Patricia Highsmith und Toltec im Supermarkt

Text zum Thema Zerrissenheit

von  toltec-head

Eine Threadcollage mit dramolletem Abschluss

Der_Professor 01.Apr.2012 - 02:28

Das Ding geht immer, dass gesagt wird, die Highsmith sei eigentlich keine Krimi- oder Horror- oder Unterhaltungsautorin, sondern sie sei eine vollgültige "ernschthaffde" Schriftstellerin, eine US-Literatur-Klassikerin des zwanzigsten Jahrhunderts.

Ich seh das vergleichbar zu Stephen King: Also dass einen Hauptschüler kaufen und süchtig verschlingen und Uni-Pofessoren eher nicht, heißt ja nun wirklich nicht, dass man irgendwie dumm im Kopf wäre oder einigermaßen schlecht schreiben täte. Sie schreibt saugut. Sie hat diese superperfekte Tüftelei eines hochprofessionellen Unterhaltungsautors, der dir nichts einfach nur hinsetzt, weil es für dich nett klingen mag oder weil sowohl du wie der Leser das Buch noch ein bissel am Köcheln haben wollen, bevor es leider aus ist. Nein, bei ihr hat jedes Teil seine saubere Funktion für das Ganze.

Außerdem hat sie supergut drauf, sich in den Kopf von ganz gemeinen Ludern und Nervensägen reinzuversetzen. Die ist so extrem biestig, dass es einigermaßen schwer fällt zu glauben, privatmenschlich sei sie lieb und nett gewesen. Auf jeden Fall war sie ja eine Säuferin. Und lesbisch war sie, hat sie aber lange verheimlicht. So ist sie zu diesen "irgendwie schwulen Figuren" gekommen. Ich fand das in dem viel früheren ersten Ripley "The Talented Mr. Ripley" schon sehr deutlich, dafür dass es angeblich "verhüllt" sein sollte. (Der Film mit Law und Damon tut auf dem Sektor ja auch Gutes.)

Dort und auch anderswo hab ich gefunden, dass kaum jemand so erbarmungslos die Blödheit etlicher amerikanischer Frauen zur Sau macht wie sie - die amerikanische Frau. Aber wenn man sich vorstellt, dass diese Männerfiguren, die sie in den Bücher hat, in Wahrheit Lesben sind und die Frauen, die sie da so fertig macht, Heterofrauen, dann wird wohl ein Stiefel daraus.

toltec-head 01.Apr.2012 - 12:49

"women and other nightmares" ist für mich einer der besten buchtitel der literaturgeschichte. und ripley einer der sympatischsten charaktere. im vergleich zu einer figur aus walser oder grass wirkt er wie ein diamant, der einem unvermutet aus einer kloschüssel entgegen lächelt.

dass tom eine verkleidete lesbe ist, glaub ich indes nicht. zwar war highsmith lesbisch, so viel ist richtig.

nur so by the way: ist jemandem eigentlich schon mal aufgefallen, dass nur lesbische frauen gute bücher schreiben, wohingegen es doch auch ein paar gute bücher heterosexueller männer gibt, wenn natürlich auch nicht so viele wie von schwulen? bitte kommt mir jetzt nicht mit platon. ich weiß, der hatte eine theorie hierzu. aber überzeugen tut sie nicht.

denn, um gleichzeitig auf den angeblich lesbischen ripley zurück zu kommen: lesben und schwule haben in wirklichkeit überhaupt nichts miteinander zu tun, sie stehen sich auf dem sexuellen spektrum vielmehr als konträre gegenüber. ein simpler tatbestand, über den auch noch so viele csds und schwul/lesbische uni-gruppierungen nicht hinwegtäuschen werden.

der unterschied zwischen einem schwulen und einem heterosexuellen mann ist letztlich graduell. und beide sind, wer hätte diese schmerzliche erfahrung nicht schon oft gemacht?, nur einen schritt von der heterosexuellen frau entfernt. die lesbische frau scheint aber tatsächlich von einem ganz anderen planeten zu sein. den einzigen bezug zu schwulen, den es gibt, ist der, daß das schicksal des alternden schwulen darin zu bestehen scheint, sich langsam aber sicher rein optisch, aber auch sonst in eine lesbe zu verwandeln. schwule über 50, die dies lesen, mögen doch nur mal in den spiegel schauen, falls sie sich trauen. was zu der frage führt, ob schwule männer über 50 überhaupt noch schwul sind? einziger trost: den heterosexuellen männern ergeht es nicht besser.

beweis für das vorstehende ist auch, dass der ripleyhafte jung-schwule gegenüber dem gealterten schwulen oder alten männern überhaupt oftmals die gleiche instinktive abneigung wie gegenüber lesbischen frauen empfindet. das umgekehrte lässt sich indes nicht sagen und so wird, was patricia highsmith angeht, ein schuh draus: der ripley ist ihrem lesbischen genie entsprungen wie der krull dem kopf des alternden thomas mann.

ach ja einen trost gibt es doch noch. in einer vaterlosen gesellschaft gibt es immer mehr jung-schwule, die zwar nicht die gleiche coolness wie tom ripley haben, aber dafür auf alternde männer stehen. welch ein glück!

Der_Professor 01.Apr.2012 - 22:15

Gewagt, gewagt. (Oder einfach nur windig?) Ich sag jetzt nichts dazu. Hier soll was über Patricia Highsmith folgen.

schibboleth 01.Apr.2012 - 23:45

zu toltec-head:

Das wächst sich bei Dir ja langsam zu einer sexuellen Profilneurose aus. Respekt!

toltec-head 03.Apr.2012 - 17:37

erklär mal bitte was das sein soll eine sexuelle profilneurose? du wärst ihr erster theoretiker.

neurosen entstehen nach freud durch fehlleitungen sexueller energie. es gibt nach feud kompensatorisches lesen und schreiben, kompensatorisches essen, kompensatorisches irgendwas. ich vermute, dass begriffsbildungen wie "sexuelle profilneurose" kompensationsfunktion haben. sex selbst als kompensation gibts nicht, bei freud nicht, bei jung nicht und bei wilhelm reich schon gar nicht.

sex ist so basal - die zellteilung, auch die des gehirns erfolgt sexuell -, dass man ihn nur verfehlen aber nichts mit ihm kompensieren kann.

à propos jung, lese gerad ausnahmsweise mal das buch einer kuh:

ingeborg clarus, das opfer, archaische riten modern gedeutet, Patmos Verlag, Bern, 1994.

autorin war dozentin am c.g. jung-institut. buch endet kuhmäßig so: "Viele kleine Leute, die an vielen klienen Orten, viele kleine Dinge tun, werden das Angesicht der Erde verändern." naja.

habs nur wegen eingehender analyse des kessels von gundestrup, die aber auch nicht so toll ist, gekauft. aber schön bebildert.

eine stelle in anderem zusammenhang ("das bärenritual der ainu auf hokkaido") dann doch hoch interessant, ich zitiere:

"Wenn wir diesen Bericht gehört haben, sind wir zunächst entsetzt und fragen, wozu diese Tierquälerei notwendig sein soll? - Um das zu verstehen, müsssen wir einerseits von unserem rationalen Verstand Gebrauch machen, aber gleichzeitig auf das Niveau derjenigen Menschen zurückkehren, die das Bärenriutal begehen. Wir wissen von dem grausamen Spiel des Raubtieres Katze mit der Maus, dass sie ihr Opfer keineswegs sofort tötet und frißt; denn das, was der Katze außer dem Fleisch der Maus "Kraft", d.h. Lebensenerigie verleiht, ist das Adrenalin, welches das von Angst gepeinigte kleine Tier ausschüttet. Dieses wiederum versetzt das Raubtier in neue Jagd- und Kampfbereitschaft. Und so können wir uns vorstellen, dass in dem von Toedsangst gepeinigten Bären etwas ähnliches geschieht. Sein Adrenalin kann bei dem Oper-Ritual die gleiche extatische Wirkung auf die Gemeinschaft haben."

dazu passt, dass ich gestern im zoo war. bei den schneeulen war gerad fütterung. die eine fuchtelte mit ihren krallen etwas lustlos immer mal wieder in den gedärmen eines kaninchens rum. frau mit eis neben mir, die sich angewidert umdreht und beinah einen hysterischen anfall bekommt. ich fands großartig. sind schwule vielleicht bloß adrenalin-junkies?

Der_Professor 03.Apr.2012 - 18:29

Die ganzen Schwulen, die bei dieser Eulenszene aufgekrischen und auch weggeschaut hätten, zählst du nicht. Das gelingt dir leicht, denen die Männlichkeit des echten wahren Schwulseins abzusprechen.

Ich las gestern ein paar Gedichte von Nicolas Born. Das war die Zeit, als sich nie was reimte. Aber nicht übel.

(Und, äh: Frauen sind größtenteils auf die eine, andere, dritte oder vierte Weise nervtötend. Aber was ich an sehr vielen Frauen ja dermaßen daneben finde, ist, dass sie sich "naturgemäß" für prächtiger entwickelt dünken als Männer. Dass du als Schwuler dasselbe mit umgekehrtem Vorzeichen betreibst, stört mich etwas.)

toltec-head 03. Apr. - 19:10

kann ich jetzt nicht drauf antworten, muss noch zu edeka nach aufschnitt laufen.

Schibboleth 03. Apr. - 20:45

Zitat:
„Wir lieben Lebensmittel“, weiß auf blauem Grund, darum ein goldener Rahmen, das ist das Schild über dem Edeka am Engelbosteler Damm. Darunter eine Doppelglastür, links davon zwei aufgepappte Verbotschilder, eine durchgestrichene Zigarette, ein durchgestrichener Hund, ikonisch. Ikonisch auch das Bild, das sich mir gleich nach der Obstabteilung bot. Vor dem Regal mit den Bierflaschen - Beck, Gildebrauerei, Herrenhäuser Bier, Artland, Bleckeder, Sommerbecker Dachs - erblickte ich mit dem Rücken zu mir: Toltec.

Toltec hielt in der Linken eine Flasche Radeberger Export, stellte sie zurück, entnahm dem Regal das Welfenbier des Brauhaus Ernst August, hielt es hoch, als prüfe er etwas. Dabei erblickte er mich wohl in dem Rundspiegel an der Decke, welcher Diebstahl vermeiden helfen soll. Toltec drehte sich um und nach einem kurzen „Hallo, Segelschiff“ tippte er mir mit dem Zeigefinger gegen die Brust, rhythmisch: „ Dichter sind Texter. Texter penetrieren. Sie ficken ihre Klientel. Aktiv.“ „Ja, klar“, sagte ich. Er schwieg eine Weile, dann kratzte er sich am linken Nasenflügel: „Natürlich gibt es in meiner Theorie auch Kreuzklassifikationen. Hybridformen. Schwul und so. Aktiv und Passiv. Komplexe Modelle, einfache bringen es nicht.“

„Klar“, sagte ich, „ denk an diesen Archilochos, dieser Sänger-Dichter, er hatte seine Gemeinde, er schuf sie sich und sie trug ihn, ja sie schuf ihn immer dann wieder neu, wenn er ein Gedicht vortrug. Eigentlich waren sie dann alle Mitglieder einer Ad-Hoc-Punk-Band“.
„Interessant, sprich weiter.“
"Naja, ich denke da an The Libertines, The Hives, The Vines, The Strokes, The Datsuns, The Kills, The Parkinsons.“
„Jou, und dann The Rapture."
“ Jou. Immer mit THE“
„Das sind Gemeinden, da geht es kreuz und quer und miteinander.” “Allerdings”, warf ich ein, und zögerte ob das eine Bestätigung oder ein Einwand werden sollte. Die Sache war doch ein wenig komplizierter. Ich blickte auf eine Frau, die mit ihrem Einkaufswagen nahe bei uns stehen geblieben war und dann sprach ich weiter. „Allerdings wirken ja manchmal die Leute kalt und desinteressiert, schwere Schritte, nix Leichtfüßiges, schwarze Hosenträger über weißem Hemd und so.“
„Manche haben es eben einfach nicht drauf und manche eben schon“, sagte Toltec. Und ich ergänzte: „Die es nicht so recht drauf haben, die werden katholische Priester? Die mit den weißen Kragen.“
„Ja, dann haben sie kultische Hilfestellung. Das ist es. Das bringt es. Strangulation und Eros.“
„Ja“, sagte ich.

Er schob die Unterlippe vor, zupfte sich am Ohrläppchen, und dabei glitt seine Zunge zwischen den Lippen hervor, dann gleich wieder zurück: „Und, was hältst du jetzt von unserer Theorie?“
„Hat Spaß gemacht.“
„Wirklich?“
„Ja, doch.“
„Und was jetzt?“
„Ich kaufe ein, für ein kaltes Büfett heute abend. Krabben und Gemüse, Gelee, durchsichtig.“
„Sülze?“, sagte Toltec.
„Ja, genau, Krabbensülze.“
"Soll gut gegen Hämorrhoiden sein."
"Ach, ne."
"Genau so gut wie die Spritzen, die ein Söldner wie ich
jeden Tag setzt."
"Blinde, goldene Adern."
Die Frau mit dem Einkaufswagen glitt an uns vorbei, binnen weniger Sekunden. Eine Haarlocke hing ihr ins Gesicht, die sie im selben Moment mit einer Hand zurückstrich. 

http://www.synekdoche.de/thema3791.htm#21440

Bärbel 03. Apr. - 21:30

Zitat:
Achgottilein ich war im EDEKA vorhin noch schnell nach der Arbeit
den ganzen Samstag am Waschbecken gestanden im Salong seit halbsieben heut früh
und dann raus schnellschnell weil is ja Wochenende und beim EDEKA rein
und eigentlich wollte ich durchpreschen ohne Aufenthalt nur das Notwendigste schnappen
da sind mir dann aber die beiden Typen dazwischen gekommen die standen da rum ich weiß nicht
wieso eigentlich haben die denn gar nix zu tun der eine so ein Mc-Fit-Protz
mit Goldkettchen vorne im dauergewellten Brusthaartoupet der fiel mir besonders auf weil der hatte
so eine testosterongegerbte Söldnervisage da höre ich dass dieser Zuckeraffe dem anderen
was von der Dichtkunst erzählt von der Literatur und so weiter und tippt dem auch dauernd
so unangenehm übergriffig gegen den Brustkorb
und sabbert dabei was von wegen

Dichter sind Texter. Texter penetrieren. Sie ficken ihre Klientel. Aktiv.

Na so was denke ich noch ist der von vorvorgestern oder hat der eine blühende Kirsche im Kopf
oder was da ist man doch längst schon wieder von runter ist doch Schnee von vor drei Dekaden
diese Sache mit Leser ficken und so also nein denke ich aber einmischen wollte ich mich
lieber nicht lass die labern die zwei denk ich mir komm du bist nix du bist nur
eine einfache Friseuse du verstehst viel vom Ficken das schon aber weniger viel
von der Literatur von der Dichtkunst und außerdem sag ich zu mir hast du grade jetzt mal wieder
gaaaanz wenig Zeit Bärbel also misch dich weiter nicht ein und mach hinne los vorwärts sag ich zu mir
und ich drängel mich durch zwischen den beiden und der eine der Größere schaut mich so an
von der Seite da werd ich verlegen und streiche mir eine Locke so aus dem Gesicht ja
denke ich mir Bärbel das war jetzt aber eine klassische
Übersprungshandlung. 

www.synekdoche.de/thema3791.htm#21441

toltec-head 03.Apr. - 23:30

Endlich zurück im Auto zündete ich mir entnervt eine Zigarette zwecks spiritueller Reinigung an und sah dem Brütergesochs beim Umladen ihrer Einkaufswagen zu.

Ich hasse Begegnungen. Jederart. Manchmal anstrengend, immer auf der Arbeit diese Umwege laufen zu müssen, um bestimmten Kollegen nicht in die Arme zu fallen. Edeka am Engelborster Damm etwas weiter weg aber praktisch weil nachbar-clean. Vor sonstigen Bekannten ist man natürlich nie gefeit. Kleine Städte haben große Nachteile. Ignoring people out of existence, funktioniert manchmal, leider nicht immer. Und dann noch in einem Moment der Selbstvergessenheit wegen blöder Laberei Augenkontakt mit dieser Frau gehabt. Ganz übler Nachgeschmack wie von Krabbencocktail.

Frauenblicke im Supermarkt sind so ziemlich das Schlimmste auf der Welt.

Männerblicke im Supermarkt sind natürlich auch schlimm aber letztlich harmlos, da kann ich mit umgehen, selbst mit Blicken von Schwulen. Kein Mann schaut einen anderen Mann an, als hätte er ein Recht dazu. Aber Frauen machen das dauernd. Wie Mutter Erde, die nicht warten kann, dass man endlich zu ihr zurückkehrt. Vor allem im Supermarkt. Ich hasse das wirklich, wenn ich sinnierend vor den Kühlfächern mit Aufschnitt stehe und dann von hinten so einen Frauenblick spüre, der meinen Einkaufswagen mustert und nun auf meine Augen wartet. Ich schau dann kurz auf die Füße, irgendwelche, und geh weg. Spüre den Ärger. Von wegen Recht auf Blick, als wenns im Grundgesetz stünde. Aber machmal passt man eben nicht auf, selbst Homer schläft, und Peng!, so wie gerade eben, Augenkontakt!, Tag erst mal versaut.

Zum Glück hatte die Tussi so ein chinesisches Kalligraphie-Tatoo auf ihrem Oberarm, wo mein Blick sofort hin abgleiten konnte. Hat apotropäische Wirkung so was. Witzig auch diese Kalligraphie-Tatoos bei Frauen, die jeden aber wirklich jeden der 8 Milliarden Chinamen oder wieviel es gibt als sexuelle Antimaterie betrachten würden.

Nach der Zigarette ging es mir besser. Na ja, Gespräch war eigentlich doch ganz interessant gewesen, wenn nur am Ende dieser Frauenblick nicht gewesen wäre. Armer Idiot, hört immer noch die gleichen Sachen wie vor 15 Jahren als wir uns gegenseitig aus der Spex vorlasen. Wird wie meine Kollegen enden, für die DAS große Highlight des Jahres das anstehende Elton John Konzert in der TUI Arena ist. Gut, bei ihm irgend so eine Indie-Band. Aber wo ist der Unterschied? Selbst Diederich Diedrichsen hat doch irgendwann geschnallt, dass es besser ist, gleich auf Schönberg umzutunen. Aber was er sonst noch sagte, war eigentlich nicht dumm, kam mir auch irgendwie bekannt vor. Klang inspiriert.

Ich machte mir noch eine Zigarette und die CD von heut morgen vor der Arbeit an. Stockhausens MANTRA. Um mich herum immer neue breeder beim Auspacken ihrer Einkaufswagen. Seine Worte gingen mir durch den Kopf und ich dachte:

Bärbel 3. Apr. - 00:45

Zitat:
Na, was soll so einer wohl schon groß denken?

Und später mehrere Stunden später am Abend
als ich endlich alleine war und so da rum saß und atmete
einfach nur vor mich hin atmete
da kam dieser aufgemuskelte Zuckeraffentyp mit seinem bescheuerten Goldkettchen
mir wieder in den Sinn und ich dachte was geht wohl so einem Menschen im Kopf herum
wenn der Tag lang ist und ich versuchte mich zu erinnern was das für ein Anhänger war
den der Affe an seinem Brusthaargoldkettchen dranhängen hatte und nach ein bisschen Rumkramen
im Hirnkasten fiel es mir wieder ein es war so ein mexikanischer Kopf in ganz winzig
irgend so ein Götterkopf den der wahrscheinlich als Amulett -
solche Leute brauchen Talismane und Amulette solche Leute sind
so haltlos so ratlos sie schwimmen seelenlos
sich selber dauernd davon sie haben Gräten vielleicht keine Knochen
sie bestehen pur aus hormongetriggertem Mastfleisch und deshalb hängen sie sich
Toltekenköpfchen um den Hals damit sie sich daran festhalten können ja wirklich ich kenne das
solche Typen kommen oft in den Salong sie pflegen sich ziemlich gut und sie schmücken sich
um sich zu beruhigen um sich zu spüren wenn man aber
Blickkontakt aufnimmt mit ihnen dann merkt man wie sie zucken vor Angst
wie ein kleines verängstigtes Rattentier aufzuckt ganz weit hinten im Auge und wegrennt
weil es keine Berührung erträgt weil man ihm nämlich einmal als es ganz jung war ganz empfindlich
empfindsam ja - ja - da hat man dem kleinen Rattentier einmal das Fell abgezogen das haben andere getan
andere größere stärkere Ratten die selbst einmal kleiner waren und schwach und wurden gehäutet brutal und
seitdem geben sie weiter was man ihnen tat und die an die das Leid weiter gegeben wird pflanzen es
ebenfalls fort es ist eine endlose Kette von Elend von elendigem Schmerz und ein Glied dieser Kette ist auch
der Zuckeraffe beim EDEKA und ich bin froh dass ich ihn nicht kenne dass er kein Kunde ist dass ich mich also
diesmal nicht zuständig fühlen muss ach wie oft habe ich solche Leute gewaschen damals als ich im
Bestattungsgewerbe gearbeitet habe man konnte den Körpern im Tode noch abspüren dass sie unberührbar
gewesen waren ihrer Lebtag lang und ich sah während sie unter meinen zärtlichen Händen lagen
oft lange lange in die mir so weit geöffneten wehrlosen stumm gewordenen Augen
um die kleine Ratte zu entdecken und immer - immer war sie da in den toten Augen sie trippelte
unruhig hin und her verängstigt geschändet enthäutet gemartert und getrieben getrieben von
ihrem un stillbaren Schmerz bis ich dann mich erbarmte und endlich
die toten Lider verschloss. 

http://www.synekdoche.de/thema3791.htm#21461

Moderator 4. Apr. - 8:45

Toltec wird zur Strafe in ein Frauenliteraturform versetzt!

(Szene wandelt sich zu einer Theaterbühne. Im Hintergrund großflächige Leinwandprojektion des Porträts von Madame Pompadour von Boucher aus der Alten Pinakothek. Ein Frauenchor betritt die Bühne und beginnt zu singen. Toltec dem Chor nackt zu Füßen liegend mit seinem trou du cul dem Publikum zugwandt. Der Chor:)

Woanders mögen Menstruationslyrikerinnen singen,
Dank unserer Mutti wird ihnen das hier nicht gelingen.
Hier darf nur singen, wem die Gebärmutter gänzlich zu Kopfe gestiegen,
Priesterinnen der Literatur sind wir: echte Kinder wird von uns keine mehr kriegen.
Andere Foren mögen den Leute gerne bringen ihren Scheiß,
Nur eins steht fest: von denen schafft es keiner in unseren Kreis.
Wir singen davon, dass Männer Frauen wie ein Ausgusssiebchen benutzen,
Und davon wie wenn wir Sperma sehen, es uns kommt, das Kotzen!
Einen Mann halten wir jetzt uns doch auch, einen Herrn toltec-head.
Von dem ihn umgebenden Östrogen ist er schon richtig schön fett.
Am Jahresende kommt er in den Ofen und wird kastriert,
Als Wurst dann samt seiner literarischen Produktion auf ein Brot geschmiert
Und Suhrkamp präsentiert. Denn wir haben wovon andere nur träumen: Kontakte,
Wir können uns vor ihnen nicht retten, es gibt sie täglich, die einflatternden Literaturkontrakte.
Kurzkommentare mögen wir nicht und unseretwegen sind wir auch nicht nett,
Unter einer Prosa steht bei uns aber gern schon mal: "Du, Bärbel, das wär doch was für die SZ."

(Eine Frau tritt aus dem Chor hervor, richtet Toltec auf, zieht ihm ein Frauenkleid an und tritt sodann in den Chor zurück. Der Chor verlässt die Bühne. Toltec dreht sich zum Publikumam. Toltec klagend:)

Im Moment des Todes mich nicht zu verlieren
Mein Versuch mich auf eine Erektion zu konzentrieren
Ließests nicht zu, Welt, Du alte Hure Du,
Eine Bärbel machte mir die Augen zu.

(Toltec fällt um. Nach einer Weile richtet er sich aber wieder auf und reißt sich das Frauenkleid vom Körper. Das Portrait der Madame Pompadour im Hintergrund fällt in diesem Moment in sich zusammen. Toltec emphorisch:)

Gestorben immer noch schlau
Fragt ich sogleich wo hier die Jungs sind?

(Er sieht sich nach allen Seiten um.)

(Stimme aus dem Off:)

"Was, das weißt du nicht du armes Kind?
Ich, der Tod, bin eine Frau!"

(Der Vorhang fällt.)

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