Radikalisierung (1605-1613)

Satire zum Thema Chancen

von  Jack

Dieser Text ist Teil der Serie  Dorcor

Der Crash in der ersten Jahreswoche zeigte überraschend, dass der Aktienindex HFX mittlerweile zur wahren Volksreligion geworden war. Der Kult musste für 3-4 Jahre zurückstecken, politischer und wirtschaftlicher Pragmatismus standen im Mittelpunkt. Doch die Wirtschaftskrise wollte kein Ende finden, und fand auch bis zum Ende der pragmatischen Herbstphase keins; der Spätherbst der Enttäuschungen trug auch politisch (Spätsommer 1607, Sommer 1608) zur letztlich-Radikalisierung der kurz vernachlässigten Kultes bei (ab 1609). Es war so trist, dass nicht einmal Eskapismus darüber hinwegtröstete.


1611 kam ein kurzes psychopolitisches und wissenschaftliches Aufbäumen, aber im November begann eine Pandemie, die bis 1613 andauerte und die Wirtschaft abermals lahmlegte. Die wirtschaftspolitischen Vereinbarungen und Vorsätze von 1608 scheiterten vollends, und das Umkippen der Stimmung von fröhlich apokalyptischer Parusie zum manichäisch radikalistischen Welthass ergriff das ganze untere und mittlere Volk.


Es war eine Zeit, deren Genosse man sehr ungern gewesen sein muss. Zudem wiederholte sich, diesmal als schlechter Witz, ab 1611 die Hochromantik der Oberschicht. Das führte zur völligen Unglaubwürdigkeit der politischen Eliten. Religiöse Populisten mussten da nicht mehr viel tun, um als die letzte Hoffnung zu gelten. 


1613 mischten fremde Mächte längst mit, sodass die Revolte des populärsten religiösen Demagogen ab dem 6.1.1614 sich als gegen Fremdherrschaft gerichtete Revolution präsentieren konnte. Wieder mal waren durch Pandemie und ihr vorausgehende Hochromantik alle vitalen Kräfte erschöpft. 


Doch zum Glück besteht ein Staat nicht nur aus Volk, wozu auch die politischen und ökonomischen Eliten zu zählen sind. Es gibt diesen ideellen Kern, der, wenn es ihn denn gibt, und es gab ihn, gerade in Zeiten wie diesen den Grundstein für eine große Zukunft legt.



Anmerkung von Jack:

Kultphasen



1588-1590 Erweckung 
1591-1594 Naivität 
1594-1596 Postsoteriale Leere
1597-1602 Parusie
1603-1608 Ernüchterung 
1609-1615 Radikalisierung 
1616-1619 Intellektualisierung (zum Essentialismus)
Spätherbst 1620 Abschied vom Kult; Nihilismus der Freiheit

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (16.11.25, 08:06)
Hier spricht ein Meister der Apokalypse über (k)eine besondere Periode:


Es war eine Zeit, deren Genosse man sehr ungern gewesen sein muss.
 

Gut gemacht, finde ich.

 Tula (16.11.25, 09:13)
Moin Jack
Zuerst dachte ich an den Crash der Tulpenbörse, auch wenn der etwas später war. Dann addierte ich genau 400 Jahre und überlegte, auf welches Land der Weg vom Erwachen bis hin zum erneuten Nihilismus der Freiheit am besten passen könnte. 
Daraufhin setzte ich nochmals ein paar Jahre dazu, um mir das Datum der Revolte zu erklären. Ich überlegte dann ein Weilchen, ob das Land überhaupt eine Rolle spielt.

LG Tula

Kommentar geändert am 16.11.2025 um 09:18 Uhr
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online: