Eine nicht vergessene Liebe
Erzählung zum Thema Liebe und Sehnsucht
von NormanM.
„Meine Damen und Herren, wir erreichen in wenigen Minuten Trier Hauptbahnhof. Dort haben Sie Anschlüsse an…“
Eduard Decker stand auf und nahm seinen Koffer, während der Schaffner seine Durchsage machte. Der Schaffner sprach halbwegs Hochdeutsch, trotzdem war der Trier Dialekt herauszuhören, der Eduard sofort vertraut war, auch nach über 60 Jahren, in denen er nun schon in Düsseldorf lebte und seitdem nie wieder in Trier gewesen war.
Nun kam er zum ersten Mal wieder in seine Heimatstadt, um das zu tun, was er schon damals hätte tun sollen - anstatt zu fliehen. Doch nun musste er damit abschließen. Er hatte nicht mehr viel Zeit.
Vorgestern hatte er es erfahren. Magenkrebs. Die Ärzte hatten ihn von der Operation abgeraten.
„Wir können nicht sehen, ob der Tumor noch operabel ist“, hatte der Arzt ihm erklärt. „Wir können dies erst bei einer Operation feststellen. Sollte der Tumor nicht mehr zu entfernen sein, kommt es durch die Luftzufuhr zu einem schnelleren Wachstum, was die Lebenszeit noch mehr verkürzt.“
Er hatte die Operation abgelehnt. Er war nun 87 Jahre alt. Wie lange würde er ohne Krebs noch leben? Zwei, drei Jahre vielleicht. Jetzt noch den Aufwand einer Operation ertragen, die wohlmöglich alles noch schlimmer machen würde? Nein, danke. Dann würde er lieber ohne zusätzliche Qualen sterben. Und mit dem abschließen, was ihn so viele Jahrzehnte lang belastet hatte.
Der Zug erreichte den Bahnhof und die Fahrgäste stiegen aus. Er stieg als letzter aus, da er mit seinem Koffer etwas länger brauchte, um die Stufen herunter zu steigen.
Er verließ den Bahnhof. Er blieb stehen und strich sich durch die weißen um die Halbglatze befindlichen Haare, während er sich umsah.
Es war seltsam, nach so vielen Jahren wieder in der Heimat zu sein, doch plötzlich war ihm so, als sei er nie fort gewesen.
Er sah sich als jungen Mann wieder vor sich. Ein sehr attraktiver Mann war er gewesen mit dunklem vollem Haar, braunen Augen, einer athletischen Figur. Ein Mann, hinter dem die Frauen her liefen, ein Mann, der Männer liebte. Doch niemand durfte es wissen. Daher musste er Rudi, seine große Liebe verlassen.
Du musstest ihn nicht verlassen, du Idiot, sprach er zu sich selbst. Du hast ihn einfach verlassen, weil du Angst hattest.
Über 60 Jahre lang hatte er einsam gelebt und seine Homosexualität geheim gehalten. Mehr als sechs Jahrzehnte lang war er unglücklich gewesen, aber er wollte nicht unglücklich sterben.
Er ging zu einem Taxi, das hinter dem Bahnhof wartete. Der Fahrer, ein freundlicher junger Mann von etwa 30 Jahren, half ihm bei seinem Gepäck. Sehr attraktiv, dachte Eduard und musste ein wenig lächeln, aber daran war jetzt leider nicht mehr zu denken.
„So, wo darf es denn hingehen?“, fragte der Fahrer freundlich. Auch bei ihm war der Trier Akzent zu erkennen, wenn auch nur minimal.
„Zur Seniorenresidenz, Grünweg 1“, antwortete Eduart.
„Die Adresse kenne ich gut, dort fahre ich täglich hin. Ich kenne inzwischen schon sehr viele Bewohner dort. Sie habe ich bisher noch nie gesehen. Das heißt, Sie sind ein Besucher, richtig?“
„Ja, richtig, Sie kennen die Leute wirklich gut.“
„Ja, als Taxifahrer entwickelt man ein gutes Gedächtnis für Gesichter. Sie kommen nicht aus Trier?“
Eduard lächelte. „Meine Güte, Sie merken ja alles. Sie haben recht, obwohl ich eigentlich doch aus Trier komme. Ich wohne allerdings seit über 60 Jahren in Düsseldorf und war seitdem nie wieder hier.“
„Oh, das ist eine sehr lange Zeit.“
„Und doch ist es plötzlich wieder so, als sei ich nie fort gewesen.“
„Haben Sie nichts vermisst?“
„Oh doch…Jeden Tag“, beendete Eduard den Satz leise.
„Und warum waren Sie so lange nicht hier?“
„Nun ja, das ist eine lange Geschichte.“
„Gut, Sie müssen es mir natürlich nichts erzählen, es geht mich ja auch nichts an. Das ist die typische Taxifahrerkrankheit, dass ich immer sehr neugierig bin“, lachte der junge Mann. „Aber wenn die Länge der Geschichte das einzige Problem ist: Als Taxifahrer kenne ich viele lange Geschichten und wenn Sie es, bis wir da sind, nicht schaffen, alles zu erzählen, rufen Sie mich an, wenn Sie wieder zurückfahren. Dann fahre ich sie gerne wieder.“
„Sie sind ein Meister der Überredungskunst“, lachte Eduard. „Eigentlich ist es nicht einmal eine lange Geschichte. Ich musste damals vor mir selbst fliehen und meine große Liebe zurücklassen. Das Problem war, dass es sich um keine Frau handelte. Ich liebte einen Mann, ich bin homosexuell und ich habe ihn nicht einmal gesagt, dass ich ihn liebe.“
Es war das erste Mal, dass er es aussprach. Und jetzt waren ihm die Worte plötzlich aus dem Mund gerutscht als sei es etwas Alltägliches.
„Und diesen Mann wollen Sie jetzt wieder sehen?“
„Ja.“
„Hat er sie auch geliebt?“
„Ich weiß es nicht, ich habe nie mit ihm darüber gesprochen, aber ich fühlte, dass er es tat. Jeden Tag habe ich mir vorgeworfen, dass ich einfach gegangen bin, ohne mit ihm über meine Gefühle zu reden. Aber jetzt muss ich endlich reinen Tisch machen.“
„Und was hat Sie gerade jetzt plötzlich dazu veranlasst?“
„Ich habe erfahren, dass ich krank bin. Krebs. Ich weiß nicht mehr, wie viel Zeit mir noch bleibt, vielleicht einige Monate noch. Und ich möchte nicht einfach so gehen.“
„Das tut mir leid.“
„Nun ja, ich bin 87 Jahre alt, wer weiß, wie lange ich überhaupt noch gelebt hätte.“
„Ich finde es gut, dass Sie diese Entscheidung getroffen haben.“
Sie waren inzwischen angekommen. Eduard wollte gerade bezahlen, aber der junge Mann lehnte ab. „Diese Fahrt geht aufs Haus, es war mir ein Vergnügen, Sie zu fahren. Ich wünsche Ihnen alles Gute bei Ihrem Besuch. Und wenn Sie mal wieder ein Taxi brauchen, rufen Sie mich gerne an.“ Er gab Eduard eine Visitenkarte.
„Guten Tag, mein Name ist Eduard Decker, ich möchte zu Herrn Rudolf Wollenberg“, meldete er sich bei der Rezeption an. Die Rezeptionistin rief das zuständige Schwesternzimmer an, einige Minuten später wurde er von einer Schwester zum Zimmer geführt. Sie klopfte an der Tür. „Herr Wollenberg, ich habe Besuch für Sie. Herrn Eduard Decker.“
Einen Moment lang herrschte Schweigen.
„Eduard Decker?“, hörte er schließlich Rudi erstaunt fragen.
„Ja, kennen Sie ihn nicht?“
„Doch, doch… Ja, lassen Sie ihn eintreten.“
Er betrat das Zimmer, während die Schwester hinaus ging und die Tür schloss. Er fand Rudi ihn nur verblüfft anstarrend auf einem Sessel sitzend vor. Sein ursprünglich braunes Haar war inzwischen auch weiß und oben drauf war er fast so kahl wie Eduard. Damals war er glatt rasiert, nun zierte ein Vollbart sein Gesicht. Aber Eduard erkannte ihn trotzdem sofort wieder, es waren die blauen Augen.
„Eddi“, brachte Rudi nur hervor.
„Hallo Rudi.“
„Was machst du hier?“
„Nun ja, ich wollte dich wieder sehen.“
„Ja, aber wo warst du denn? Du warst nicht mehr da und hast nie wieder von dir hören lassen.“
„Es war falsch, es tut mir leid.“
„Warum kommst du erst jetzt?“
„Ich wollte mit dir reden und mich wenigstens verabschieden.“
„Du willst dich verabschieden. Nach sechzig Jahren willst du dich verabschieden?“
„Nein, ich muss bald wieder fort. Diesmal für immer. Ich habe nicht mehr viel Zeit, ich habe Krebs und habe nur noch ein paar Monate. Es war falsch, dass ich damals gegangen bin, ich habe es jeden Tag bereut. Aber ich habe es damals nicht ertragen zu bleiben.“
„Aber warum denn nicht? Wovon sprichst du?“
„Ich habe dich geliebt und ich liebe dich immer noch. Ich konnte es nicht ertragen, homosexuell zu sein, ich habe mich geschämt dafür und habe versucht zu fliehen und zu vergessen. Aber ich habe dich nie vergessen.“
„Warum hast du nie etwas gesagt, ich habe dich auch geliebt. Ich dachte, du hasst mich und bist deshalb gegangen.“
Eduard schüttelte mit dem Kopf. „Nein.“ Er begann zu weinen. „Ich möchte gerne die wenige Zeit, die mir noch bleibt, hier bei dir verbringen, wenn ich darf.“
Auch Rudi begann nun zu weinen und gab ihm schließlich mit einem Nicken zu verstehen, dass er einverstanden war.
Nach über 60 Jahren war es Eduard nun endlich gelungen, glücklich zu sein und mit seiner großen Liebe Rudi eine schöne Zeit zu verbringen. Ich freue mich, dass ich oft die Ehre hatte, ihnen für Ausflüge als Taxifahrer zur Verfügung zu stehen.
Heute haben wir Eduard Decker beerdigt. Er wurde 94 Jahre alt.
Eduard Decker stand auf und nahm seinen Koffer, während der Schaffner seine Durchsage machte. Der Schaffner sprach halbwegs Hochdeutsch, trotzdem war der Trier Dialekt herauszuhören, der Eduard sofort vertraut war, auch nach über 60 Jahren, in denen er nun schon in Düsseldorf lebte und seitdem nie wieder in Trier gewesen war.
Nun kam er zum ersten Mal wieder in seine Heimatstadt, um das zu tun, was er schon damals hätte tun sollen - anstatt zu fliehen. Doch nun musste er damit abschließen. Er hatte nicht mehr viel Zeit.
Vorgestern hatte er es erfahren. Magenkrebs. Die Ärzte hatten ihn von der Operation abgeraten.
„Wir können nicht sehen, ob der Tumor noch operabel ist“, hatte der Arzt ihm erklärt. „Wir können dies erst bei einer Operation feststellen. Sollte der Tumor nicht mehr zu entfernen sein, kommt es durch die Luftzufuhr zu einem schnelleren Wachstum, was die Lebenszeit noch mehr verkürzt.“
Er hatte die Operation abgelehnt. Er war nun 87 Jahre alt. Wie lange würde er ohne Krebs noch leben? Zwei, drei Jahre vielleicht. Jetzt noch den Aufwand einer Operation ertragen, die wohlmöglich alles noch schlimmer machen würde? Nein, danke. Dann würde er lieber ohne zusätzliche Qualen sterben. Und mit dem abschließen, was ihn so viele Jahrzehnte lang belastet hatte.
Der Zug erreichte den Bahnhof und die Fahrgäste stiegen aus. Er stieg als letzter aus, da er mit seinem Koffer etwas länger brauchte, um die Stufen herunter zu steigen.
Er verließ den Bahnhof. Er blieb stehen und strich sich durch die weißen um die Halbglatze befindlichen Haare, während er sich umsah.
Es war seltsam, nach so vielen Jahren wieder in der Heimat zu sein, doch plötzlich war ihm so, als sei er nie fort gewesen.
Er sah sich als jungen Mann wieder vor sich. Ein sehr attraktiver Mann war er gewesen mit dunklem vollem Haar, braunen Augen, einer athletischen Figur. Ein Mann, hinter dem die Frauen her liefen, ein Mann, der Männer liebte. Doch niemand durfte es wissen. Daher musste er Rudi, seine große Liebe verlassen.
Du musstest ihn nicht verlassen, du Idiot, sprach er zu sich selbst. Du hast ihn einfach verlassen, weil du Angst hattest.
Über 60 Jahre lang hatte er einsam gelebt und seine Homosexualität geheim gehalten. Mehr als sechs Jahrzehnte lang war er unglücklich gewesen, aber er wollte nicht unglücklich sterben.
Er ging zu einem Taxi, das hinter dem Bahnhof wartete. Der Fahrer, ein freundlicher junger Mann von etwa 30 Jahren, half ihm bei seinem Gepäck. Sehr attraktiv, dachte Eduard und musste ein wenig lächeln, aber daran war jetzt leider nicht mehr zu denken.
„So, wo darf es denn hingehen?“, fragte der Fahrer freundlich. Auch bei ihm war der Trier Akzent zu erkennen, wenn auch nur minimal.
„Zur Seniorenresidenz, Grünweg 1“, antwortete Eduart.
„Die Adresse kenne ich gut, dort fahre ich täglich hin. Ich kenne inzwischen schon sehr viele Bewohner dort. Sie habe ich bisher noch nie gesehen. Das heißt, Sie sind ein Besucher, richtig?“
„Ja, richtig, Sie kennen die Leute wirklich gut.“
„Ja, als Taxifahrer entwickelt man ein gutes Gedächtnis für Gesichter. Sie kommen nicht aus Trier?“
Eduard lächelte. „Meine Güte, Sie merken ja alles. Sie haben recht, obwohl ich eigentlich doch aus Trier komme. Ich wohne allerdings seit über 60 Jahren in Düsseldorf und war seitdem nie wieder hier.“
„Oh, das ist eine sehr lange Zeit.“
„Und doch ist es plötzlich wieder so, als sei ich nie fort gewesen.“
„Haben Sie nichts vermisst?“
„Oh doch…Jeden Tag“, beendete Eduard den Satz leise.
„Und warum waren Sie so lange nicht hier?“
„Nun ja, das ist eine lange Geschichte.“
„Gut, Sie müssen es mir natürlich nichts erzählen, es geht mich ja auch nichts an. Das ist die typische Taxifahrerkrankheit, dass ich immer sehr neugierig bin“, lachte der junge Mann. „Aber wenn die Länge der Geschichte das einzige Problem ist: Als Taxifahrer kenne ich viele lange Geschichten und wenn Sie es, bis wir da sind, nicht schaffen, alles zu erzählen, rufen Sie mich an, wenn Sie wieder zurückfahren. Dann fahre ich sie gerne wieder.“
„Sie sind ein Meister der Überredungskunst“, lachte Eduard. „Eigentlich ist es nicht einmal eine lange Geschichte. Ich musste damals vor mir selbst fliehen und meine große Liebe zurücklassen. Das Problem war, dass es sich um keine Frau handelte. Ich liebte einen Mann, ich bin homosexuell und ich habe ihn nicht einmal gesagt, dass ich ihn liebe.“
Es war das erste Mal, dass er es aussprach. Und jetzt waren ihm die Worte plötzlich aus dem Mund gerutscht als sei es etwas Alltägliches.
„Und diesen Mann wollen Sie jetzt wieder sehen?“
„Ja.“
„Hat er sie auch geliebt?“
„Ich weiß es nicht, ich habe nie mit ihm darüber gesprochen, aber ich fühlte, dass er es tat. Jeden Tag habe ich mir vorgeworfen, dass ich einfach gegangen bin, ohne mit ihm über meine Gefühle zu reden. Aber jetzt muss ich endlich reinen Tisch machen.“
„Und was hat Sie gerade jetzt plötzlich dazu veranlasst?“
„Ich habe erfahren, dass ich krank bin. Krebs. Ich weiß nicht mehr, wie viel Zeit mir noch bleibt, vielleicht einige Monate noch. Und ich möchte nicht einfach so gehen.“
„Das tut mir leid.“
„Nun ja, ich bin 87 Jahre alt, wer weiß, wie lange ich überhaupt noch gelebt hätte.“
„Ich finde es gut, dass Sie diese Entscheidung getroffen haben.“
Sie waren inzwischen angekommen. Eduard wollte gerade bezahlen, aber der junge Mann lehnte ab. „Diese Fahrt geht aufs Haus, es war mir ein Vergnügen, Sie zu fahren. Ich wünsche Ihnen alles Gute bei Ihrem Besuch. Und wenn Sie mal wieder ein Taxi brauchen, rufen Sie mich gerne an.“ Er gab Eduard eine Visitenkarte.
„Guten Tag, mein Name ist Eduard Decker, ich möchte zu Herrn Rudolf Wollenberg“, meldete er sich bei der Rezeption an. Die Rezeptionistin rief das zuständige Schwesternzimmer an, einige Minuten später wurde er von einer Schwester zum Zimmer geführt. Sie klopfte an der Tür. „Herr Wollenberg, ich habe Besuch für Sie. Herrn Eduard Decker.“
Einen Moment lang herrschte Schweigen.
„Eduard Decker?“, hörte er schließlich Rudi erstaunt fragen.
„Ja, kennen Sie ihn nicht?“
„Doch, doch… Ja, lassen Sie ihn eintreten.“
Er betrat das Zimmer, während die Schwester hinaus ging und die Tür schloss. Er fand Rudi ihn nur verblüfft anstarrend auf einem Sessel sitzend vor. Sein ursprünglich braunes Haar war inzwischen auch weiß und oben drauf war er fast so kahl wie Eduard. Damals war er glatt rasiert, nun zierte ein Vollbart sein Gesicht. Aber Eduard erkannte ihn trotzdem sofort wieder, es waren die blauen Augen.
„Eddi“, brachte Rudi nur hervor.
„Hallo Rudi.“
„Was machst du hier?“
„Nun ja, ich wollte dich wieder sehen.“
„Ja, aber wo warst du denn? Du warst nicht mehr da und hast nie wieder von dir hören lassen.“
„Es war falsch, es tut mir leid.“
„Warum kommst du erst jetzt?“
„Ich wollte mit dir reden und mich wenigstens verabschieden.“
„Du willst dich verabschieden. Nach sechzig Jahren willst du dich verabschieden?“
„Nein, ich muss bald wieder fort. Diesmal für immer. Ich habe nicht mehr viel Zeit, ich habe Krebs und habe nur noch ein paar Monate. Es war falsch, dass ich damals gegangen bin, ich habe es jeden Tag bereut. Aber ich habe es damals nicht ertragen zu bleiben.“
„Aber warum denn nicht? Wovon sprichst du?“
„Ich habe dich geliebt und ich liebe dich immer noch. Ich konnte es nicht ertragen, homosexuell zu sein, ich habe mich geschämt dafür und habe versucht zu fliehen und zu vergessen. Aber ich habe dich nie vergessen.“
„Warum hast du nie etwas gesagt, ich habe dich auch geliebt. Ich dachte, du hasst mich und bist deshalb gegangen.“
Eduard schüttelte mit dem Kopf. „Nein.“ Er begann zu weinen. „Ich möchte gerne die wenige Zeit, die mir noch bleibt, hier bei dir verbringen, wenn ich darf.“
Auch Rudi begann nun zu weinen und gab ihm schließlich mit einem Nicken zu verstehen, dass er einverstanden war.
Nach über 60 Jahren war es Eduard nun endlich gelungen, glücklich zu sein und mit seiner großen Liebe Rudi eine schöne Zeit zu verbringen. Ich freue mich, dass ich oft die Ehre hatte, ihnen für Ausflüge als Taxifahrer zur Verfügung zu stehen.
Heute haben wir Eduard Decker beerdigt. Er wurde 94 Jahre alt.