Synkrisis oder Geschlossene Truhe

Predigt

von  Akzidenz


Nichts ist mir ärger, als die hastigen Hände im Schoße der Geduld - oder:
mit meinem Ochsengespann über Deine blumigen Felder zu wüten.
Ihr nutzloser Stolz,  . . . kein Lab, keinen Nektar bringt er länger.





[..]  Du irrtest, als vielleicht noch manch klebriger Mond hing, neulich darin herum, Freund, was es mit der Unmöglichkeit begangener und vertaner Gelegenheiten würde auf sich haben können - wenn alles Vergangene längst besiegelt und die Ausweitung dessen, was hätte zu tun und gewesen sein können zu umso größerer Verlegenheit über die Gegenwart anhält.
Ich sage Dir: 
Trotz allen Innigseins, steht kein tröstlicher Dolmen, liegt kein ehrendes Band über diesem kalten Planeten, welches über das Vergehen hinweghilft, dass des Menschen größter Verlust, seine Vergangenheit, vom Tode gehalten, seine letzte Begierde noch ist.

Du fragtest, zu welchem Preis der Schmerz im Verhältnis
zu der wenigen Geringfügigkeit Deines Glückes noch zu erdulden, noch zu ertragen sei.
Bedenke, dass der Mensch vom Guten, das ihm widerfährt gleichermaßen überzeugt ist, wie von den Übeln.
Doch sind nicht die Zusammenhänge allen Zu-Grunde-Gehens an dieser Welt so gänzlich unverwandt voneinander und von vielem Verschiedenen abhängig, wie es das Glück ist? So trägt zumindest ein Mensch seine Sorge und Sammlungen zu ihr heran, voll des Geständnis, dass einer sich ja bloß gemerkt hat, dass er häufig zu Grunde ging. 
Wahrlich liegt darin bloß die Lehre: dass jemand,  der lange genug lebt auch lange gelernt hätte, oder der, der vieles erfuhr, auch die rechten Kenntnisse aus der Erfahrenheit gezogen hätte. Je länger, desto gültiger, verweigert er es schließlich, sich statt am Leben, nur an seinen eigenen Erinnerungen immer wieder auf- und abzurichten.

Das Leiden also, das einer sich selber ist, wie etwas Unumstößliches hinnehmen zu wollen, wäre doch gleich so, wie wenn einer unter der Aussicht der andauernden Verletzlichkeit seines menschlichen Körpers, eher daran verbluten wollen würde, wenn ihm die Haut irgendwo klafft, statt die Wunde zu stillen.

Was hat denn der Gram jedem Glücke voraus?
Dass er nur siegt, wo das andere verletzt liegt. Das Glück aber tröstet den Gram.
Wie verhält es sich mit den Unumkehrbarkeiten des vergangenen Lebens? Dass der Mensch sie ebenso bedauert, wie er sie umzuwenden wünscht oder zu hoffen wagt, er möge sein eigenes Fossil an anderer Stelle vorfinden.

Was aber nützt es Dir in Deinem Kerker?

Es nützt kein sonniges Bildchen an der Wand, keine hängende Hitze.
Wenn Du aber auf dem Felde stehst, zwischen gezogenen Rüben, im Staube der Sonne. Wenn Du Deinen Frondienst leistest unter der Peitsche, im Joche Deiner schielenden Genossen. Wird es Dir da nicht gelingen, diesen Wächter zu knebeln? Und was einst Mauer war, zur Weide hinauslaufen?
Sei es auch nur, um sich am Quellwasser reinzuwaschen
oder auszuholen an einem frischen Zweige,
und mit sonnengebrannter Haut wieder dorthin einzukehren,
wo einst nicht ein Sonnenstrahl hindurchdrang.

Illustration zum Text
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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (29.09.21)
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wa Bash (47)
(30.09.21)
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 Akzidenz meinte dazu am 30.09.21:
Recht herzlichen Dank für die Betrachtungen.
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