Wanda und das Weltgeschehen

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Eine archivierte Kolumne von  Songline

Sonntag, 11. März 2012, 12:13
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Und es hat "bumm" gemacht

Es gibt ja Dinge, die weder man noch frau versteht. So grübele ich jetzt schon den ganzen Tag darüber nach, wie das mit der Strafbarkeit von Bombenfinanzierungen ist. Und ich stelle fest: Je größer die Bombe, desto legaler ist es, sie zu finanzieren.

Um den geneigten Leser in meine Schlussfolgerungen einzubeziehen, fange ich am besten mal ganz von vorn an. Seit der Erfindung des Schwarzpulvers ist der Mensch in der Lage, es hübsch knallen und zischen zu lassen. Zunächst wurde es für Feuerwerk benutzt, aber ein findiger Militär fand im 13. Jahrhundert heraus, dass sich aus Schwarzpulver und Rohren prima Bomben bauen lassen, und seitdem wurden Kriege damit geführt. So weit, so bumm.

Wenn der Mensch einmal etwas erfunden hat, ist er bestrebt, es immer weiter zu verfeinern. Heute verfügen wir über ein breites Arsenal unterschiedlicher Bomben, von der Brief- über die Auto-, die „normale“, bis zur Atombombe. Dank diverser Anleitungen im Internet kann sich jeder seine eigene Bombe bauen, wovon radikale Überzeugungstäter allzu gern Gebrauch machen.

Nun haben die Gesetzgeber aller Länder erkannt, dass es der Gemeinschaft nicht zuträglich ist, wenn Hinz und Kunz mit ihren selbstgebauten Bomben Gebäude oder gar Menschen in die Luft jagen. Darum ist das verboten. Die Attentäter werden bestraft und auch diejenigen, die den Bombenbau finanziert haben, kommen in den Knast. Jeder? Nein, nicht jeder. Wer die ganz dicken Bomben finanziert, darf draußen bleiben.

Jetzt sehe ich in den Augen der geneigten Leser ein Fragezeichen und die Vermutung, dass Wanda kurz vorm Wahnsinn steht. Ich kann es dem Leser nicht mal verübeln. Aber der Wahnsinn liegt nicht in Wanda, sondern im System.

Es ist nämlich nicht verboten, sich an Firmen zu beteiligen, die Atomwaffen herstellen. Und weil das nicht verboten ist, machen die deutschen Finanzinstitute, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld, davon nur allzu gern Gebrauch und finanzieren den Atomwaffenbau. Allen voran die Allianz. „Allianz Global Investors Europa berücksichtigt die Nachhaltigkeitskriterien bei seinen Investments“, sagt ein Firmensprecher. Prima. Nachhaltig sind also Atomwaffen. Lieber Herr Firmensprecher: Nachhaltig ist demnach auch Bestattungsmaterial. Ich frage mich, warum die Allianz nicht auch in Särge investiert. Wahrscheinlich deshalb, weil die Bestattungsinstitute mit ihrem Angebot noch nicht an die Börse gegangen sind. Die Waffenhersteller aber schon.

Nachdem zum 01. August 2010 Streubomben verboten wurden, zogen die Allianz und die Deutsche Bank ihre Investitionen aus den Herstellerfirmen ab. Solange aber Atombomben nicht verboten sind, sieht die Allianz keinen Anlass, sich auch hier zurückzuziehen. Ich stelle mir gerade vor, wie die Lebensversicherungsprämien des deutschen Michels unmittelbar an die Waffenindustrie weitergeleitet werden. Wenn die Allianz Glück hat, landet eine von den Bomben unmittelbar auf unseren Köpfen und die müssen die Versicherungssummen nicht mehr auszahlen. Prima!

Die Allianz muss nicht befürchten, wegen Beihilfe zum Massenmord belangt zu werden. Denn es gibt es nicht einmal ein Gesetz, das der Allianz die Beteiligung an Atombombenherstellern verbietet. Aber gut, Mord ist Mord und Krieg ist Krieg und beides ist nicht dasselbe.

Wenn ihr mich fragt, sollten Waffen-Investments von Unternehmen, die Kundengelder verwalten, verboten werden. Wenn man die Kunden fragen würde, wären sie nämlich mit einer solchen Verwendung ihrer Gelder sicher nicht einverstanden. Aber mich fragt ja keiner.

Bei den Streubomben plant der Bundestag zum 22. März ein Gesetz, das präzisieren soll, ob Investments in Streubombenhersteller erlaubt sind oder nicht. Das ging ja ziemlich zügig, seit dem Verbot der Streubomben an sich sind nicht einmal zwei Jahre vergangen. Wobei: Wenn die Bomben verboten sind, warum sollten dann Beteiligungen an den Herstellerfirmen erlaubt sein? Das wird der deutsche Michel ebenso wenig verstehen wie die Rechtmäßigkeit des Ehrensolds für unseren Christian, aber das ist eine andere Geschichte.

Wo ich an den Christian denke, fällt mir aber ein, was wirkungsvoller sein könnte als ein gesetzliches Investitionsverbot: Wir sollten alle mit Vuvuzelas vor die Allianz-Zentrale ziehen und da so lange Radau machen, bis unsere Versicherungsprämien in Projekten angelegt werden, die wirklich nachhaltig sind. Also nicht in Waffen, nicht in Lebensmittel, nicht in griechischen Staatsanleihen.

Wenn das nicht hilft, könnten wir ein paar kleine Bömbchen bauen. Neeeinn, nichts mörderisches, ich dachte an Stinkbömbchen. Die lassen wir über der Allianz-Zentrale abwerfen, damit jeder merkt, dass das, was die da treiben, zum Himmel stinkt. Wenn die Kunden daraufhin ihre Gelder abziehen, ist Schluss mit Atomwaffenfinanzierungen. Und ich muss nicht mehr tagelang grübeln.

Bis bald mal
Wanda


 taz-Bericht

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 thomas (11.03.12)
Mit Deinen Aufrufen zum zivilen Ungehorsam verlässt Du das Genre der "Kolumne"! ;)
Wo stecken eigentlich die 18 Milliarden der Krankenkassen gerade? Impfstoffe für China?
vg thomas

 loslosch (11.03.12)
warum keine namen von atombombenherstellern? ich dachte, die stünden stets in alleinigem staatsbesitz, nicht nur in china.

der link klappt nicht.

 Songline (11.03.12)
@thomas: Eine Kolumne darf auch mal über die Grenze ihres Genres hinaus
@loslosch: Ich hab den Link berichtigt, danke für den Hinweis.
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