eine anziehpuppengeschichte

Geschichte

von  redangel

sie saß auf dem metallbett. beobachtete die fremde frau beim anziehen. sie sah ihr nicht direkt in die augen, denn sie wollte nicht aufdringlich sein. die fremde hatte frisch geduscht, gerade ließ sie ihr handtuch langsam heruntergleiten. ihre haut roch nach mandelblütenöl . früher hatte sie gelegentlich auch dieses öl verwendet. nicht allzu oft, nicht immer konnte sie diesen geruch ertragen. an ihn, es erinnerte sie zu sehr an ihn. die fremde stand vor dem spiegel und betrachtete sich von oben bis unten. ihre kleidungsstücke hatte sie sich schon vor dem duschen zurechtgelegt. aber offensichtlich keine eile damit, sich anzuziehen. sie strich sich abwesend mit der linken hand vom ohr abwärts an der halsseite entlang, über ihren linken busen. bis zur tallie. die hand an die hüfte aufgestützt blieb sie stehen und rührte sich sekundenlang nicht. regungslos wie eine schaufensterpuppe stand sie da und sah sich von oben bis unten im spiegel an. dann hörte sie plötzlich auf damit, sich zu inspizieren. ihr blick wurde abwesend, sehr kühl, so als wäre sie nicht da. so, als hätte sie nichts mit der frau im spiegel zu tun. die fremde sagte laut schade und danach leiser werdend einen männervornamen. sie griff sich das höschen vom bett, hielt es vor sich hin und stieg langsam erst mit dem linken und dann mit dem anderen bein hinein, bevor sie den string hochzog , hinten zurecktzupfte und über beide hüften die bändchen zurecht zog. leder, sie trug heute schwarzes leder. die fremde mochte ihn offensichtlich, den ledergeruch. das gefühl von leder auf der nackten haut. es war winter, im sommer wäre es sicher unangenehmer gewesen leder zu tragen, wegen der hitze. im winter war leder gerade recht. nun war es kalt genug dafür. die fremde drehte sich um, beugte sich dabei leicht vor, um die ledercorsage vom kopfkissen zu holen. sie schlüpfte hinein, wie in eine weste. rückte ihre brüste zurecht. schloss die corsage vorne, indem sie den reißverschluß von unten nach oben zuzog. die beobachterin fragte sich, ob die fremde heute wohl noch etwas besonderes vorhatte. sie fragte es nicht laut. deswegen bekam sie auch keine antwort auf ihre frage. die fremde sah wieder kurz in den spiegel, sie lächelte nicht dabei. es war ein eher strenger blick, kühl, abwägend, leicht taxierend. dann griff sie vorsichtig nach einem der beiden halterlosen schwarzen strümpfe. sie bückte sich, nachdem sie ihn leicht mit beiden händen aufgerollt hatte und schlüpfte mit dem linken fuß hinein. vorsichtig zog sie den strumpf hoch, der breite spitzenrand bildete einen kontrast zu dem kühlen, glatten schwarzen leder. die beobachterin nahm an, dass dies durchaus gewollt war. das rechte bein wurde der gleichen prozedur unterzogen. die tatsache, dass die fremde heute strümpfe trug und keine strumpfhosen bestätigten die vermutungen der beobachterin. bestimmt bezweckte sie etwas damit. mit sicherheit war da ein mann im spiel. die fremde frau sah aus, wie die sünde höchstpersönlich. es fehlten nur noch rotangemalte lippen. die fremde ging zum schrank, öffnete die spiegeltur und nahm einen schlichten schwarzen pullover heraus. sie zog ihn über ihre locken und die lederkorsage verschwand augenblicklich. seriös, sehr seriös sah sie aus, aber nur bis zur taille. der lederstring hatte nichts seriöses an sich. die fremde griff sich eine nadelstreifenhose und stieg erst mit dem linken, dann mit dem rechten bestrumpften bein hinein. die hose saß sehr knapp auf den hüften, der string war darin nicht mehr auszumachen. im gegenteil, dies war tadelloser bussiness-look. das passende nadelgestreifte schwarze jacket darüber und sie war perfekt fürs office.
die fremde lächelte kurz, dann stieg sie in schwarze higheels mit geschnürten bändchen an den fesseln. sie trug sehr hohe absätze. ihre beobachterin wunderte sich, wie schnell und sicher sie damit bis zur tür laufen konnte, ohne umzuknicken. als die fremde am spiegel vorbeikam, sagte sie laut: das mache ich heute nur wegen dir. dann kam wieder dieser männervorname.
ein rendevous, dachte sich die beobachterin. das dachten sicher auch all die anderen, die diese anziehpuppengeschichte bis hierher gelesen hatten . aber leider hatten sie damit nicht recht, es stimmte nämlich nicht.
die fremde traf sich heute mit niemandem.
und die beobachterin war auch nicht unbeteiligt an der geschichte.
aber vielleicht hatte gerade jetzt im augenblick derjenige, für den dies alles geschrieben wurde, seine geschichte entdeckt und gelesen. nur dafür war sie nämlich gedacht. dafür hatte die fremde sich heute so angezogen, nur für ihn. genau dafür, nämlich nur für ihn, wäre sie selbstverständlich auch bereit gewesen , sie wieder andersherum zu spielen, die anziehpuppengeschichte.


© redangel

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Kommentare zu diesem Text


 Triton (07.09.05)
Beneidenswert, der, für den die Geschichte geschrieben wurde. Eine vielversprechende, nicht aufdringliche Erotik. Raffiniert in Szene gesetzt. Klasse vor allem, weil das Ende nicht voraussehbar ist. LG Triton

 redangel meinte dazu am 08.09.05:
es ist für alle geschrieben, die es lesen wollen. namen sind schall und rauch.
danke. für den kommentar. das ende ist variabel. aber eigentlich schon vorraussehbar. meistens jedenfalls. lg redangel
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