Distichen

Einem Atompilz gleich erhebt sie sich aus den Köpfen / einer erschrockenen Welt, die sie weiter trainiert. /

Saht ihr die Hindufrau? Sie tanzte nach Liedern Bob Marleys. / Ihn, den goldenen Greis, schmettert zurück sie ins Nichts! /

Opfer jahrhundertelang, waren sie mir beinahe heilig. / Diesen Nimbus hat jetzt maßlose Rachsucht zerstört. /

Will die Nation diesen Mann? Dann soll er die Macht nur ergreifen. / Schutzlos ist Demokratie, wenn die Mehrheit sie hasst. /

Unsre vergasenden Väter haben den Staat mitgeschaffen, / dessen Notwehrexzess jetzt erschüttert die Welt. /

Ostern, das herrliche Fest der Auferstehung des Fleisches, / war gekommen und rief Tiere in großer Zahl, / sich zu versammeln, um ihn, den gerechten, brüllenden Löwen, / anzuvertrauen dem Grab, da ihn ein Jäger erlegt. / Trauernd am frischen...

Egel schlängeln sich eklig um das Auge des Dichters, / Sylvia aber umsorgt den Gequälten, doch heitren, / liest ihm aus Walter Scott „The Lady and-the Lake“ vor, / dass er es auswendig kann, stört weder sie noch ihn. / „An die Meduse,...

Töne von stählernem Glanz entlockte Maria der Oper, / heute noch schmelz ich dahin, wenn sie die Norma singt. / Gerne auch lausche ich ihrer estnischen Vetterin Kaja, / wenn sie uns warnt und lehrt: Freiheit gibt’s nicht umsonst. /

Krieg, Kälte, Hunger, Vermüllung - erlöst uns davon nur das Sterben? / Nein, ich werfe mich der Freundin Demenz an die Brust. / Tod erwartet uns alle, aber bei lebendem Leibe / zu verlieren das Ich, blüht wohl einigen nur. /

Preußen ist mal was Großes, doch Last auch für Deutschland gewesen. / Schafft den Namen nur ab; in der Geschichte lebt's fort. /

Bundestag sollte inskünftig heißen das alte Gebäude, / wo unser Parlament sich der Faschisten erwehrt. /

Frieden wollten sie beide, er Mönch, der andere Ninja. / Bald querten Flüche die Luft, Wurfsterne flogen im Schwarm. /

Klimawandel - er wird auch "ewige" Werte zertrümmern. / Brei auf ein Bild von Monet - nichts als ein harmloser Scherz. /

Unangepasst sein, verächtlich herabsehn auf blökende Massen, / das war ihr Stolz, während sie folgten fanatischem Koch. /

Ulmen traf es dereinst; sie starben vor unseren Augen. / Jetzt hat's die Eschen erwischt; warum nicht bald auch mal mich? /

Früchte, Nüsse und Pilze: Sie sammelt und füllt die Regale. / Strecke des Jägers jedoch: Eine getötete Maus. /

Heißer Krieg mich gebar; im kalten zeugte ich Kinder. / Nun ist er wieder erwacht; hatte ihn schon vermisst. /

Zu den verlorenen Frauen zog es ihn wieder und wieder. / Wäre Polygamie nicht die bessere Wahl? /

Scheinblüten nannte sie die Pracht dieses tropischen Strauches; / in ihrem Schatten genoss er den bitteren Kelch. /

Spöttisch und zärtlich ihr Lächeln – jedoch dem Lymphom unterlag sie. / Glauben kann ich’s noch nicht. Arm eine Welt ohne sie. /

Wütet die Pandemie, erfüllt unser Klagen die Lüfte. / Jauchzen würde Natur, stürben wir gänzlich aus. /

Früchte des Vogelbeerbaums! Wir kochten daraus Marmelade. / O Marina, wie gut hat sie dem Kriegskind geschmeckt! /

An einem Feldweg bei Kursk verarzteten sie den Blessierten, / unter dem Vogelbeerbaum ruht sein zersplitterter Fuß. /

Auch mit geliehener Schleuder kann David den Nachweis erbringen, / dass auf Füßen von Ton steht sein schrecklicher Feind. /

Schwarzweiß und winzig klein waren Fernsehermattscheiben damals, / groß genug aber, um die frisch Gekrönte zu seh'n. /

Bismarcktürme gibt's in Deutschland, morsche, zu viele. / Baut einen Gorbatschow-Turm aus ihren Trümmern auf! / War jene Raissa nicht die Aspasia dieses Mannes?Ja, ihr Denken es floss in sein Handeln mit ein. /

Vieler guter Regenten hat manches Volk sich entledigt, doch auf die Schlimmsten fällt oft kein einziger Schuss.

Souverän ist allein, wer den Ausnahmezustand befehligt. Also führt ihn herbei, wer souverän sein will.