Carl Spitzweg – Der arme Poet (1839)
ein kaltblüter ist pegasus mitnichten
kein ackergaul und auch kein rückepferd
braucht feld- wie waldarbeit nie zu verrichten
weil's dichterross sich nur um dichtung schert
und galoppiert warmblütig durch poeme
denn da ist er in seinem element
hilft weg poeten gern über probleme
wie sie besonders wohl “der arme” kennt
zu straucheln scheint er schon wo hin und wieder
doch fällt soweit man weiß nie voll aufs maul
das liegt ganz klar mit an seinem "gefieder"
insofern gleicht ihm kein normaler gaul
ja pegasus hat flügel und die breitet
problemlos aus das sagenhafte ross
sein flug hat große dichtung stets begleitet
obwohl ihn selbst die kleine kaum verdross -
wenn einer sich bemüht nach seinen kräften
hilft pegasus poetischen "geschäften"...
*
'Der arme Poet' von Carl Spitzweg in Versen
Mit der Brille auf der Nase
liegt am Tag er noch im Bett,
nein, er hebt sich nicht vom Lager,
der Poet, der mehr wohl hätt´
an Besitz, Kultur des Wohnens,
würd´ er reüssiern im Fach,
doch wies ausschaut haust teutsch Michel
unterm scheints undichten Dach.
Dachschräg ist die karge Kammer,
die der Musensohn bewohnt
und du ahnst, daß sich sein Mühen
bislang herzlich wenig lohnt.
Spärlich die Habseligkeiten
solchen Lebens für das Wort,
dennoch liegt Idyllenschimmer
überm schrägen Dichterort.
Auf dem Boden die Matratze,
unverhüllt auf blankem Holz -
dies stört Spitzwegs Michel wenig,
weil dem Dichten gilt sein Stolz.
Gehrock, Stiefel und Zylinder,
Schirm, Stock, Bücher, greifbar nah,
dicke, alte, große Schinken
hat der Schlafmützträger da,
nur nichts Essbares in petto,
was bei Hunger füllt den Bauch,
selbst an Brennholz herrscht ein Mangel -
Manuskripte tuns ja auch.
Oh, die Kunst birgt manche Hürde,
ehe mal ein Werk gelingt
und im Schatten wahrer Meister
einer was zustande bringt;
auf den Durchbruch mag er hoffen
und die Jahre gehn ins Land -
glücklich wer auch ohne diesen
dann im Tun Erfüllung fand.
Oft wills sich partout nicht reimen –
irgend etwas hemmt den Fluß
und im Versmaß faßt der Arme
häufig erst arg strauchelnd Fuß.
Deshalb, als Gedächtnisstütze,
stehts mit Kreide an der Wand:
Emsig folgt dem klass´schen Muster
prüfend des Poeten Hand;
zwischen Lippen klemmt die Feder,
kritisch wird das Blatt beäugt,
obs am Ende noch für andres
denn als Ofennahrung täugt!
Tinte geht im Faß zur Neige,
Feder faßt geneigten Rest,
doch so sehr die Not umdroht ihn,
aus der Ruhe bringen läßt
sich der nicht mehr junge Künstler
offensichtlich niemals nicht -
eifrig sucht er weiter Reime
in des Sonnentages Licht.
In der Tat zählt, Kurs zu halten,
sei Erfolg auch ziemlich fern -
folge stetig deinen Sternen,
tue was du tust stets gern...
Doppeldeutig ist die Armut,
die der Maler illustriert,
denn wo Können groß am Werk ist,
hat es meist zum Ruhm geführt
immerhin zu Lebenszeiten,
die wohl anfangs oftmals schwer,
pures Unvermögen indes erntet
selbst posthum kaum Ehr´!
Spitzwegs Bild mag man betrachten
mit gewisser Nostalgie,
sich zutiefst zu überschätzen
scheint modern aber wie nie!...