Palazzo Vecchio

Erzählung zum Thema Arroganz

von  toltec-head

Ein Höhepunkt in Sloterdijks neuen Tagebüchern, wo sonst kaum einmal etwas geschieht, ist, wie der Philosoph einen Philosophenkongress im Palazzo Vecchio in Florenz aus Langeweile vorzeitig verlässt und dann draußen mit breitgesessenem und verschwitztem Arsch vor Michelangelos David steht. Verräterisch für die im Grunde doch sehr zeitgemäße Gestimmtheit des Herrn ist, dass ihm, als sei er eine Normalschwuchtel oder Hete unter der Dusche mit anderen Heten, sofort die Kleinheit des Glieds und die Phimose ins Auge fällt und wie er sich darüber mokiert. Das perverse Begehren eine Michelangelos oder der Griechen, für die der Penis des Geliebten ja nicht nur klein sein musste, sondern im Akte der Penetration nicht einmal erigieren durfte, bleibt ihm unzugänglich. Die Phimose steht für die noch verschlossene Blüte und deutet Frische an, egal wie es darunter riecht. Die Mailbox hellenisierter Juden, die sich in Alexandria des 3. Jahrhunderts vor Christus oder selbst in Jerusalem auf die Palästra trauen wollten, wurde tagtäglich mit Spams überschwemmt, die spezielle Operationen für XXL-Vorhäute anpriesen. Selbst noch beim griechischen Hunk-Ideal, wie man es kürzlich im Liebighaus in Frankfurt am rekonstruierten Original der beiden Boxkämpfer Polydeukes und Amykto bewundern konnte, findet sich die Phimose. Der stehend triumphierende Grieche unterscheidet sich im Übrigen von dem vor ihm hockenden, besiegten Barbaren nicht durch die Größe seines Gemächts, sondern nur durch seine dezente Intimrasur.

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Kommentare zu diesem Text

Trainee (71)
(31.01.19)
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