Die Geburt der Verse oder der Kuss der Muse

Prosagedicht zum Thema Chaos

von  kirchheimrunner

Ich hielt den zuckenden Blitz in der Hand
Der von der Erde
Zum Himmel hoch schlug

Hoch hinauf zu Vater Zeus
Der mit seinem Hammer
Wolkenschlösser brach.

Und nach alledem,
dem Getöse und dem vernichtenden Erdenbrand
Suchte ich
In den Splittern
unter tausenden von Worten
Ein Gedicht.

Vergeblich entkleidete ich Verse, riss
Masken von den Gesichtern der Zeilen
Häutete Augen von den Sternen
Fand aber
Zu meinem Schrecken
Nur Schutt
Oder zu Asche verglühte Sprache.

Immer noch hielt ich den Blitz in der Hand
Der von der Erde
Zum Himmel hoch schlug
Lies es geschehen:
Das Glühen,
Das Leuchten
Das werden eines Gedichts

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Kommentare zu diesem Text

bonjour (41)
(23.01.06)
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 kirchheimrunner meinte dazu am 23.01.06:
danke für deinen Kommentar:
ja tatsächlich - ein wenig Johannsesprolog, ein wenig Apokalypse und die griechische Mystik.
Natürlich stellt man sich die Muse etwas gefühlvoller vor. Aber letztenendes gilt es das Entstehen eines Gedichts zu beschreiben..
Und wie sagt Adorno (oder war es jemand anderes) Nach Auschwitz kann man kein Gedicht mehr schreiben..
Ich meine, man kann nicht umhin, nach Auschwitz Poesie zu schreiben. Aber im Angesicht dieses Anspruchs, kann schon mal ein Feuerbrand kommen...

 Füllertintentanz (24.01.06)
Und wieder ist deine Seite um einen absoluten Hammertext reicher! Die Suche nach den richtigen Worten... in den ganzen Splittern ergibt ein tolles Bild. Die Zeile "Zu Asche verkohlte Sprache" hat es mir total angetan. Die allein ist schon perfekt. Manchmal entsteht ein Text nicht leise und zärtlich... sondern aus den Tümmern der Gedankenfetzen, die vor dem Schlafengehen noch schnell in Wort gepresst werden müssen, um nicht in die Vergessenheit zu fallen...
Nette Grüße, Sandra

 kirchheimrunner antwortete darauf am 24.01.06:
Liebe Sandra, ich bin erstaunt... äusserst überrascht. Wie konntest du es nur ahnen. Genau so war es. Es begann alles kurz vor dem Einschlafen: Eine Zeile kam mir in den Sinn: "Ich hielt den zuckenden Blitz in der Hand" ... diese Zeile lies mich nicht los, daraus musste ein Gedicht werden. Aber welches? Ich erinnerte mich an einen Besuch im Deutschen Museum. Man erklärte uns, dass Blitze nicht vom Himmel kommen, sondern von der Erde zum Himmel schlagen. Eine andere Richtung also. Grund genug um Zeus richtig einzuheizen...
Und so entstand das Gedicht.. auch unter dem Gesichtpunkt, dass mir an diesem Tag
a) wenig Erquickendes KV begegnete und
b) meine Bettlektüre mir nicht besonders gefiel..
Die Suche nach dem Gedicht war also bis dato vergeblich.. Und dann der Hammer: Meine Notizen: Nur "Nur Schutt oder zu Asche verglühte Sprache."
Was blieb mir dann anderes übrig, als den Blitz weiter in der Hand zu halten und auf das zu warten, was geschah...

Nichts für ungut. Dein Kommentar hat mir sehr gut gefallen, Danke
urbinia (49)
(07.11.06)
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 kirchheimrunner schrieb daraufhin am 07.11.06:
Ja, manchesmal fiebert man geradezu dem fertigen Gedicht entgegen. Stapelweise habe ich schon Seiten verbrannt, weggeworfen oder zerknüllt... Danke Dir für dein Interesse und deinen Kommentar
LG Hans
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