Es schneit draußen. Dicke Flocken, die an die Glasscheibe springen, kurz dort verweilen, dann schmelzen und schließlich entlang eines Wasserfilms zu Boden gleiten, tränengleich. Durch die Schlieren hindurch blinzeln die Lichter der Großstadt, gebrochen, gestreut, verzerrt.
Drinnen Stille. Keine Uhr tickt. Ein Herz schlägt. Auf dem Sessel, inmitten des Raumes, sitzt sie. Zeit rinnt. Hände gekreuzt. Glieder voller Spannung. Energie konzentriert, gefasst, gefangen. Ungeweinte Tränen.
Vor ihr ein Kaminfeuer. Der Sessel wirft einen langen Schatten, der schlägt ins Eck. Alles wartet. Sie atmet.
Das Feuer stirbt.
Sie reibt die Handflächen aneinander. Niemals und Jetzt reichen sich die Hand. Jetzt werden ihre Augen feucht. sie hebt die Hand zum Gesicht und lässt trotzdem die Träne ihren Weg laufen. Über die Wimpern, die Wange, dann macht der Tropfen kurz halt und hängt sich ans Kinn, bekommt einen langen Hals und fällt.
Draußen sind die Lichter, fern und unwirklich. Sie dürfen nicht Platz nehmen hier herinnen. Alles schon besetzt von dunkler Stille und mächtiger Leere.
Es dreht die Nacht die Sterne. Sie mag sich nicht erinnern, lässt nichts an sich heran. Jede Frage wirft ein Dutzend neuer Fragen auf. Die reichen sich die Hand mit den Schatten im Eck und tanzen im Kreis.
Drückt es sie zu Boden, so flieht sie doch nicht, sondern hält standhaft aus. Genesen am Schrecken, der da ist, aber sich nicht messen kann mit ihrer inneren Stärke. Die Kraft, die Spannung, die sie treibt, von Atemzug zu Atemzug, im Beharren, im Leben, im Fühlen, im Sein.
Es knackt im Eck. Der Boden dreht sich, in Schwärze, nichts will ruhig bleiben. Es glimmt noch ein Funken in der Glut - ein Luftzug - und erlischt.
