ENTRÜCKT VERZÜCKT ZURECHTGERÜCKT

Gedicht zum Thema Abendstimmung

von  hermann8332

ENTRÜCKT

VERZÜCKT

ZURECHTGERÜCKT


Es gehen die Böen

durch die Blätter

der Buche


Es ist ein windiges

klares Wetter

Ich fühl mich verloren

ohne daß ich mich suche


Wogendes helles goldenes Grün

über das weiße Wolken ziehn


Der Wind läßt die dunklen Wipfel

der Tannen schwanken


vor dem tiefen Blau


wenn ich empor

zum Himmel schau


Ich mache mir keine Gedanken

Ich habe aufgehört zu denken


Nichts kann mich stören

Nichts kann mich ablenken


Und ich sehe in die Höhe

hinauf zum Firmament

an dessen westlichem Horizont

schräg die rote Sonne brennt

mit purpurnem Schein


Der Abend bricht herein


Es schweigen alle Vögel


Es verharren die Wolkensegel


Die Tannenwipfel

nicht mehr wanken


Die Buchenäste

nicht mehr schwanken


Der Wind schläft ein


Es ist ganz still


Ich bin allein


Ich fühl mich leer

als wäre ich nicht mehr


Bin ich tot ?


Die Sonne versinkt

purpurrot


Wie komm ich wieder heim

zurück in die Wirklichkeit ?


Ich weiß es nicht …


weil`s mir am Willen

und am Wollen

und jeder Vorstellung

gebricht


an der Intention

an der Motivation


Ich bin traumatisiert

Ich bin paralysiert

und ich bin fixiert


gebannt im puren Sein

eingegossen

wie in Bernstein


ein fossiles

humanoides Insekt

das im gehärteten Harz

feststeckt


Ausgelöscht sind Raum

und Zeit ...

… Um mich herrscht

die Ewigkeit …


für einen Wimpernschlag .

bis ich mir mechanisch sag :


Herrgott, es ist bereits halb acht

und ich hab nicht dran gedacht

daß sie um acht steht vor der Tür

Zum Italiener wollen wir gehen

Und danach werde ich mal sehen

ob sie noch mit kommt zu mir

auf einen Kaffee , auf ein Glas Sekt

oder auf ein kühles Bier...

ob sie gar übernachtet hier

und uns die Morgensonne weckt ?


Ich hab geträumt

Ich war entrückt

Ich war verzückt

Ich habe nichts

versäumt


Ich wache auf

und vor mir liegt

der öde Tageslauf

die schnöde Wirklichkeit


das Joch einer

erbarmungslosen Realität

die brutal mit mir umgeht


Und haste zur nahen

Busstation


Da warten viele schon


Sonst komme ich zu spät

zur Arbeit


Ich war entrückt

Ich war verzückt

Ich wurde wieder

zurecht gerückt


… um zu funktionieren


Es war

kein mitmenschlicher Eingriff

der mich zum Rapport rief


Es sind die Gegebenheiten

die Konditionen

und Konstellationen

die unseren Lebensweg

begleiten


jenseits menschlicher Willkür

( die Menschen können

nichts dafür )


die uns

zum Funktionieren bringen

und ihren Willen uns

aufzwingen


Geborensein

heißt Kette und Schloß

erblicken

und sich

unter der Daseinslast

geduldig bücken


Nur in den Träumen

den illusionären

nächtlichen Schäumen

da bilden wir uns ein

wir würden frei sein

und hätten einen

freien Willen “


Doch daß dem nicht so ist

erfahren wir alltäglich

wenn wir

unsere Pflicht erfüllen “


ENTRÜCKT

VERZÜCKT

ZURECHT GERÜCKT

SKLAVISCH GEBÜCKT


INFANTIL

JUVENIL

VIRIL

SENIL

DEBIL

HUMIL


im lebenslangen Hamsterrad

das uns auf dem Gewissen hat


Dann reichts , sonst wird’s zu viel


Dann hat sich`s ausgetreten

weil wir nicht ewig leben


Doch das Rad

es bleibt nie stehen


Es wird sich immer weiter

drehen



Ps


Nehmen wir mal an

es ist windstill

und halbacht ante meridiem


und ich sitze in der Straßenbahn

die mich zur Arbeit fährt


und habe , wie ich so zum Fenster

hinausschaue das adäquate

Bernstein- Erlebnis


einer totalen mentalen Absens

und das Gefühl absoluter Exklusion

und Vereinsamung


nicht länger als

8 bis 10 Wimpernschläge


Bis es mir in den Sinn kommt,

heute Abend mal wieder zum Italiener

zu gehen …


Ich habe nicht geträumt

Ich bin nicht aufgewacht


Ich war nur entrückt


Ich habe kein Date

und ich bin nicht verzückt


und das Fatum muß mich

nicht zurechtrücken und auf

den Boden der Wirklichkeit

stellen …


Dann wird das Gedicht

unlyrischer und realistischer

und erhält einen sehr depressiven

und pessimistischen Touch:


Wenn ihr es so wollt

schreibe ich es um …





















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