Ein Freihandelsabkommen
Erzählung zum Thema Politik
von pentz
Die Frau, die ihm in ihrer Furcht wie ein kleines, verschüchtertes Mädchen erschien, hatte Angst gehabt. „Wenn Sie mir aber während der Fahrt aus dem Zug steigen?“ „Sehe ich so aus?“ Er hatte sich dazu mit seinem ganzen Gesicht ihr zugewandt und gestrahlt. Sie musterte ihn einen Moment, lachte: er sei es eigentlich nicht. Er wiederholte: „Eigentlich!?“
Er war auf diese Idee gekommen, als er auf den Zug warten musste. Er besaß eine Karte, mit der zwei Personen fahren durften, er und jemand anderes. Warum nicht jemanden ansprechen, ob er mit einem und dieser Karte mitfahren wolle, er müsse dazu nur die Hälfte des eigentlichen Preises bezahlen? Grandiose Idee und nun, bei dieser Lady hier, hatte es ja auch geklappt, wenngleich letztlich nur deshalb, weil sie zu großes Geld besaß, welches der Fahrkartenautomat nicht schluckte. Ihre Zögerlichkeit, darauf einzugehen, zeugte davon wie unsicher, menschen- oder fremdenscheu sie war. Weniger war er es, denn er vertröstete sich damit, dass sie, sobald sie den Zielbahnhof erreicht hätten - er selbst konnte auch nicht wechseln - sie schon bezahlen würde, nach der Geldkleinmachung.
Damit war für sie gesichert, dass er nicht vorher plötzlich und unerwartet aussteigen würde.
„Woher haben Sie diese Angst?“, fragte er sie, während sie durch die Unterführung und zum Gleis gingen.
„Na, das habe ich im Fernsehen gesehen. Es gibt so Menschen, die leben quasi davon, dass sie Fahrkarten kaufen, andere mitfahren lassen, aber vorzeitig sich verdünnisieren.“
An den Unterführungswänden war das flureszierende Graffiti mit einem großer Onkel Sam gespritzt, der ein Europa mit all seinen bunten Farben verschlingt. Ansonsten war es düster hierunten.
„Wirklich?“
„Ja!“
Entspannt gingen sie die Treppe zum Gleis hoch.
„Ja, ja. Das Fernsehen. Diese Panikmacher, Angstverbreiter, Lügner und Diebe!“
Der Zug war pünktlich. In diesem stiegen sie ein, forsch schritt sie vor ihm her und wählte eine Sitzgelegenheit aus. Er wunderte sich, dass es nicht ein Vierer-, sondern Zweierplatz gewesen, der intimer ist und wo sich nicht so distanziert gegenüber sitzen müssen. Das Licht ging ihm auf, als sie jetzt ins Gespräch kamen. Sie wollte sich von einer positiven, verbindlichen, nicht von nichts herkommenden Seite präsentieren: sie hatte etwas zu verkaufen.
„Wohin fahren Sie denn?“
Unter anderem auf eine Demo gegen das geplante Freihandelsabkommen zwischen Europa und Amerika.
Wie sie das verkündete! Aus dem ängstlichen Küken beim Bahnautomaten vorhin war eine forsche, mutige und unerschrockene Kämpferin geworden.
„Freihandelsabkommen? Ist das so etwas, wie wir hier machen? Wir handeln einen Preis aus für die Fahrkarte und keiner schaut uns über die Schultern und reglementiert den Preis.“
Sie lachte. Sie hob den Zeigefinger: „Sie stellen sich dümmer als sie sind, nicht wahr?“
„Nein, wirklich nicht. Ich weiß nicht, was das ich. Ich habe nur mitbekommen, dass es gegen Amerika geht! Und dann ist das Interesse abgeflaut.“
„Aber nicht zufällig, nicht weil es Amerika ist, sondern...“
Sie versuchte es ihm zu erklären. Ja, ja, die bösen amerikanischen Erfindungen, Firmen undsoweiter.
„Sie können damit sogar in Bioläden ihre gentechnisch-manipulierten Produkte platzieren.“
„Sie meinen: zwangsplatzieren!“
„Aber ja!“
„Hm.“ Das klang nach Panikmache wie das Fernsehen es betreibt.
Dann erzählte sie, dass sie nur Bioprodukte kaufte, ja sogar Vegetarierin war.
Oha, trifft man auch nicht alle Tage.
Wie sie darauf gekommen sei?
Sie habe als Kind das furchtbare Erlebnis über sich hatte ergehen lassen müssen, vor ihren Augen ein Schaf geschächtet zu sehen. Daraufhin konnte sie kein Fleisch mehr essen. Verständlich. Aber wieso eigentlich, auch er habe in seiner Kindheit Tiere sterben sehen, mit einem Bolzenwerkzeug, eine Art Bolzenpistole, kurzes Ansetzen an das Hirn des Tieres und plopp, in einer Sekunde war es leblos und tot. Aber na klar, ein Tier beobachten zu müssen, wie es stirbt, wann und so wie ihr das Blut langsam aus dem Hals dringt und quillt, ist schon ein schrecklicher Anblick, zumal für Kinder.
Sie erzählte, sie habe es bei Muslimen gesehen. Als sie von der Stadt aufs Land gezogen war.
Ja, konnte er bestätigen, dass sie das so handhabten.
„Natürlich, es stimmt schon. Was Du isst, bist Du!“, sagte er pointiert.
Er tat das, weil er sich hinterwäldlerisch, zurückgeblieben und unzivilisiert vorkam als Fleischesser, was ihn weiter dazu bewog zu sagen: „Ja, na ja. Kalbsfleisch esse ich nicht. Da sind die Tiere zu jung, wenn sie geschlachtet werden.“ Immerhin, seufzte er daraufhin. Ein Argument zu seiner Entlastung war ihm eingefallen.
„Schweinefleisch auch nicht. Nur Rind“, ergänzte er.
Jetzt war es genug. Er musste die Dinge auf den Tisch knallen.
„Aber das ist alles sehr fragwürdig.“ Er wollte schon Nonsens oder „nicht ganz koscher“ sagen.
„Nun, im Tierreich, in der Natur fressen halt große Tiere kleinere oder stärkere schwächere oder...“
Er merkte, der redete gegen sich selbst, gegen seine Schuldgefühle und als ihm nichts mehr einfiel, entschloss er, dass es Zeit war für einen Themawechsel. Nur was?
Das beste Essen sei doch dasjenige aus dem eigenen Garten.
„Da gebe ich Ihnen recht! Wenngleich ich keinen eigenen Garten habe.“
„Meine Liebe zur Natur geht sogar so weit“, fügte er jetzt halb im Scherz, halb im Ernst hinzu, dass er das dreckige Geschirr eigenhändig abwüsche.
„Nein, das brauche ich nicht, ich habe eine Geschirrspülmaschine.“
„Gratulation! Äh, aber ist der Wasserverbrauch nicht höher mit so einer Maschine?“
„Nein, habe ich gehört, dass nicht...“
„Aus dem Fernseher!“
„Ja, aber ich glaube...“
„Aber der Stromverbrauch, was ist mit dem?“
„Äh...“
Sie betraten zu weites Feld und verzweigten sich.
Jedenfalls machte sie ihre Kuchen selbst, ihre Apfelkuchen zum Beispiel.
„Haben Sie schon mal Apfelstrudel gemacht?“
„Nein!“, gab er zu. „Das kommt als nächstes dran. Ich bin ja erst Anfänger in Sachen Bäckerei, Konditorei undsoweiter. Aber, sagen Sie, wie macht man den?“
Ach, den Teig würde sie im Geschäft kaufen, also nicht selbst anfertigen. Aber ihre Schwiegermutter in spe, äußerte sie freudig und strahlend, würde dies können. Er verstand. Das genügte ja.
Er gratulierte ihr zur Verlobung.
„Danke!“, und sie strahlte.
Das sie davon erzählt hatte, dass sie bei ihrer Freundin in Nürnberg erst Mal übernachten würde, meinte er, dass dies wohl auch in Berlin täte.
„Nein, leider nicht. Wir wohnen in einem Hotel.“ Sie lachte dazu: „Muss ja auch Spaß machen.“ Und er ergänzte im Geiste: „So eine Demonstration!“
Eine ältere Dame schleppte sich mit einem schweren Koffern ab. Er stand auf, packte zu und trug das Gepäck gegen den Ausgang. Vor ihn waren ein paar Aussteiger, denen er schließlich nachfolgte, während er sich bewusst geworden war, seinen Anorak noch anzuhaben und die ältere Dame ohnehin nicht ihr Mitbringsel die Treppchen hinuntertragen konnte. Als er diese auf dem Trottoir abgesetzt hatte, half er die Dame die Stufen herab, während er hinter ihr das besorgte Gesicht seiner Mitreisenden erscheinen sah.
Er verabschiedete die Matrone. Sie wollte noch etwas aus ihrem Mantel ziehen, aber er konnte sie nicht mehr mit ihr befassen, weil sich die Maschine in Bewegung setzen wollte, jedenfalls starke Geräusche verursachte, womöglich von den sich schließenden Türen. Aber er hatte eine gute Aufpasserin.
„Kommen Sie rein, rein!“
Sie hielt ihm die Tür offen, winkte hektisch mit den Händen und er sagte: „Welch ein Glück, nicht!“, und lachte.
Während sie weiter über die Modalitäten ihrer Anreise zu einer Demo gegen das Freihandelsabkommen in Berlin berichtete, kamen sie in Nürnberg an. Vereinbart hatten sie, dass sie ihm dann, nachdem gewechselt, das vereinbarte, auf einem Art Freihandelsabkommen beruhende Fahrgeld überreichen würde. Sie schaute sich nach ihrer Freundin um, die da auf dem Bahnsteig wartete und meinte, sie bräuchten nicht extra zu einem Laden gehen, um zu wechseln.
„Gib mir einmal 5 Euro in Klein, bitte“, sagte sie zu ihr.
Moment, dachte er, es waren doch 6 Euro vereinbart. Aber er konnte sich auch verhört haben.
Als sie ihm dann 5 Euro überreichte, bestand er auf die ausgemachten 6, Freihandelsabkommen hin oder her. Im Gegenteil, sie brauchten keinen Weltpolizisten, um dieses ordnungsgemäß durchzuführen, oder? Sagen tat er es nicht, nur denken.
Sie gab ihm denn doch die 6 Euro, weil er so darauf bestand.
„In Ordnung!?“
„In Ordnung!“
Die Demonstration gegen das Freihandelsabkommen war ein voller Erfolg gewesen und eine der größten seit dem Fall der Mauer. Kann man sich denken. Wenn es gegen Uncle Sam geht, stehen für einige neue Alte Rechnungen offen.
Er war auf diese Idee gekommen, als er auf den Zug warten musste. Er besaß eine Karte, mit der zwei Personen fahren durften, er und jemand anderes. Warum nicht jemanden ansprechen, ob er mit einem und dieser Karte mitfahren wolle, er müsse dazu nur die Hälfte des eigentlichen Preises bezahlen? Grandiose Idee und nun, bei dieser Lady hier, hatte es ja auch geklappt, wenngleich letztlich nur deshalb, weil sie zu großes Geld besaß, welches der Fahrkartenautomat nicht schluckte. Ihre Zögerlichkeit, darauf einzugehen, zeugte davon wie unsicher, menschen- oder fremdenscheu sie war. Weniger war er es, denn er vertröstete sich damit, dass sie, sobald sie den Zielbahnhof erreicht hätten - er selbst konnte auch nicht wechseln - sie schon bezahlen würde, nach der Geldkleinmachung.
Damit war für sie gesichert, dass er nicht vorher plötzlich und unerwartet aussteigen würde.
„Woher haben Sie diese Angst?“, fragte er sie, während sie durch die Unterführung und zum Gleis gingen.
„Na, das habe ich im Fernsehen gesehen. Es gibt so Menschen, die leben quasi davon, dass sie Fahrkarten kaufen, andere mitfahren lassen, aber vorzeitig sich verdünnisieren.“
An den Unterführungswänden war das flureszierende Graffiti mit einem großer Onkel Sam gespritzt, der ein Europa mit all seinen bunten Farben verschlingt. Ansonsten war es düster hierunten.
„Wirklich?“
„Ja!“
Entspannt gingen sie die Treppe zum Gleis hoch.
„Ja, ja. Das Fernsehen. Diese Panikmacher, Angstverbreiter, Lügner und Diebe!“
Der Zug war pünktlich. In diesem stiegen sie ein, forsch schritt sie vor ihm her und wählte eine Sitzgelegenheit aus. Er wunderte sich, dass es nicht ein Vierer-, sondern Zweierplatz gewesen, der intimer ist und wo sich nicht so distanziert gegenüber sitzen müssen. Das Licht ging ihm auf, als sie jetzt ins Gespräch kamen. Sie wollte sich von einer positiven, verbindlichen, nicht von nichts herkommenden Seite präsentieren: sie hatte etwas zu verkaufen.
„Wohin fahren Sie denn?“
Unter anderem auf eine Demo gegen das geplante Freihandelsabkommen zwischen Europa und Amerika.
Wie sie das verkündete! Aus dem ängstlichen Küken beim Bahnautomaten vorhin war eine forsche, mutige und unerschrockene Kämpferin geworden.
„Freihandelsabkommen? Ist das so etwas, wie wir hier machen? Wir handeln einen Preis aus für die Fahrkarte und keiner schaut uns über die Schultern und reglementiert den Preis.“
Sie lachte. Sie hob den Zeigefinger: „Sie stellen sich dümmer als sie sind, nicht wahr?“
„Nein, wirklich nicht. Ich weiß nicht, was das ich. Ich habe nur mitbekommen, dass es gegen Amerika geht! Und dann ist das Interesse abgeflaut.“
„Aber nicht zufällig, nicht weil es Amerika ist, sondern...“
Sie versuchte es ihm zu erklären. Ja, ja, die bösen amerikanischen Erfindungen, Firmen undsoweiter.
„Sie können damit sogar in Bioläden ihre gentechnisch-manipulierten Produkte platzieren.“
„Sie meinen: zwangsplatzieren!“
„Aber ja!“
„Hm.“ Das klang nach Panikmache wie das Fernsehen es betreibt.
Dann erzählte sie, dass sie nur Bioprodukte kaufte, ja sogar Vegetarierin war.
Oha, trifft man auch nicht alle Tage.
Wie sie darauf gekommen sei?
Sie habe als Kind das furchtbare Erlebnis über sich hatte ergehen lassen müssen, vor ihren Augen ein Schaf geschächtet zu sehen. Daraufhin konnte sie kein Fleisch mehr essen. Verständlich. Aber wieso eigentlich, auch er habe in seiner Kindheit Tiere sterben sehen, mit einem Bolzenwerkzeug, eine Art Bolzenpistole, kurzes Ansetzen an das Hirn des Tieres und plopp, in einer Sekunde war es leblos und tot. Aber na klar, ein Tier beobachten zu müssen, wie es stirbt, wann und so wie ihr das Blut langsam aus dem Hals dringt und quillt, ist schon ein schrecklicher Anblick, zumal für Kinder.
Sie erzählte, sie habe es bei Muslimen gesehen. Als sie von der Stadt aufs Land gezogen war.
Ja, konnte er bestätigen, dass sie das so handhabten.
„Natürlich, es stimmt schon. Was Du isst, bist Du!“, sagte er pointiert.
Er tat das, weil er sich hinterwäldlerisch, zurückgeblieben und unzivilisiert vorkam als Fleischesser, was ihn weiter dazu bewog zu sagen: „Ja, na ja. Kalbsfleisch esse ich nicht. Da sind die Tiere zu jung, wenn sie geschlachtet werden.“ Immerhin, seufzte er daraufhin. Ein Argument zu seiner Entlastung war ihm eingefallen.
„Schweinefleisch auch nicht. Nur Rind“, ergänzte er.
Jetzt war es genug. Er musste die Dinge auf den Tisch knallen.
„Aber das ist alles sehr fragwürdig.“ Er wollte schon Nonsens oder „nicht ganz koscher“ sagen.
„Nun, im Tierreich, in der Natur fressen halt große Tiere kleinere oder stärkere schwächere oder...“
Er merkte, der redete gegen sich selbst, gegen seine Schuldgefühle und als ihm nichts mehr einfiel, entschloss er, dass es Zeit war für einen Themawechsel. Nur was?
Das beste Essen sei doch dasjenige aus dem eigenen Garten.
„Da gebe ich Ihnen recht! Wenngleich ich keinen eigenen Garten habe.“
„Meine Liebe zur Natur geht sogar so weit“, fügte er jetzt halb im Scherz, halb im Ernst hinzu, dass er das dreckige Geschirr eigenhändig abwüsche.
„Nein, das brauche ich nicht, ich habe eine Geschirrspülmaschine.“
„Gratulation! Äh, aber ist der Wasserverbrauch nicht höher mit so einer Maschine?“
„Nein, habe ich gehört, dass nicht...“
„Aus dem Fernseher!“
„Ja, aber ich glaube...“
„Aber der Stromverbrauch, was ist mit dem?“
„Äh...“
Sie betraten zu weites Feld und verzweigten sich.
Jedenfalls machte sie ihre Kuchen selbst, ihre Apfelkuchen zum Beispiel.
„Haben Sie schon mal Apfelstrudel gemacht?“
„Nein!“, gab er zu. „Das kommt als nächstes dran. Ich bin ja erst Anfänger in Sachen Bäckerei, Konditorei undsoweiter. Aber, sagen Sie, wie macht man den?“
Ach, den Teig würde sie im Geschäft kaufen, also nicht selbst anfertigen. Aber ihre Schwiegermutter in spe, äußerte sie freudig und strahlend, würde dies können. Er verstand. Das genügte ja.
Er gratulierte ihr zur Verlobung.
„Danke!“, und sie strahlte.
Das sie davon erzählt hatte, dass sie bei ihrer Freundin in Nürnberg erst Mal übernachten würde, meinte er, dass dies wohl auch in Berlin täte.
„Nein, leider nicht. Wir wohnen in einem Hotel.“ Sie lachte dazu: „Muss ja auch Spaß machen.“ Und er ergänzte im Geiste: „So eine Demonstration!“
Eine ältere Dame schleppte sich mit einem schweren Koffern ab. Er stand auf, packte zu und trug das Gepäck gegen den Ausgang. Vor ihn waren ein paar Aussteiger, denen er schließlich nachfolgte, während er sich bewusst geworden war, seinen Anorak noch anzuhaben und die ältere Dame ohnehin nicht ihr Mitbringsel die Treppchen hinuntertragen konnte. Als er diese auf dem Trottoir abgesetzt hatte, half er die Dame die Stufen herab, während er hinter ihr das besorgte Gesicht seiner Mitreisenden erscheinen sah.
Er verabschiedete die Matrone. Sie wollte noch etwas aus ihrem Mantel ziehen, aber er konnte sie nicht mehr mit ihr befassen, weil sich die Maschine in Bewegung setzen wollte, jedenfalls starke Geräusche verursachte, womöglich von den sich schließenden Türen. Aber er hatte eine gute Aufpasserin.
„Kommen Sie rein, rein!“
Sie hielt ihm die Tür offen, winkte hektisch mit den Händen und er sagte: „Welch ein Glück, nicht!“, und lachte.
Während sie weiter über die Modalitäten ihrer Anreise zu einer Demo gegen das Freihandelsabkommen in Berlin berichtete, kamen sie in Nürnberg an. Vereinbart hatten sie, dass sie ihm dann, nachdem gewechselt, das vereinbarte, auf einem Art Freihandelsabkommen beruhende Fahrgeld überreichen würde. Sie schaute sich nach ihrer Freundin um, die da auf dem Bahnsteig wartete und meinte, sie bräuchten nicht extra zu einem Laden gehen, um zu wechseln.
„Gib mir einmal 5 Euro in Klein, bitte“, sagte sie zu ihr.
Moment, dachte er, es waren doch 6 Euro vereinbart. Aber er konnte sich auch verhört haben.
Als sie ihm dann 5 Euro überreichte, bestand er auf die ausgemachten 6, Freihandelsabkommen hin oder her. Im Gegenteil, sie brauchten keinen Weltpolizisten, um dieses ordnungsgemäß durchzuführen, oder? Sagen tat er es nicht, nur denken.
Sie gab ihm denn doch die 6 Euro, weil er so darauf bestand.
„In Ordnung!?“
„In Ordnung!“
Die Demonstration gegen das Freihandelsabkommen war ein voller Erfolg gewesen und eine der größten seit dem Fall der Mauer. Kann man sich denken. Wenn es gegen Uncle Sam geht, stehen für einige neue Alte Rechnungen offen.