abend der partisanen | kebec

Gedicht zum Thema Kunst/ Künstler/ Kitsch

von  W-M

Wir sind begeistert von Quebec, aber Edward will es nicht malen, also fahren wir morgen weiter.
(Josephine „Jo“ Verstille Hopper, geb. Nivison, in einem Brief vom 24. Juni 1933)


abend der partisanen
die nachbarn schlafen mit faltern
lautlos stößt das meer die tür auf
und schwemmt leguane ins zimmer
flugzeuge
halbwahrheiten
tommaso ist endlich eingeschlafen

ich schreibe wieder mit dem bleistift
ich esse wieder mit den fingern
ich liebe wieder junge mädchen

der held schlägt sich gegen die brust
noch ganz aufgewühlt von den wirren des krieges
aus dem er gerade zurückgekehrt ist

vom meer rufen stimmen
von den bergen rufen stimmen
vom fluss und aus den wäldern
den ebenen
den vorlanden schwebender städte
ich verwechsle schon ihre namen

elena!

öffne die fenster
lass die fledermausschreie ins haus
ich will sie begleiten
tanze zum fidelspiel

der mond nimmt dich in den arm
erdrückt dich mit seinem dicken bauch
der mond singt ein wiegenlied
für dein ungeborenes kind
in seinem licht zittert das gras

[abend der partisanen
die nachbarn schlafen mit faltern
im fließen der stille
wo der fluss enger wird]

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Kommentare zu diesem Text


 juttavon (26.10.20)
Eine beklemmende Stimmung fängst Du gelungen ein.

Es gibt einige befreiende, heitere Momente:
die nachbarn schlafen mit faltern...
ich schreibe wieder mit dem bleistift
ich esse wieder mit den fingern
ich liebe wieder junge mädchen...
tanze zum fidelspiel...
der mond singt ein wiegenlied
für dein ungeborenes kind...

Doch vor dem Hintergrund der überwiegend bedrohlichen Bilder, lassen jene Momente die Situation eher noch bedrückender erscheinen.

Das passt sehr gut zum Leben der so tragisch unterdrückten Künstlerin Jo Hopper, geb. Nivison!

HG Jutta

Kommentar geändert am 26.10.2020 um 21:20 Uhr

 W-M meinte dazu am 09.11.20:
so sehr viel weiß ich noch gar nicht über Jo, nur ein bisschen aus einem kurzen edward-lebensüberblick ... und, als modell kenne ich sie natürlich ... was sie selbst gemalt hat, habe ich noch nichts gefunden im netz, vlt. weißt du mehr über sie und ihre bilder, liebne Jutta?! jedenfalls danke sehr für die wieder mal schönen und umfangreichen ausführungen, sie freuen mich immer wieder an deinen besuchen ... das gedicht entstand natürlich nach dem besuch einer hopperausstellung, dieses jahr in Riehen in der Fondation, das erste mal, dass ich echte Hopper sah, ich war fasziniert ... nach usa komme ich sicher nicht mehr in diesem leben ... kebec ist ja der algonkinname für Quebec, die bedeutung ist als zitat in der schlusszeile wiedergegeben (jedenfalls habe ich das im netz gelesen, denn algonkin spreche ich leider nicht), danke sehr, lg, werner
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