Sie flatterten von Dach zu Dach zu Dach und versetzten den Hof in eine riesige Kloake, mit deren Reinigung die Mutter maßlos überfordert war. Alles war über und über bedeckt mit Taubenschitt, grau mit grau mit weiß meliert. Die Pumpe im Hof war schon seit längerer Zeit versiegt oder verstopft und ihr Wasser konnte deshalb nicht genutzt werden. Die Mutter musste stattdessen jeden Sonnabend mühsam das Wasser aus dem Haus heranschleppen, um den Hof mit einem groben Straßenbesen zu säubern. Sie schaffte es nicht, sich gegen ihren alten Vater durchzusetzen. Früher hatte man noch Respekt vorm Alter. Die Tauben wurden fettgefüttert mit getrocknetem Mais aus dem naheliegenden Getreidesilo, welchen das Mädchen regelmäßig holte, zehn Pfund exakt. Einmal war eine Taube vor dem Hof von einem Auto überfahren worden. Das tote Tier wurde als Mittagsessen und nachhaltig verwertet und verzehrt. Bei der großen Sturmflut von 1962 krachte das hölzerne Jugendstil-Taubenhaus ungebremst auf das Kopfsteinplaster des Hofes und zerbarst in tausend Stücke. Es war auf dem Dach über dem Plumpsklo angeordnet. Ob Tauben sich darin aufhielten, entzieht sich der Kenntnis des Aurors. Helmut Schmidt als Hamburger Polizeisenator überschritt damals seine Kompetenzen und rettete bei der Sturmflut so vielen Menschen das Leben. Die Tauben wiederum konnten wegfliegen, sofern sie nicht im Taubenhaus gefangen waren, und blieben somit vom Unglück verschont.
Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.