Kleine Randbemerkung zum Thema LITERATUR

Erörterung

von  BrigitteG

Literatur bei kV – ein Widerspruch? Oder konkret gefragt: Wann finde ich Lyrik oder Prosa gut? Meistens sind es Texte, die mich emotional packen, mich also rühren, entsetzen, verblüffen, wärmen, amüsieren, zum Denken bringen, meinen Spieltrieb anregen oder anderes.

Nun ist es ja einfach, mich gefühlsmäßig zu ergreifen, wenn ein Text genau DAS als Thema anspricht, was mich auch derzeit in meinem Inneren bewegt, sei es etwas Erfreuliches, Banales oder Schreckliches. Ein Mindestmaß an formaler und sprachlicher Fähigkeit bei Lyrik oder Prosa reicht, und mein Gefühl springt an. Bei einem Thema, das mich sehr stark berührt, kann es dadurch schwierig für mich sein, zu unterscheiden, ob es der Inhalt ist oder die literarische Qualität, die mich packt.

Hochinteressant wird es dann, wenn ein Text es schafft, mich mit einem Thema, das mir überhaupt kein Anliegen ist, zu fangen, zum Beispiel mit einem österreichischen Bauerndrama. Erstes positives Indiz bei längeren Prosastücken ist immer, dass ich weiterlese und einfach nicht aufhören kann. Einen der positivsten Kommentare, die ich abgegeben habe, fing sinngemäß so an: „Eigentlich mag ich Texte mit diesem Thema nicht, aber Du hast es geschafft...“

Solche Texte sind für mich dann literarisch wertvoll, wenn sie es schaffen, mein Bild von der Welt aufzubrechen, mich hineinzusaugen in etwas, das mir fremd ist, das meinen (Vor-)urteilen widerspricht, mich zu fesseln an diese Fremdheit, und die mich frühestens am Ende des Textes wieder loslassen (wenn überhaupt). Es ist die Sprache, die das bewirkt, auf den Punkt gebracht, kraftvoll, kein Wort grundlos, der Sprachfluss ein Strom, der mich mitreißt.

Es können Texte sein, deren Sprachreichtum und –vielfalt ich bewundere, weil sie einen dermaßen souveränen Umgang mit Sprache zeigen, dass ich verstummen könnte (wenn ich nicht zum Kommentieren neigen würde...). Genauso beeindrucken mich Texte, die schlicht und ohne Schnörkel geschrieben sind, eine Welt in Alltagssprache zeigen – ein Umgang mit der Alltagssprache, die genauso souverän ist und mich in ihren Bann schlagen kann.

Kurz gesagt – ja, es gibt Literatur hier bei kV, wenn man sie finden will.

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Kommentare zu diesem Text

locido (21)
(08.01.06)
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 BrigitteG meinte dazu am 08.01.06:
Ah, ich wusste gar nicht, dass ich soviel Kontakt zu Deiner Seele habe *g* (schön, dass Du den Text nachvollziehen kannst). Liebe Grüße, Brigitte.
locido (21) antwortete darauf am 09.01.06:
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 BrigitteG schrieb daraufhin am 09.01.06:
*gg* Sohnemann, meistens schaffe ich es noch, zu unterscheiden, wann etwas ernst ist und wann nicht (obwohl es da sicherlich unterschiedliche Auffassungen drüber gibt...).
starfish (45)
(08.01.06)
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 BrigitteG äußerte darauf am 08.01.06:
Im Endeffekt hast Du mit der Subjektivität natürlich recht, Ralf. Es gibt allerdings gewisse Kriterien, was Form, Struktur und sprachliche Variabilität angeht, die zumindest in den Grundanforderungen erfüllt sein sollten, denke ich. Und bei diesen Kriterien gibt es durchaus ähnliche Vorstellungen bei mehreren Menschen *g*. LG Brigitte.
Gini (57)
(08.01.06)
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 BrigitteG ergänzte dazu am 08.01.06:
Hallo gini. Das ist doch mal ein Kompliment, das mit dem zuende-lesen. Danke. LG Brigitte.

 warmeseele01 (08.01.06)
so ist jedes wort eine spur literatur natur also, wie der glauben immer eher individuell, so rührt es uns in unserer natur immer dann in tiefem an, wenn man sein pures innendenken fühlend lesen kann, netter text verneigend tom, dir einen schönen tag wünschend, in dem licht das einem wort von teilen nahe ist. (also deiner sicht)kicher

 BrigitteG meinte dazu am 08.01.06:
Ja, Tom, natürlich rührt es mich an, wenn ich mein Innendenken lesen kann, das denke ich auch. Aber ich wollte zusätzlich in meinem Text noch sagen, dass ein gut geschriebener Text mich auch anrühren kann, wenn es nicht um mein Innendenken geht. Ich verneige mich ja nicht so vor Männern, aber einen schönen Tag wünsche ich Dir in jedem Fall *g*, Brigitte.

 Bergmann (08.01.06)
Vielem stimme ich zu - vor allem den genannten Bedingungen, um als Leser ergriffen zu werden, und daraus folgt auch in deiner Sicht: Ein ziemlich vulgärer (Fic k-)Text eröffnet mir keine neuen Horizonte.

 BrigitteG meinte dazu am 08.01.06:
Ich denke, dass ein Text extrem gut sein muss, um neue Horizonte beim Lesen zu wecken. Da ist es mir egal, ob er P 18 ist oder nicht. Ein Text, der mich nicht ergreift, sondern gleichgültig lässt, kann bei kV manchmal freigegeben und manchmal P 18 sein. Solange die Statuten von kV eingehalten werden, würde ich niemandem absprechen, einen P 18 zu schreiben. Ob man sich dadurch als Autor weiterentwickelt, ist die zweite Frage.

 leorenita (08.01.06)
liebe Brigitte, das hast nun du wiederum sehr schön auf den Punkt, oder besser gesagt auf die Punkte gebracht und ich habe es gerne gelesen. Sei lieb gegrüßt und ich hoffe du ärgerst dich nicht allzusehr über ewige Nachtaroker. Regine

 BrigitteG meinte dazu am 08.01.06:
Gut, dass Du es nachvollziehbar fandest, Regine. Aber jetzt sag mal: wer oder was ist "Nachtaroker"? Und wie spricht man es ? "Nacht-aroker" oder "Nach-taroker"? Es grüßt eine rätselnde Brigitte. (Nachtorakel? Nachtarokspieler?)
alex (30)
(09.01.06)
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 BrigitteG meinte dazu am 09.01.06:
Hallo Alex. Wir könnten uns gerne auf "Gedanke" einigen. Ich fand's nur hübsch, "Erörterung" zu nehmen, weil der andere Text an dem Tag zum Thema Literatur auch so eingeordnet war, und mir die Optik untereinander gefallen hatte - das gleiche Thema, aber unterschiedliche Herangehensweisen. Schön, dass der Text für Dich nachvollziehbar war. LG Brigitte.

 Alpha (11.01.06)
Joa, so ist das auch ... Aber, "mitreisst" bitte mit "ß" *mecker* :D (PS: Hui, neues Profilbild! Toll). Grüße, die Aschenputteline

 BrigitteG meinte dazu am 11.01.06:
Sschon erledigt, gnä' Frau. Aber ich denke, dass ich inzwischen bestimmt schon 60 % aller ss/ß-Fälle richtig schreiben kann. Ssuper!
Sektfrühstück (41)
(11.01.06)
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 BrigitteG meinte dazu am 11.01.06:
Dein zweiter Punkt mit den sperrigen Texten ist hochinteressant, Secke. Ich kenne solche Texte ja auch, es sind welche, die ich manchmal zu schwierig zum lesen oder verstehen finde, aber vor deren Wortgewalt ich - ohne gag - ehrfurchtsvoll stehe. Ja, so etwas ist auch Literatur. Wer sagt, dass es nur dann Literatur ist, wenn ich einen Bezug dazu finde? Noch nicht mal ich *g*. Danke für die Anregung.
Sektfrühstück (41) meinte dazu am 14.01.06:
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 BrigitteG meinte dazu am 14.01.06:
Ich habe vor ganz langer Zeit mal die gesammelten Werke von Tucholsky gelesen (einiges davon ist traumhaft gut). Er hat ja auch immer wieder Literaturkritiken geschrieben, und in irgendeinem Artikel schreibt er sinngemäß, dass er nur über solche Autoren eine Literaturkritik veröffentlichen kann, zu deren Werk er einen Zugang findet. Zu Kafka z.B. fände er absolut keinen Zugang, spüre aber dessen großen Fähigkeiten als Schriftsteller. Das hat mich damals sehr beeindruckt, diese Ehrlichkeit. Nun liegt es mir fern, mich mit Tucholsky vergleichen zu wollen (ich kann wesentlich schlechter schreiben als er, bin dafür aber wesentlich weniger tot), aber diesen Gedanken finde ich sehr nachvollziehbar.
Und im übrigen muss ich mich beschweren: bei Deinem literarisch höchst wertvollen Wort, das Du exhibitionistischerweise hier reinstellen musstest, gehört das "woll" an's Ende. Bei uns in Dortmund wird an jeden Satz das "woll" angehängt. Is klaa, woll?
Sektfrühstück (41) meinte dazu am 15.01.06:
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 BrigitteG meinte dazu am 15.01.06:
Als ich allertings Tein "befriedigent" gelesen habe, fant ich es dodal witerlich. Brigidde.
Sektfrühstück (41) meinte dazu am 15.01.06:
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 BrigitteG meinte dazu am 15.01.06:
Keinverlag.de ist die Heimat von 1287 Autoren und 418 Lesern. Heute wurde bereits 1 Ehre verloren, und zwar die von > Secke. Was es sonst noch an Neuem gibt, steht > hier.
Sektfrühstück (41) meinte dazu am 17.01.06:
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 BrigitteG meinte dazu am 18.01.06:
Ja, und schöne weiße Zähne hast Du auch (die sind ehre-ungebunden, das kann ich Dir als Zahnarztgattin versichern).
Elias† (63)
(11.01.06)
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 BrigitteG meinte dazu am 11.01.06:
Ja, ich neige mit meinen Händen weniger zur Luftschlossmalerei, sondern meistens eher zum kräftigen Händedruck. Wenn es so konkret rübergekommen ist, dann freut's mich. LG Brigitte.

 KopfEB (20.01.06)
Objektivität wird erst dann erreicht, wenn sie die Subjektivität durchbricht und deren Grenze ist sehr weit oben angesetzt.
Deswegen begeistern uns solche Texte so sehr, die eben dies schaffen.

 BrigitteG meinte dazu am 21.01.06:
Objektivität - puh, was Schwierigeres kannst Du bei diesem Thema aber auch nicht ansprechen, oder *g*? Prinzipiell denke ich, dass es keine Objektivität gibt, bei Lyrik noch weiniger als bei Prosa. Von einer emotionalen Wirkung beim Lesen kann sich keiner freisprechen. Trotzdem gibt es Anforderungen, bei denen viele, die sich mit Texten beruflich oder privat auseinandersetzen, einer Meinung sind. Bei einem eher klassischen Gedicht sind es sicher Ansprüche an die Qualität des Reims, die Betonung, den Lesefluss, die Bilder, die Wortwahl etc. (andere können das , was ich meine, sicherlich in Begriffe der Literaturtheorie übersetzen *g*). Ob man das nun objektive Ansprüche an ein Gedicht nennen kann - weiß ich nicht.
Aber vielleicht meinst Du etwas ganz anderes, fällt mir gerade ein - das Durchbrechen der subjektiven Verhaftetheit des Lesers in seiner Welt durch die Wortgewalt des Autors, und Du hast es nur etwas theoretischer ausgedrückt als ich.
In jedem Fall sende ich Dir einfach mal subjektiv gemeinte liebe Grüße. Brigitte.

 KopfEB meinte dazu am 24.01.06:
Na da schick ich dir doch gleich mal n Haufen Subjektivität zurück!

Dein zweiter Gedanke war im Übrigen genau der, den ich ausdrücken wollte.
Der Erste hat deswegen nicht weniger Existenzberechtigung, aber du hast recht, das ist echt n Thema, das sich in zwei, drei ... Seiten nicht ausführlich abhandeln lässt, jedoch wert wäre es zu tun...
h2o (54)
(19.02.06)
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 BrigitteG meinte dazu am 19.02.06:
Lothar, hier gibt es immer was Gutes zu finden, bei kV. Danke für Deinen Kommentar. LG Brigitte.
Nunny (73)
(21.02.06)
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 BrigitteG meinte dazu am 22.02.06:
Hallo Gisela. Ich habe, so grob durchgezählt, in meinem Text rund 26 mal die Worte "ich" oder "mein" benutzt, und das ist Absicht. Ich kann nur von meinem eigenen Verständnis ausgehen. Nimm 10 andere Autoren hier, und Du wirst 10 weitere Vorstellungen von guter Literatur bekommen. Und zum Thema "Texte,die mir selber nicht unbedingt gefallen, aber trotzdem gut sein können" habe ich mich etwas weiter oben eine Weile lang mit Sektfrühstück unterhalten und konnte seinen Ansatz durchaus nachvollziehen. Vielleicht magst Du mal schauen. Im übrigen ist das Thema "gut gemacht" für mich immer klar - wenn jemand Talent dazu hat, einen Rhythmus und einen Klang zu finden, dann ist das anerkennenswert, ohne Frage, egal, ob ich zu den Worten einen Bezug finde oder nicht. Liebe Grüße, Brigitte.

 Bergmann (21.12.06)
Eigenartig.
Jetzt denke ich: Was hatten wir vor etwa einem Jahr für heftige Diskussionen! UNd jetzt? Jetzt ist es, was mich betrifft, so: Eingeschliffen bin ich, angepasst, nicht unterworfen, aber irgendwie integriert und mir fehlen die Gegner, die damals wie ausgehungerte Bluthunde über mich herfielen: Vain, Müller, Mombasa, Strehle, ... Tempora mutantur, et nos in illis mutamur.

 BrigitteG meinte dazu am 22.12.06:
Ja, wir lassen uns ändern, Uli. Härte und Angriff ist einfach, wenn man Menschen nicht kennt. Wenn man sie kennt und mag, dann kann man nur hoffen, dass man selber genug Charakter hat, um nicht im Gegenteil alles automatisch gut zu finden...

 Bergmann meinte dazu am 23.12.06:
Wohl wahr. - Aber trotzdem: Streit im Sinne von Diskussion ist immer gut.

 BrigitteG meinte dazu am 23.12.06:
Ja!
The_black_Death (31)
(04.12.09)
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 BrigitteG meinte dazu am 06.12.09:
Kein Schrott - aber auch nicht literarisch... hui, da hab ich ja noch mal Schwein gehabt *schweißabwisch*. Grüße zurück!
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