Wintermärchen

Symbolgedicht zum Thema Selbsterkenntnis

von  ThymiosGazis

Durch einen Spalt im All
beobachtet die Sonnenwende uns,
klanglose Takte
außerhalb der zerrinnenden Zeit.
Ein taubstummes Streichorchester
spielt in unserer Seele
eine Symphonie endlosen Augenblicks,
einen Traum ohne Morgen und Gestern.
Der festgefrorene Boden
gibt unter den Füßen nach
und die Abwesenheit des Stofflichen
erfüllt uns mit Glück.

Alte Kinder vom Nebel getragen,
--rätselhafte Weissagung
im dionysischen Gewand--
wandeln über den zurückgelegten Abgrund.
Das Vergebliche suchend
küssen uns Nymphen.

Die Sehnsucht einer zitternden Saite
hüllt uns in ihrem Schmerz ein
wie die letzte Wärme
vom Mutterkuchen.
Wir gehen
noch ungeboren
in einem Blick auf.

Hauchzarte Stiche
Erinnerungen, die süß schmerzen
verlassen uns die Seelen.
In einem fremden Antlitz
erkennen wir uns plötzlich selbst.
Ein Moll-Akkord
nimmt uns dann weithin
auf seinen Schwingen mit.

*

Mich einen Unbekannten
braucht Gott
um sich kurz
die Unsterblichkeit vorzustellen;
das heißt,
was Jetzt ist.
Die Träume der Jugend
mein eigenes Glück
ihm als Gewähr anvertraut,
wird er mir zum Abschied schenken.


Thymios Gazis

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(31.01.15)
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 Ginkgoblatt meinte dazu am 31.01.15:
Das ist hauchzartes Berühren durch Worte. Danke.

 ThymiosGazis antwortete darauf am 31.01.15:
Lieber Graeculus,
hochgeschätzt und inspirierend deine Meinung.
Man fühlt sich ... siebzig Jahre jünger. Herzlichen Dank!


Liebe Coline,
So poetisch, wie eine helikonische Brise:
„Hauchzartes Berühren durch Worte“, die Zeit anhaltende Nachdichtung.
Danke!

 Ginkgoblatt schrieb daraufhin am 01.02.15:
Lächelnd.
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