Ich habe heute drei Stunden unter der Dusche gesessen. Das Wasser lief in Strömen über mich hinab. Sonst war alles still. Kein Lufthauch, der die Umgebung streifte, nichts. Die anderen Bewohner des Hauses waren kaum zu hören. Nur da und dort ein leises Schimpfen, ein kurzer Streit, kaum verständliche Töne und Satzfragmente eines sentimentalen Liedes. Es war etwa vier Uhr morgens. Um eins war ich schlagartig aufgewacht, zitternd vor Kälte. Dabei konnte es im Zimmer gar nicht kalt sein. Es ist Sommer.
Das heiße Wasser nahm mir ein bisschen von meiner inneren Kälte, doch es konnte mich nicht ganz auftauen. Ich habe mir gewünscht, ich hätte noch Tränen. Manchmal kann ich unter der Dusche weinen, weil ich dort meine Tränen nicht sehen muss. Heute war es dennoch unmöglich. Alles in mir war hart und dünn wie Porzellan. Ich war mir ganz sicher, wenn ich das Wasser nicht über mich laufen ließe, würde ich erfrieren. Die Gedanken tobten in mir, doch sie waren so schnell, dass ich keinen einzigen davon fassen konnte. Dabei war mein Kopf doch furchtbar leer.
Ich starre die Wand an. Weiß. An einer Stelle ist ein grauer Fleck. In meinem Kopf nimmt er abstruse Formen an, die ich nicht klar benennen könnte. Irgendwann stehe ich auf, muss mich dabei an der Duschkabine festhalten, zögerlich ziehe ich mich hoch wie eine alte, gebrechliche Frau, ich verlasse das Bad, mache die Tür hinter mir zu und lasse etwas Zerbrechliches von mir darin zurück. Es klirrt hell wie Glas, als ich die Tür schließe. Es fühlt sich eklig an.
Ich liege im Bett. Es ist früher Morgen. Ich bin zum Zerreißen gespannt.
Etwas riecht nach verbrannter Erde.