Heimsuchung

Text

von  Cathleen

Heimsuchung

Schon klopfst du an, ich konnte dich längst fühlen,
die Wohnungstür ist dünner als Papier.
Ich wünschte mir, wir würden das nur spielen,
dann tut es nicht so weh, dass ich verlier.

Wir spielen nicht, du bist längst eingetreten,
weil du zu dieser Tür den Schlüssel hast.
Ich habe dich gewiss nicht drum gebeten,
doch wo du schon mal da bist, sei mein Gast.

Ich habe oft versucht, es zu verhindern,
dass du dich einfach in mein Leben presst.
Vergeblich. Nichts wird deinen Eifer lindern.
Du machst daraus auf jede Art dein Fest.

Begrab mich endlich unter deiner Schwere,
erdrück das Pochen, bis man’s nicht mehr hört.
Verzeih mir, dass ich mich nicht einmal wehre.
Ich weiß, dass sich’s für Opfer so gehört.

Gleich schüttest du mir Dunkel in die Seele,
das werd ich wieder wochenlang nicht los.
Wenn ich mich dann durch meinen Alltag quäle,
schaust du nur zu. Es amüsiert dich bloß.

Du bist die böse von den Traurigkeiten,
sofort zur Stelle, wenn sich Sehnsucht regt. –
Egal, es gibt auch wieder bessre Zeiten,
wo mein Verlangen einmal Früchte trägt.

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (10.06.19)
Hallo Cathleen
für mich gehören das Rückfallgedicht und die "Heimsuchung" zusammen.
Zwar kann es sich bei Letzterem auch um eine Depression handeln, die aber wiederum nach "Erlösung" bzw. Erleichterung durch Alkohol schreit.
Das Thema Sucht ist oft bedichtet worden und immer wieder spannend. - In mancherlei Hinsicht ist durch Schreiben eine Kanalisierung des Suchtdrucks möglich. Oder durch etwas anderes, wofür der Leidende brennen kann.

Herzliche Grüße
der8.

 Cathleen meinte dazu am 10.06.19:
Kanalisierung des Suchtdrucks - ja, das war wahrscheinlich der Auslöser für das Schreiben überhaupt. Statt gegen 23 Uhr nicht mehr ansprechbar zu sein, gegen 23 Uhr vorm Computer sitzen und schreiben und sich so ein Erfolgserlebnis schaffen.
Gut erkannt.
LG Cathleen

 AchterZwerg antwortete darauf am 11.06.19:
Liebe Cathleen,
ich hatte beruflich - und im näheren Bekanntenkreis - häufig mit solchen Problemen zu tun.
Der "Vorteil" der stoffgebundenen Süchte - mit Ausnahme der Esssucht - liegt ja darin, dass man seine Auslöser weglassen kann.
Allerdings verlangt dies dem Betroffenen buchstäblich alles ab, und ich bewundere jeden, der seiner ganz persönlichen Hölle entkommen kann.
Liegt seine Ersatzhandlung in der Kunst, bestehen gute Aussichten auf langfristigen Erfolg.

Dir alles Gute
der8.

 Isaban (10.06.19)
Hallo Cathleen,

bei Texten mit sechs oder mehr Strophen bin ich immer geneigt zu sagen, dass sie Länge zeigen. Hier jedoch ist das absolut nicht der Fall. Dieser Text nimmt mich als Leser mit, lässt mich die Erlebnisse des LI miterleiden, lässt mich beim Lesen gedanklich schreien: Wehr dich endlich, wehr dich doch bitte - und dann fängt sie mich ebenso gründlich, wie das LI, diese böse Form der Traurigkeit, jene, die man nicht so leicht wieder losbekommt, die man kaum abschütteln kann, vor der man Tür und Tor nicht verschließen kann.


Einzig in der Letzten Strophe würde ich eventuell eines der beiden "auch" ausbauen, im letzten Vers könnte man anstelle des umgangsprachlichen "auch mal" einfach "einmal" schreiben, was meinst du?

Liebe Grüße
Sabine

 Cathleen schrieb daraufhin am 10.06.19:
Probiere ich gleich mal aus. Wobei das doppelte "auch" mich jetzt nicht sooo stört.
Liebe Grüße zurück
Cathleen
Hibiskus (62) äußerte darauf am 13.06.19:
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 Cathleen ergänzte dazu am 13.06.19:
Danke, das werte ich jetzt mal als positiv. LG zurück

 Momo (13.06.19)
Sehr gut geschrieben!

LG Momo

 Cathleen meinte dazu am 13.06.19:
Danke. LG zurück
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