, Sprache zu sprechen,
Sprache zu schreiben. Ich liebe die Sprache, sie hat mit meinem
Menschsein zu tun. ich bin in der Sprache und die Sprache ist in mir.
Gottfried Benn sagt über Lyrik: “Es gibt keinen anderen Gegenstand der Lyrik, als den Lyriker selbst.“
Adam Zagajewski sagte in seiner Rede zum Literaturpreis 2002, der Konrad-Adenauer-Stiftung:
„Wieso sind die Lyriker diskret, warum hassen sie alle direkte Fragen, wie zum Beispiel die Frage – „was haben Sie in dieser Zeile sagen wollen?“ Ist es nur eine Taktik, sich interessanter zu zeigen als man wirklich ist? Ist es Scham? Oder Unwissenheit? Es geht um keine Taktik hier, es geht um die Scham und um die Unwissenheit.
Die Scham – weil in einem Gedicht etwas gesagt ist, was man im Tageslicht „mit anderen Worten“ – wenn das nur möglich wäre! –
wieder zum Vorschein bringen nicht will. Die Scham, weil das hohe Wort nur einmal nicht fünf mal aussprechen kann……“
Und auch das: der Autor hört viele Stimmen, nur die eine nicht – seine eigene…….“
Ebenso sagt er weiterhin: „ Denn es gibt Gedichte, die man kommentieren darf und soll und trotzdem ihre innere Energie noch sieghaft bewahren.“
„Sind wir nicht lächerlich, die wir in kleinen, hermetischen Zeitschriften die Menschheit retten wollen (wenn wir sie retten wollen), indessen schlummert die Menschheit in dem violetten Licht des Fernsehers…. Wir wissen nicht, was Poesie ist – und das ist erfreulich……
Wir machen Poesie….Wir machen die Poesie aus dem was wir sind – und dabei, wie ein kleinstädtischer Magier, fügen wir heimlich hinzu eine Prise dessen, was wir nicht sind.“
In diesem Sinne: haben wir Achtung vor dem anderen Selbst, vor dem
anders denkenden, schreibenden Menschen, denn wir führen über das geschriebene Werk eine Auseinandersetzung zum Gegenüber. Wir können zuhören oder uns verschließen, dieses Recht hat ein jeder, aber
die Motivation oder sie Weltanschauung des anderen zu verneinen, zu vernichten, dieses Recht haben wir nicht. Das hat etwas mit der Achtung vor dem anderen zu tun und diese Achtung sollten wir uns stets bewahren.

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Kommentare zu diesem Text

fdöobsah (54)
(10.10.11)
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KoKa (43)
(10.10.11)
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