Aufdringlichen Mundgeruch guten Gewissens ablehnen

Gedanke zum Thema Achtung/Missachtung

von  dubdidu

Doch, doch: ich schaue geschenkten Gäulen in ihrer Mäuler und erblicke ich da Fauliges, Eitriges und schlägt mir ein Gestank entgegen, lehne ich sie rundheraus ab. Insbesondere, wenn es sich bei den sogenannten Geschenken um modrige Weisheiten und Billo-Ratschläge handelt, bin ich raus; für Massenware und Gartenzwerge habe ich in meinem Gehirn keine Verwendung, auch wenn die Schenkenden solchen Nippes als Perlen etikettieren.


Nicht jede Gabe ist ein hohes Gut und unerwünschte, ungebrauchte, verrottete, vertrottelte Geschenke können zur Doppelbelastung werden, wenn man sie um der Höflichkeit willen annimmt. Ist die beschenkende Person eine geliebte, mag das schmerzen und es ist verständlich, sie nicht durch Ablehnung des Geschenks verletzen zu wollen. Trotzdem besteht in punkto Höflichkeit ein Missverhältnis zwischen Beschenker und Beschenktem: Der Beschenker spukt aus freien Stücken aus, der Beschenkte hat die Pflicht zu schlucken. Der Beschenker braucht die Bedürfnisse des Beschenkten nicht zu achten, um sich im Selbstgefühl des Edelmutes zu ergehen, der Beschenkte hat die Höflichkeitspflicht den Beschenker in seinem Selbstgefühl zu bestärken, auch wenn das Geschenk Ausdruck von Ignoranz ist. 


Das Aufrdrängen von unerwünschten Gaben ist sehr viel unhöflicher als das freundliche, aber bestimmte Ablehnen derselben, es kann sogar zur Zumutung geraten.


Nachtrag: Die Bestimmung des Wertes einer Gabe sollte beim Beschenkten liegen. Mit anderen Worten: das letzte Wort hat die Sau. Handelt es sich dabei um einen freundliche, mitfühlende Sau, kann sie selbstverständlich eine womöglich wohlwollende Absicht des Beschenkers in ihre Reaktion einbeziehen, sie ist jedoch nicht verpflichtet, Ignoranz als Edelmut umzudeuten, um das Ego des Beschenkers zu schützen.


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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (30.06.25, 17:00)
Gilt das auch für das Leben als (angebliches) Geschenk Gottes?

 dubdidu meinte dazu am 30.06.25 um 17:10:
Siehst du darin eine Sünde gegen den Heiligen Geist? Dies wäre ja die einzige, die nicht verziehen wird. 

Der Gott aus dem Buch Hiob immerhin gesteht Hiob das Klagen über sein leidvolles Leben zu. Die altklugen Berater nicht.

Ps: In jedem Fall würde Gott eine Haltung aus reiner Höflichkeit ohnehin durchschauen.

Antwort geändert am 30.06.2025 um 17:13 Uhr

 S4SCH4 (30.06.25, 17:44)
Ich kenne den Ursprung des Sprichwortes mit dem Gaul und dem Maul nicht und mutmaße: es kommt aus dem Mittelalter und aus dem Bauernmilieu. Für hochtrabende Ratschläge und hatte man da wenig Gehör, höchstens für Bauernweisheiten zu Land und Wetter, es sei denn, man war in der Zeit des Zhuang-Tsi, ein Bauer im fernen Osten und versprach sich etwas vom Mönchdasein.
Was damals Nützlichkeit hatte, weisen Viele heute kopfschüttelnd fort, was damals schon unnütz war, nehmen ebenso viele heute bejahend an.  

Um aber nicht lange um den heißen Brei herumzureden und nicht abzuschweifen: Jene Art der Geschenke bedürfen m.E. heute oft ein „über den eigenen Schatten springen können“, von beiden Seiten, wer das nicht kann und wem dabei als Beschenkter die Tierliebe grundsätzlich immer ans Herz ginge, der verharrt und verdirbt die eventuell schlechten Zähne des Gauls nur noch, indem er es aussäße, irgendwie doch nicht davon lassen kann, Zuckerrüben füttert und meint: ja, ja, du bist schon einer.
Und der Blick ins Maul ist so eine Sache: wer immer gerne alles und wirklich alles wissen möchte, der bemüht seine Nase irgendwann, die führt ja bekanntlich immer gerne alles an und „riecht den Braten“, doch das Sprichwort spricht ja explizit von „schauen“, von einem Blick der nicht zu tief geht, nicht zu weit. Gerade da liegt die Krux. Man muss sich nicht überraschen lassen, man darf es aber. Wer diese Überraschung verliert, ist vielleicht erwachsen geworden, wird aber auch (gefühlt) sehr alt damit. 

Gegen den Overkill an gutgemeinten Ratschlagen, die sich förmlich über den Zuhörer (Beschenkten) ergießen, die primär scheinbar Selbstzweck (für den Schenkenden) haben, die keine Perspektive kennen, nur Wissen und Wahrheit „verkörpern“, steht man oft aber wie eine gut gerüstete Inkassotruppe gegenüber und man hätte sich und denen erstmal klarzumachen, warum man eigentlich aus dem Schneider sei. Höflich ablehnen ist da oft keine Option mehr.

 dubdidu antwortete darauf am 30.06.25 um 17:49:
Es gab die Redewendung wohl bereits bei den Römern, später wurde sie durch Hieronymus verbreitet. Es stellt sich allerdings durchaus die Frage, was zum Beispiel ein ohnehin sehr armer Bauer aus früheren Zeiten, der kaum über die Runden kommt, mit einem kranken Pferd soll, das er dann auch noch versorgen muss, oder?



Antwort geändert am 30.06.2025 um 18:53 Uhr

 niemand schrieb daraufhin am 30.06.25 um 17:59:
Der Beschenker spukt aus freien Stücken aus, der Beschenkte hat die Pflicht zu schlucken.
Obiges brint die Situation voll auf den Punkt, daher liegen wohl in den Privaträumen so viele ungewollte und gut gemeinte Geschenke quasi

auf Halde. Vielleicht werden diese dann sozusagen zu Dauer-Wander-Pokalen. Habe mal gehört, dass solch ein Wabderpokal letztlich beim ersten Schenker landete  :P  Was dann passierte weiß ich nicht.
Vielleicht ging die Wanderung erneut los  ;) und das Ding kam nie zur Ruhe. Vielleicht, wenn es zerbrechlich war, hatte se die Gnade des Kaput-Gehens .... dann war die Wanderung beendet.
LG niemand

 S4SCH4 äußerte darauf am 30.06.25 um 18:06:
@dubdidu:

Du sagst es! Ich könnte lapidar antworten: dann macht er eben Würste draus oder lässt es einfach sterben, aber so einfach ist es ja gerade nicht! Man bindet sich ja an etwas, irgendwie. Hat Verantwortung und erhofft sich wirklich etwas an Entlastung. Diese Gemengelage hat eine außerordentliche Spannung und fordert viel Feingefühl. 

Es bleibt zu wünschen, dass es so etwas wie „Liebe auf den ersten Blick“ auch bei der besagten Maulschau gibt und man sich einfach mal "gut riechen kann."


__

Was die Wanderpokale betrifft, so gibt es kein Ende, beim Fußball damals gab es immer Nachwuchs die um solche Sachen spielten. Und irgendwie bleibt immer was haften, von kunstvollen Legierungen die an so manchen Händen kleben, wer hält denn nicht einmal für einige Zeit etwas fest, von dem man wirklicj überzeugt ist.

 dubdidu ergänzte dazu am 30.06.25 um 18:59:
@niemand
:D So kann es gehen. Übertragen auf Ratschläge ist das allerdings einigermaßen fürchterlich.

@S4sch4
Und gerade auch das Aufbringen des Feingefühls kann sich zu einer Last auswachsen...

 S4SCH4 meinte dazu am 30.06.25 um 19:56:
Vor einigen Monaten bereits (ich streamte Jagdsimumlation auf Twitch), lernte ich jemanden kennen, der sich für Ackergäule stark macht. In einem landesweitem Programm (Bayern), meine ich, kann aber auch irgendein Verein gewesen sein, sei´s drum. Er bewundere das Lastverhalten und die Stärke der Tiere und möchte diese Art Pferd, aufgrund ihrer Tradition, fortleben und sich entwickeln sehen. 
Die Mischung aus Kraft und Last, in Verbindung mit der Anmut und GRazilität, die Pferde m.E. im Allgemeinen verkörpern, zeichnet uns hier vielleicht ein gutes Beispiel für dieses Feingefühl, für diesen feine Grad, auf dem man steht, wo man sich auf anderer Leute Weisheiten einließe.

Antwort geändert am 30.06.2025 um 19:57 Uhr
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