Nein, oft gingen meine Eltern nicht mit mir zum Kober am Graben, denn das Spielwarengeschäft war sündhaft teuer. Weihnachtsgeschenke wurden eher im Bannert gekauft, der war billiger, aber lange nicht das Highlight eines Kinderherzes.
Schon beim Eingang stand ein 1,5 Meter großer Bär, den wir Kinder äußerst liebten. Die Stiegen mit dem roten Läufer hinauf waren aufregend und Vorfreude ließ uns beinahe stolpern.
Aber der Verkaufsraum war derartig reizend, dass nur noch der Mund offen blieb. Überall waren Stoffbären von Steiff, Zinnsoldaten, Eisenbahnen, wertvoll gefertigte Puppen mit Porzellanköpfchen und hübschen Kleidern, Krokodile, Äffchen mit Trommeln, dies auf Samt und Seide. Nein, sagte die Verkäuferin, Ihre Kleine ist noch zu jung für diese Püppchen, aber die da, sie zeigte auf das neumodische Spielzeug im anderen Raum, ist genau richtig. So bekam ich eine Stoffpuppe mit langen Beinen und roten Wangen. Eine Puppe im Sarah Kay - Style, das war damals ganz modern bei uns. Die Bilderbücher überfluteten den Wiener Markt. Oh ja, ich war glücklich, der Vater seufzte, die Puppe kostete ein kleines Vermögen. Die Verkäuferin lächelte, sagte, dass Kinder genau zu dem laufen, das ihnen das Herz glücklich macht, dagegen ist man machtlos. Das stimmte, denn ich liebte die Puppe und taufte sie "Karo", sie durfte überall mit. "Karo" konnte sogar gewaschen werden und Mutter bügelte mir das Kleidchen wieder zurecht.
In dem Geschäft war die Magie zuhause. Alles glänzte und glitzerte, dort war immer Weihnachten, auch im Sommer.
2013 gab es Mietstreitigkeiten, das Geschäft zog vom Graben in die Wollzeile und viele Angestellte gingen in Rente, am Schluss musste es 2016 bei 17.000 Euro Miete im Monat seine Pforten für immer schließen. Es fehlt schmerzlich, denn als Erwachsene ging ich oft hinein, einfach nur, um den Zauber zu spüren. Das machten aber viele, der Kober war eine Institution, jedoch vom Spüren kann kein Händler leben. Das Taufgeschenk an meine Nichte, eine kleine Robbe, die sie heute noch liebt, kaufte ich selbstredend bei Kober, noch am Graben.
Ich bin, ehrlich gesagt, froh, dass unsere Kleine nicht mehr sehr an Spielzeug interessiert ist, denn die großen Ketten sind lieblos, langweilig überfüllt, steril und die VerkäuferInnen desinteressiert. Das weckt nur Gier, glitzert nicht, keinen Traum etwas Besonderes bekommen zu haben.
Ja, bei Kober war immer Weihnachten und die Holzdielen knarrten, die Sterne glitzerten, jedes Ding war voll Seele und den Bären am Eingang durften wir Kleinen herzlichst umarmen.