Сіверський Донець (Siwerskyj Donez)

Text

von  W-M

Ich binde mir eine lunge um

und atme tief durch. Ich erzähle Ewa von dem traum, den ich letzte nacht hatte und auch die nächte davor. Wenn ich lange genug im bett wach liege, höre ich, wie der zement im mauerwerk arbeitet. Es knackt, wie wenn du einen marienkäfer mit dem daumennagel zerdrückst. Ewa steht oft mitten in der nacht auf und öffnet die haustüre, damit die katze am morgen zurückfindet. Manchmal schlafwandelt Ewa auch nur. Dann fragt sie, wer die haustüre aufgesperrt habe und wo die katze sei. Am liebsten atme ich salzluft.

Die lunge wird nicht für lange reichen. Ich muss sie mit Ewa teilen und der katze.

Oder gute frische bergluft. Ich glaube, der zement löst sich auf. Irgendwann wird der wind durch das mauerwerk pfeifen und die kälte wird eindringen, oder ich werde durch die ritzen das tageslicht sehen. Ewa ist eine gute und tapfere frau, sie beklagt sich nie.

Eines tages werden mich die lungenflügel hoch in die lüfte tragen. Ich binde mir eine neue lunge um und atme tief durch. Ewa fragt mich, ob ich wieder meinen traum hatte. Heute hat sie sogar die katze vergessen und die haustür nicht aufgesperrt.


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