es war einmal ein mädchen. das konnte die vergangenheit einfach nicht ausstehen.
das: es war ein mal
brachte ihr nur kummer und schmerzen.
sie wollte nicht, daß alles verging. märchengeschichten wollte sie nicht hören, sondern erleben. immer wieder hier und jetzt in der gegenwart. wenn etwas vergangen war, dann war es vorrüber. das was dann noch blieb waren erinnerungen an gewesenes, die immer durchsichtiger wurden, bis sie schließlich verblaßten und zerfielen. es blieben schatten davon zurück. schwarz-weiße schatten wie alte kleider. sie hatte ein schattenkabinett dafür eingerichtet für ihre erinnerungen.
es machte sie traurig, wenn sie das schattenkabinett betrat. aber sie zwang sich dazu, es zu besuchen.
schatten hingen überall und warteten nur darauf, von ihr geweckt zu werden.
sich in bewegung zu setzen und auf sie zu legen.altes tuch, rauer stoff,ausrangierte kleider von damals.
manche von ihnen waren schon etwas zerfressen, durchlöchert von der zeit, so daß es nur noch eine frage war, wann sie sich in fetzen auflösten. andere dagegen waren noch tragbar, gut erhalten, aber nicht mehr modisch.
sie hängten an einem eisernen kettenkarussel und sie fuhren immer im kreis herum, während die ketten metallisch klirrten und ratterten.
sie hatte dieses geräusch noch tagelang nach ihrem besuch im schattenkabinett in den ohren. vergangenheit, die man hören konnte. manchmal glaubte sie ein ächtzen oder stöhnen zu vernehmen, aber wahrscheinlich war es nur ihre einbildung und von der mechanik der vergangenheitsmaschine erzeugt. wegwerfen konnte sie trotzdem nichts. die erinnerungen gehörten zu ihr, wie auf den leib geschneiderte kleider. obwohl sie ausrangiert waren, passten sie immer noch wie angegossen. manchmal hielt sie den mechanismus der maschine an und holte sich das schwarzes kleid herunter um es noch einmal anzuziehen. dann kamen die schwarzen gedanken an ihn wieder und das kleid wurde ihr zu eng. oder sie nahm das weiße kleid. dann spürte sie sonnenstrahlen auf ihrer haut und seine hände auf ihren schultern. die schultern begannen ihr immer schwerer zu werden unter seinen händen und sie zog das weiße kleid meistens schnell wieder aus. in das graue büßergewand schlüpfte sie nur selten. es war rauh und kratzig und sie fühlte sich schuldig, wenn sie es anhatte. das schattenkabinett hatte keine fenster und wurde nur von fackeln erhellt. das feuer malte alte bilder an die rauen steinwände und sie konnte nie lange bleiben, denn die luft ging ihr aus hier. es roch modrig aber manchmal mußte sie doch hinein. gerade dann, wenn sie es nicht mehr aushalten konnte fand sie meistens die eisentür die hinausführte.
sie ließ alles so wie es war und zog die tür hinter sich zu.
ihre schattenkleider blieben zurück und fuhren weiter karusell.
es war einmal ein mädchen das konnte die vergangenheit nicht ausstehen. aber nur so hatte sie das fürchten gelernt in ihrer eigenen folterkammer.
(c) redangel
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